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Dissonanzen um künftiges Flüchtlingsheim im Südharz

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Von: Thomas Kopietz, Bernd Schlegel

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Die neue Außenstelle der Landesaufnahmebehörde im Südharz: Die ehemalige Kurklinik in Bad Sachsa bietet Platz für 500 Geflüchtete, ist barrierefrei und damit für die Erstaufnahme für Menschen mit Behinderungen sowie für allein reisende Frauen mit und ohne Kinder besonders gut geeignet.
Die neue Außenstelle der Landesaufnahmebehörde im Südharz: Die ehemalige Kurklinik in Bad Sachsa bietet Platz für 500 Geflüchtete, ist barrierefrei und damit für die Erstaufnahme für Menschen mit Behinderungen sowie für allein reisende Frauen mit und ohne Kinder besonders gut geeignet. © Stefan Rampfel

Etwa 500 Geflüchtete sollen in einer früheren Kurklinik im Südharz untergebracht werden. Doch dafür gibt es nicht nur Befürworter.

Göttingen/Bad Sachsa – Der Kreis Göttingen setzt sich mehr als andere Regionen in Niedersachsen für Geflüchtete ein. Jetzt entsteht eine weitere Außenstelle der Landesaufnahmebehörde – in Bad Sachsa im Südharz, um die es im Vorfeld Diskussionen – angeheizt vom dortigen Bürgermeister – gab.

Generell hat der Landkreis Göttingen bereits seine Aufnahmequote für Geflüchtete bereits bis in den Herbst hinein erfüllt. Das Land rechnet damit, dass von April bis Ende September etwa 17 000 Geflüchtete kommen. Dabei ist die Region Göttingen gleich in doppelter Hinsicht für die Neuankömmlinge wichtig.

Aufnahme im Grenzdurchgangslager Friedland

Zum einen gibt es mit dem Grenzdurchgangslager Friedland eine besonders große Außenstelle der Landesaufnahmebehörde, jetzt kommt eine weitere in Bad Sachsa im Südharz hinzu.

Ein Zeichen setzte dabei Niedersachsens Innenministerin Daniela Behrens (SPD), sie besuchte die künftige Einrichtung in dieser Woche. Die ehemalige Kurklinik sowie ein weiteres Nebengebäude soll künftig der Erstunterbringung von Geflüchteten dienen, bevor diese in die Kommunen weiterverteilt werden. Die Unterkunft bietet Platz für bis zu 500 Menschen und soll den Betrieb in einigen Wochen aufnehmen.

Neue Außenstelle der Landesaufnahmebehörde

Nach Angaben des Innenministeriums in Hannover zeichnet sich die weitere Außenstelle durch ihre barrierearmen und barrierefreien Unterkunftsbereiche aus. Dort sollten insbesondere vulnerable Personen wie etwa Menschen mit Behinderungen sowie allein reisende Frauen mit und ohne Kinder untergebracht werden, hieß es.

Neben der Aufnahme von Kriegsvertriebenen aus der Ukraine müssen wir uns auf weiter ansteigende Zahlen von Asylsuchenden aus aller Welt einstellen.

Niedersachsens Innenministerin Daniela Behrens (SPD)

Bei den Verantwortlichen in Bad Sachsa stößt das Vorhaben auf Skepsis. Bürgermeister Daniel Quade (FDP) verwies kürzlich darauf, dass die Stadt derzeit bereits etwa 300 Geflüchtete beherberge, davon 200 aus der Ukraine. Die Bürger in Bad Sachsa hätten „viel mehr getan als andere Kommunen“, sagte er.

Sie hätten Schutzsuchende direkt an der Grenze abgeholt, Wohnraum zur Verfügung gestellt, Freizeitangebote organisiert und Spenden gesammelt.

Platz für etwa 500 Geflüchtete

Bei 500 weiteren Personen würde der Anteil der Flüchtlinge an der Bevölkerung in der Kernstadt 15 Prozent betragen, so Quade. „Wir dürfen die Hilfsbereitschaft der Einwohnerinnen und Einwohner nicht überstrapazieren.“ Der Bürgermeister verwies darauf, dass die Stadt fast nur vom Tourismus lebe. Dieser bringe jährliche Bruttoumsätze von mehr als 46 Millionen Euro ein, mehr als 900 und damit 55 Prozent aller Arbeitsplätze hingen am Fremdenverkehr.

„Die Menschen haben Angst vor negativen Auswirkungen auf den Tourismus und daraus resultierende Existenzängste. Das bekomme ich regelmäßig in Gesprächen mitgeteilt.“

Ortstermin mit Innenministerin: Sandro Schirmer (links), Leiter der künftige Außenstelle, zeigt Daniela Behrens (SPD) und Daniel Quade, Bürgermeister von Bad Sachsa, einen der beiden Speiseräume.
Ortstermin mit Innenministerin: Sandro Schirmer (links), Leiter der künftige Außenstelle, zeigt Daniela Behrens (SPD) und Daniel Quade, Bürgermeister von Bad Sachsa, einen der beiden Speiseräume. © Stefan Rampfel/dpa

Das Land nehme seine Verantwortung für die Erstaufnahme von Geflüchteten sehr ernst, betonge Behrens. „Neben der Aufnahme von Kriegsvertriebenen aus der Ukraine müssen wir uns auf weiter ansteigende Zahlen von Asylsuchenden aus aller Welt einstellen.“ Die Unterbringung dieser Menschen stelle alle staatlichen Akteure in Bund, Ländern und Kommunen vor große Herausforderungen.

Ministerin setzt auf Solidarität

Vor diesem Hintergrund setze sie auch auf die Solidarität und die Akzeptanz der Zivilgesellschaft vor Ort, betonte die Ministerin, die – wie gesagt – mit dem Besuch in Bad Sachsa ein klares Zeichen setzte – auch gegen Skeptiker wie Bürgermeister Quade. (Bernd Schlegel und Thomas Kopietz, mit epd)

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