Sie starb bei einem Polizeieinsatz
Göttinger erinnern an getötete Studentin Conny Wessmann
Göttingen. Der Tod von Conny Wessmann bei einem Polizeieinsatz vor 25 Jahren war Anlass für einen zweistündigen „Streifzug durch die Geschichte des autonomen Antifaschismus“ in Göttingen.
Etwa 50 Menschen gingen an dem Weg entlang, den eine Gruppe Autonomer am 17. November 1989 genommen hatte. Zeitzeuge Volker B. berichtete an mehreren Stationen über das damalige Geschehen. Mit Hilfe eines Beamers wurden Bilder gezeigt, die die gesellschaftlichen Umstände des Todes der jungen Frau nachvollziehbar machen sollten.
Ende der 1980er Jahre hatte es in Göttingen regelmäßig Auseinandersetzungen zwischen Nazi-Skinheads auf der einen, Linken, alternativen Jugendlichen und Migranten auf der anderen Seite gegeben. Eine besondere Rolle habe dabei das Zivile Streifenkommando (ZSK) eingenommen. Aus Sicht der Organisatoren des Stadtrundgangs war das ZSK eine „politische Polizeieinheit in zivil“, deren Ziel es gewesen sei, gegen die radikale Linke vorzugehen. Auch in jener Nacht im November 1989 kam es zu einer Auseinandersetzung zwischen Linken und dem ZSK, in deren Verlauf die Studentin Conny Wessmann auf der Flucht vor der Polizei von einem Auto auf der Weender Landstraße erfasst wurde und starb. Für die Autonomen war es politischer Mord, für die Polizei ein selbst verschuldeter Unfall.
Erster Zwischenstopp des Stadtrundgangs, der am Albaniplatz begann, war die Burgstraße, wo damals Rechtsextreme randaliert hatten. Linke organisierten eine Gegenaktion über Telefonketten.
Nach Zwischenstationen an der Jacobikirche, der Staatsanwaltschaft und dem Gerichtsgebäude führte der Weg zu der Stelle, an der Conny Wessmann damals starb. An der Gedenkstätte wurden Kerzen angezündet, Blumen niedergelegt und Bilder gemalt. Der damals 20-jährige Volker B. war hautnah dabei. Er lief wenige Meter vor Conny über die viel befahrene Straße, hörte den Aufprall der jungen Frau auf das Auto und sah die 24-Jährige auf der Straße landen. Sie war sofort tot.
Nach diesen Geschehnissen eskalierte die Lage. In den folgenden Monaten war das Leben in Göttingen geprägt von Mahnwachen, Demonstrationen und Auseinandersetzungen. Eine Woche nach dem Tod der Studentin demonstrierten 16.000 Menschen, darunter 2500 Autonome, fast fünf Stunden lang in Göttingen. Es kam zu Straßenschlachten mit der Polizei. Noch 2009 gingen über 1500 Menschen am Todestag der Studentin auf die Straße.
Neben dem geschichtlichen Rückblick gab es auf der Stadtrundgang mehrere Redebeiträge zur heutigen politischen Situation. Dabei ging es auch darum, wie sich Polizeitaktiken weiter entwickelt haben und wo der antifaschistische Widerstand heute steht.
Fotos des Stadtrundgangs
Stadtrundgang zur Erinnerung an Conny Wessmann




Das Eskalationsniveau sei damals viel höher gewesen als heute, meinte ein Teilnehmer. Der antifaschistische Gedenk-Rundgang, der komplett friedlich verlief, fand unter den wachsamen Augen der Polizei statt. Sie beobachtete alles bis in kleinste Details – aus dem Hintergrund. (ysr)
Von Stefan Rampfel