Verleihungsfeier im März
Auszeichnung von Göttinger Stiftung: Drei Preisträger für den Frieden
Ein Göttinger Friedenspreis – drei Ausgezeichnete: Die Äbtissin M. Mechthild Thürmer, die Bewegung Seebrücke mit ihrer Kampagne „Sichere Häfen“ und der Marburger Oberbürgermeister Dr. Thomas Spies erhalten zu gleichen Teilen den Göttinger Friedenspreis 2021.
Göttingen – Diesmal gab es keine Dissonanzen und keinen Streit um die Vergabe, wie im Vorjahr.
Der Preis ist mit 5000 Euro dotiert. Das Preisgeld geht zu gleichen Teilen an Mechthild Thürmer und die Bewegung Seebrücke, da Thomas Spies als Amtsträger kein Preisgeld annehmen darf. Die öffentliche Verleihung ist für Sonnabend, 6. März 2021, im Deutschen Theater geplant.
Die Preisträger werden ausgezeichnet für ihr Engagement für sichere Fluchtwege und eine gesicherte Aufnahme von Menschen, die versuchen, aus lebensbedrohlichen Gewaltsituationen wie Kriegen über das Mittelmeer und andere Routen nach Deutschland und in andere europäische Staaten zu gelangen und Aufnahme und Schutz zu finden.
Äbtissin M. Mechthild Thürmer ist angeklagt vor dem Amtsgericht Bamberg, weil sie in mehreren Fällen Flüchtigen in ihrer Abtei illegal Kirchenasyl gewährt haben soll, so 2018 einer Eritreerin, die nach Italien abgeschoben werden sollte. Die Staatsanwaltschaft wirft ihr Beihilfe zum unerlaubten Aufenthalt vor, das Gericht droht der Äbtissin mit einer Freiheitsstrafe. „Als Christin stehe ich in der Pflicht, Menschen in der Not beizustehen“, sagt Thürmer das von ihr gewährte Kirchenasyl. „Ich habe mir vorgestellt, dass Jesus das auch so gemacht hätte, um Menschen zu helfen, die Schutz suchen.“
Die Bewegung Seebrücke gründete sich Ende Juni 2018, als das Schiff „Lifeline“ mit 234 Menschen an Bord tagelang im Mittelmeer auf hoher See ausharren musste und in keinem europäischen Hafen anlegen konnte. Die Seebrücke mit ihren Lokalgruppen in deutschen, schweizer und österreichischen Städten engagiert sich gegen die Kriminalisierung von Seenotrettung und dagegen, dass das „Sterben vieler tausender Menschen von Politikern in Europa billigend in Kauf genommen wird“. Der Kampagne „Sichere Häfen“ der Seebrücke haben sich bislang 169 deutsche Städte angeschlossen und die Aufnahme zusätzlicher Flüchtlinge angeboten. In Göttingen führte die Lokalgruppe der Seebrücke einen Beschluss des Rates der Stadt herbei.
Marburgs Oberbürgermeister Dr. Thomas Spies ist einer der ersten führenden Kommunalpolitiker, der sich für die Ziele der Seebrücke und die Kampagne „Sichere Häfen“ engagierte, auch mit zwei offenen Briefen an Bundeskanzlerin Angela Merkel und Innenminister Horst Seehofer, in denen er im September 2018 die Abschottungspolitik der EU gegenüber Geflüchteten kritisierte und die Aufnahme von mehr Geflüchteten in Marburg anbot. Bislang hat Seehofer alle Aufnahmeangebote deutscher Städte abgelehnt und inzwischen auch den zur Aufnahme bereiten Bundesländern Berlin, Thüringen und Saarland eine Absage erteilt. (Thomas Kopietz)
Der Göttinger Friedenspreis
Stifter des Göttinger Friedenspreises ist der 1997 verstorbene Göttinger Wissenschaftsjournalist Dr. Roland Röhl, der sich als Journalist vor allem mit Fragen der Sicherheitspolitik sowie der Konflikt- und Friedensforschung beschäftigt und in seinem Testament verfügt, dass sein Nachlass zur Bildung eines Stiftungsvermögens verwendet wird. Stadt und Uni Göttingen sind Mitglied im Kuratorium der Stiftung. Die Entscheidung über die Preisträger fällt eine unabhängige dreiköpfige Jury. (tko)