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Absentismus: Wenn das Kind nicht zur Schule geht

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Dr. Henrik Uebel-von Sandersleben, leitender Oberarzt der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie der UMG, hielt den Einführungsvortrag. © Per Schröter

Wenn Kinder und Jugendliche nicht zur Schule gehen wollen - und zwar über Wochen und Monate - nennt sich das Absentismus. Über dieses Thema wurde bei einer Fachtagung informiert.

Schulmüdigkeit ist ein weit verbreitetes Phänomen. Es kann dazu führen, dass junge Menschen die Schule ohne Abschluss verlassen oder eine Ausbildung nicht abschließen und dadurch später auf staatliche Hilfe angewiesen sind. Bei einer Fachtagung in Göttingen beschäftigten sich am Donnerstag rund 150 Teilnehmer mit dem „Schulabsentismus“.

„Du fehlst! Schulabsentismus – ein Thema mit vielen Facetten“ lautete der Titel der Tagung, an der unter anderem Ärzte, Psychologen, Jugendhelfer, Lehrer und Polizisten teilnahmen. Gemeinsame Veranstalter waren die Bildungsregion Südniedersachsen, die Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie der Universitätsmedizin Göttingen (UMG), die Landkreise Göttingen und Northeim sowie die Beschäftigungsförderung Göttingen.

Zahl steigt stetig

„Die Zahl von Kindern und Jugendlichen, die über einen längeren Zeitraum nicht zur Schule kommen, steigt stetig an und das beginnt oft schon in der Grundschule“, beschrieb Thomas Deimel-Bessler von der Beschäftigungsförderung Göttingen das Problem. 

Allein 2016 hätten mehr als 49 000 Schulabgänger und damit rund sechs Prozent eines Jahrgangs keinen Abschluss gehabt, betonte Dr. Henrik Uebel-von Sanderlseben, leitender Oberarzt der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie der UMG. Die Gründe dafür lägen oft in einem langen Schulabsentismus, der sich nicht nur über Tage und Wochen, sondern über Monate und Jahre hinziehen könne.

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Dr. Henrik Uebel-von Sandersleben, leitender Oberarzt der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie der UMG, hielt den Einführungsvortrag. © Per Schröter

Hauptursachen für lange Schulabwesenheiten sind dem Experten zufolge Leistungsdruck, Schulangst, Depressionen oder andere psychische Erkrankungen des betroffenen Schülers. Folgen seien körperliche Beschwerden wie Schwindel, Übelkeit oder Bauchschmerzen, die dann dazu führten, dass die Kinder oder Jugendlichen von einem Arzt krankgeschrieben werden. 

Wenn der Betroffene dann von einem Arzt zum anderen gehe und sich immer wieder „mit unklarem Befund“ krankschreiben lasse, ohne dass die psychischen Ursachen erkannt würden – was in Deutschland möglich und gängige Praxis sei – könnten extrem lange Schulabwesenheitszeiten zustande kommen. 

Anstatt Ängste abzubauen, würden diese dadurch sogar eher noch verstärkt. Daher fordert Uebel-von Sandersleben, bei unklaren Beschwerden und wiederholten Fehlzeiten Krankschreibungen zu vermeiden oder zeitlich zu begrenzen, eine Überweisung an eine Kinder- und Jugendpsychiatrie sowie einen Austausch mit der Schule.

Arbeitsgruppen suchen nach weiteren Lösungsansätzen

Über diese Ansätze hinaus haben die Teilnehmer der Göttinger Tagung nun in vier Arbeitsgruppen verschiedene Lösungsansätze gesucht und diese anschließend formuliert. Dabei ging es um die Zusammenarbeit von Schulen, Ordnungsbehörden und Jugendämtern sowie Schulen und Erziehungsberechtigten zum einen sowie die Kommunikation innerhalb von Schulen zum anderen. Das Thema einer weiteren Arbeitsgruppe lautete „wenn Symptome mit Krankheitswert zum Fernbleiben führen“.

Anhand der Arbeitsgruppen-Ergebnisse will nun in einem nächsten Schritt eine Projektgruppe zusammen mit Vertretern der Tagungsveranstalter einen Wegweiser entwickeln, der betroffenen Schülern, Eltern und Lehrern als Hilfestellung dienen soll. Außerdem kam man überein, dass dies nicht die letzte Veranstaltung dieser Art gewesen sein soll. 

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