Interview mit Jens Wawrczeck, der in Wabern aus „Die Vögel“ liest

Der Hörspielsprecher von „Die drei ???“ und Hitchcock-Fan, Jens Wawrczeck, liest in Wabern im Kulturbahnhof aus „Die Vögel“
Wabern – „Die drei ???“ sind mit mehr als 50 Millionen verkauften Tonträgern und über 150 Gold- sowie Platin-Schallplatten die erfolgreichste Hörspielproduktion der Welt. Seit Beginn im Jahr 1978 als Sprecher mit dabei: Jens Andreas Wawrczeck als zweiter Detektiv Peter Shaw. Der Hörspielstar und Schauspieler liest am Samstag, 28. Januar, „Die Vögel“ im Waberner Kulturbahnhof. Im Gespräch mit unserer Zeitung hat er vorab über sein Leben im Hitchcock-Kosmos berichtet.
Herr Wawrczeck, wie sehr nervt es, immer und immer wieder auf „Die drei ???“ angesprochen zu werden?
Ich habe mich damit gut arrangiert und weiß, dass mir „Die drei ???“ viele Türen geöffnet haben. Manchmal habe ich allerdings schon damit gehadert, gerade wenn die Aufmerksamkeit zu sehr auf den jungen Detektiven lag, obwohl ich gerade mehr mit Theaterspielen oder sonstigen Projekten beschäftigt war.
Sind die Hörer eigentlich noch immer Kinder und Jugendliche, oder sind die Fans mit Ihnen erwachsen geworden?
Beides. Wir machen Familienentertainment. Die Begeisterung für „Die drei ???“ wird weitervererbt. Kürzlich erst wollte mich ein elfjähriger Junge unbedingt kennenlernen, bei einem anderen Gastspiel kamen im Hotel zwei erwachsene Männer auf mich zu und bedankten sich für die Jahre der Freude, die ich ihnen geschenkt hätte.
Auf meine Verwunderung, dass sie mich erkannt hatten, entgegneten sie mir, dass ich eine deutsche Legende sei. So was bringt mich dann doch zum Schmunzeln, denn ich empfinde es überhaupt nicht so, merke aber immer wieder, wie wichtig die Serie für viele Menschen ist. Bei mir selbst müsste da schon Lassie zur Tür reinkommen (lacht).
Wie oft werden Sie als der zweite Detektiv enttarnt, wenn Sie mit jemandem im Gespräch sind?
Das passiert schon sehr häufig und kann durchaus von Vorteil sein, wenn ich beispielsweise beim Zahnarzt schnell einen Termin haben möchte (lacht). Schön ist, dass ich eigentlich nie unangenehm auf „Die drei ???“ angesprochen werde.
Wann haben Sie für sich selbst erkannt, dass Sie Ihre Stimme als Arbeitswerkzeug nutzen können?
Bereits als Kind. Mir war immer schon klar, dass ich Sänger oder Schauspieler werden will. Dass ich dann mehr hinter dem Mikrofon gelandet bin, hat sich so ergeben. Wobei ich gerade auch in der ARD mit den Jahren unglaublich schöne Rollen spielen durfte, wofür ich sehr dankbar bin. Dass die Stimme bei allem so wichtig war und noch immer ist, hatte ich nicht geplant.
Wie erklären Sie sich den Kult um die Hörspielreihe, in der anfangs auch Alfred Hitchcock als Auftraggeber der jungen Detektive vorgekommen ist?
Als „Die drei ???“ Ende der Siebzigerjahre gestartet sind, war Amerika noch das Land der unbegrenzten Möglichkeiten. Da waren wir quasi die Beach Boys des Hörspiels. Allein die Tatsache, dass unsere Geschichten in Kalifornien spielen, immer mit diesen bei uns nicht existierenden Charakteren wie alten Filmstars oder schrulligen Millionären, machte die Hörspiele so besonders. Andere, etwa TKKG, waren da wesentlich konservativer.
Aber Sie zusammen mit Oliver Rohrbeck (Justus Jonas) und Andreas Fröhlich (Bob Andrews) als Dreiergespann haben doch sicherlich auch ihren Teil dazu beigetragen?
