Ergebnisse der Integrationsratswahl in Göttingen: Ditib-Gemeinde stürzt ab

Mit weitem Abstand hat sich die Irina Schnar bei den Wahlen des Göttinger Integrationsrats durchgesetzt. 402 Stimmen holte die Vorsitzende des Gremiums.
Göttingen – Das sind fast viermal so viele Stimmen wie bei der vergangenen Wahl 2017. Ihr Stellvertreter, der Kolumbianer Gustavo Moreno Morales, erzielte mit 345 Stimmen das zweitbeste Ergebnis. Die Wahlbeteiligung lag mit 8,6 Prozent mehr als doppelt so hoch als beim vergangenen Mal.
„Wir werden die Wahl nicht anfechten, obwohl viele bereits eingebürgerte Zuwanderer diesmal keine Wahlbenachrichtigung erhalten haben“, erklärte Schnar (HNA berichtete). Die Spätaussiedlerin will mit ihrer Mitstreiterin von der Liste „Nicht aufgeben! Kämpfen!“, der Bulgarin Yordanka Nikolova, gegen Rassismus angehen. Die beiden Frauen setzen sich für die Arbeitnehmerrechte von Migranten im Niedriglohnsektor ein, etwa in Gebäudereinigung, Versandhandel, Pflege oder Fleischindustrie.
Sozialwissenschafterin sieht die Position der Frauen im Beirat gestärkt
Auch für die Roma aus Rumänien und Bulgarien in Göttinger Problemimmobilien wie der Groner Landstraße oder dem Hagenweg wollen sich die Frauen stark machen. „Mit Andrej Gaju, der als Einzelkandidat erstmals in den Integrationsrat gewählt wurde, steht uns dabei ein engagierter Rumäne zur Seite“, sagt Schnar.
Die Position der Frauen im Beirat sieht die promovierte Sozialwissenschaftlerin Yalcin Gülsan gestärkt. Sie vertritt zusammen mit Ali Riza Arin „die linken, demokratischen Kräfte“ vom Anatolischen Kulturzentrum, das es seit 2007 gibt. Gülsan hofft auf einen „respektvolleren Umgang mit Frauen“, den sie insbesondere bei Muslimen im Beirat vermisst.
„Wir würden auch gerne mehr Politikerinnen und Aktivistinnen aus allen Bereichen sehen“, meint dazu Dr. Abdul Rahman Asif von der muslimischen Liste Hoffnung. Sie ist mit drei Personen – neben Asif noch Fidas Alderi und Ghinwa Alyousef – stärkste Kraft im Rat und erreicht nach eigenen Angaben unter anderem über den Göttinger Moschee-Verein Al-Taqwa Menschen mit Migrationshintergrund.
Ditib-Gemeinde abgestürtzt: Anfang des Jahres sorgten antisemitische Social-Media-Beiträge für Kritik
Abgestürzt ist die türkisch-islamische Ditib-Gemeinde, die 2002 erstmals mit einer eigenen Liste zur Integrationswahl antrat. Sie holte 4,7 Prozent der Stimmen (2017: 16,1 Prozent), verlor einen Sitz und wird nun von Ibrahim Elmas repräsentiert. Die Gemeinde, die am Königsstieg Göttingens einzige Moschee mit Kuppel und Minarett betreibt, geriet Anfang des Jahres in die Kritik.
Damals machte die sozialistische Jugendorganisation „Die Falken“ antisemitische und antiarmenische Social-Media-Beiträge des Ditib-Vorsitzenden, Mustafa Keskin, bekannt. Er trat im März zurück. „Der Vorfall hat viele jüdische Kontingentflüchtlinge aus der früheren Sowjetunion schockiert“, berichtet Schnar. Sie kannten Keskin als Teilnehmer am Runden Tisch der Abraham-Religionen.
Im Integrationsrat ist außerdem noch Enock Chido Muswizu aus Simbabwe vertreten. (Michael Caspar)