Forschen mit Himmelskörper-Material: Sonnensystem ins Labor holen

Das früher in Katlenburg-Lindau beheimatete Göttinger Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung (MPS) in Göttingen hat einen neuen Direktor. der von der Uni Münster nach Göttingen kommt.
Göttingen – Der Kosmochemiker und Meteoritenforscher Prof. Dr. Thorsten Kleine leitet die Abteilung für Planetenwissenschaften – zunächst im Nebenamt und ab Februar 2022 hauptamtlich.
Er übernimmt die Abteilung des Anfang 2020 emeritierten Direktors Prof. Dr. Ulrich Christensen.
„Wir freuen uns außerordentlich, dass wir mit Thorsten Kleine einen international führenden Experten auf dem Gebiet der Kosmochemie gewinnen konnten“, sagt Prof. Dr. Laurent Gizon, Geschäftsführender Direktor des MPS. „Die Forschungsergebnisse von Thorsten Kleine sind bahnbrechend und haben unseren Blick auf die Entstehung des Sonnensystems grundlegend verändert.“
Kleine führt die Tradition der Planeten-, Kometen- und Asteroidenforschung am MPS und die Mitarbeit an internationalen Weltraummissionen fort. Und er setzt einen Schwerpunkt auf eine neue Forschungsmethode, wie es aus dem MPS heißt: Im Zentrum stehen dabei hochpräzise Laboruntersuchungen von Meteoriten sowie irdischer und lunarer Gesteinsproben, mit denen sich winzige Unterschiede in der Isotopen-Zzusammensetzung nachweisen lassen.
So entstehen Einblicke in die Entstehung und Entwicklung des frühen Sonnensystems. Die Isotopen-Analyse bietet auch die Möglichkeit, Ereignisse und Entwicklungsschritte des frühen Sonnensystems zu datieren. Das hilft zu verstehen, wie unser Sonnensystem zu dem Ort wurde, den wir heute kennen.

Für seine Untersuchungen holt Thorsten Kleine das Sonnensystem ins Labor – oder zumindest Bruchstücke davon wie Gesteinsbrocken von Asteroiden aus den Tiefen des Sonnensystems oder vom Mars, die auf die Erde gestürzt sind. Auch untersucht er irdische Gesteinsproben und Mondmaterial, das Apollo-Astronauten mit zur Erde brachten. „Solche Gesteinsproben sind Zeugen der Entstehung des Sonnensystems und der Bildung der Planeten. Sie erzählen in gewisser Weise ihre eigene Geschichte und enthalten Hinweise auf ihren Entstehungsort, ihre Entwicklung und ihr Alter“, schildert Kleine, für den es also darum geht, die Daten von Weltraummissionen mit den Erkenntnissen von Laboruntersuchungen zu verbinden. „Das birgt ein riesiges Potenzial“, sagt Kleine, für dessen Forschungen in den kommenden Monaten am MPS Reinlabore mit leistungsfähigen Multikollektor-Plasma-Massenspektrometern und Thermionen-Massenspektrometern entstehen werden. Bis zur Fertigstellung werden die Forscher auf Laborcontainer ausweichen. In den neuen Spezial-Laboren können auch Proben untersucht werden, die unbemannte Raumsonden von Asteroiden, Kometen oder dem Mars sammeln und zur Erde bringen.
Kleine forscht auch zur Entstehung von Erde und Mond. So ist der Mond, wie jüngste Ergebnisse zeigen, mit 4,425 Milliarden Jahren relativ jung. Forscher gehen davon aus, dass er aus dem gewaltigen Zusammenprall der Erde mit einem etwa Mars-großen Körper hervorging. Wie genau dieser Prozess ablief, ist noch unklar. Laut Kleine sammelt die Erde bereits in seiner Hauptwachstumsphase – und somit früher als gedacht – wasserreiches Material aus dem äußeren Sonnensystem an. (Thomas Kopietz)