Auf jeden Fall. Wir drei hatten von Anfang an eine gute Energie miteinander, eine gute Dynamik. Produzentin Heikedine Körting hat drei sehr unterschiedliche Jungs zusammengesetzt, die auch sehr unterschiedlich klangen, und das funktioniert bis heute.
Wir sind wie Brüder, die nicht zusammenwohnen, sich aber seit mittlerweile 45 Jahren regelmäßig sehen. Wir respektieren gegenseitig unsere Unterschiede, das haben wir von Anfang an getan, und das macht uns zu einem so gut funktionierenden Team. So war es beispielsweise auch kein Problem, während der Corona-Pandemie neue Folgen auf Distanz aufzunehmen, ohne gemeinsam an einem Tisch zu sitzen.
Wie sehr Sie als Dreiergespann funktionieren, haben Sie längst auch live bewiesen, denn irgendwann sind „Die drei ???“ auf den großen Veranstaltungsbühnen gelandet.
Ja, da waren wir wirklich überwältigt. Wir dachten, wir würden in ein paar Buchläden auftreten, am Ende waren es aber die größten Arenen des Landes. Das war eine Art außerirdische Erfahrung und ist einfach passiert. Unsere größte Sorge war, dass das Publikum nun mitbekommt, dass wir eben keine 15, 16 oder 17 mehr sind. Aber das nehmen wir selbst auf die Schippe und lösen unsere Fälle nie ohne die gewisse Portion Selbstironie.
Wird einem in solch einem Rahmen nicht erst richtig bewusst, Teil eines Phänomens zu sein?
Durchaus, noch dazu ist es ein Phänomen, das ich mir selbst nicht erklären kann. Ich finde es tatsächlich noch immer merkwürdig. Die Serie wird, glaube ich, mehr gefeiert als wir Sprecher für unsere Leistung.
In Wabern präsentieren Sie am Samstag „Die Vögel“ von Daphne du Maurier, Vorlage des legendären Hitchcockfilms. Würde es dieses Projekt ohne „Die drei ???“ überhaupt geben?
Auf jeden Fall, denn meine Liebe für Hitchcock habe ich nicht erst durch „Die drei ???“ entdeckt. Ich war schon vorher ein großer Fan, und für mich als Jugendlichen war es dann ein besonderer Kick, in solch einem Hitchcock-Kosmos gelandet zu sein. Der ist gerade sehr präsent bei mir, weil ich ein Buch darüber schreibe, das Ende des Jahres erscheinen wird. Ich habe mit elf Jahren den ersten Hitchcock-Krimi gesehen. „Bei Anruf Mord“ hieß er – das war für mich eine Initialzündung.
So sehr, dass Sie mit „Hitch und ich“ eine eigene Hörbuchreihe entwickelt haben.
Genau. Die Reihe basiert auf meinen Hörbüchern, und „Die Vögel“ ist ein Teil davon. Ich habe mich anfangs gefragt, was Hitchcock zu seinen Meisterwerken inspiriert hat, und das waren größtenteils literarische Vorlagen. Die habe ich dann ausgegraben und angefangen, sie als Hörbücher zu veröffentlichen. Zehn habe ich auch auf die Bühne gebracht, nicht als konventionelle Lesung, sondern als eine besondere Form des Theaters. Ich lese zwar den Text, aber eigentlich spiele ich ihn. Ganz wichtig ist, dass ich immer einen Musiker an meiner Seite habe. Bei „Die Vögel“ ist das Jan Peter Pflug mit seinem Theremin.
Wie kommen denn „Die Vögel“ ohne Vögel aus?
Durch die Kraft der Fantasie. Der Text ist sehr stark. Tatsächlich bekomme ich immer wieder die Rückmeldung, die Abende seien spannender als der Film selbst. Der Funke, der mich in meiner Hitchcock-Leidenschaft zum Brennen bringt, lässt sich ganz offensichtlich übertragen, und das freut mich immer wieder sehr.
Info: Das Gastspiel von Jens Andreas Wawrczeck im Waberner Kulturbahnhof beginnt am Samstag, 28. Januar, um 19.30 Uhr. Es gibt noch Restkarten an der Abendkasse. (Sascha Hoffmann)