Fotografin stöbert in Uni-Sammlungen und stellt in Göttinger Forum Wissen aus

Die Übergänge zwischen Sammlungsobjekt und Aufbewahrungsort lotet die Berliner Fotografin Anja Nitz in „Schwellenwert“ aus, der ersten Sonderschau im Forum Wissen.
Göttingen - Wo schlummern in den Uni-Sammlungen verborgene, unbeachtete Dinge, Objekte, die eigentlich gezeigt oder für die Lehre mit Studierenden genutzt werden müssten? Die Fotografin Anja Nitz hat ihnen nachgespürt, aber auch der Arbeit von denen, die mit ihnen umgehen. Zu sehen sind die Fotos im Forum Wissen noch bis zum 3. Juli.
Forum Wissen Göttingen: Fotografin stöbert Monate in Uni Sammlungen
Vier Monate lang war die gebürtige Hamburgerin – mit Unterbrechungen – in Sammlungen der Uni unterwegs. Sie ließ sich von den Kustoden, den Hütern der Kollektionen, Objekte der Anthropologen, der Ärzte vom Institut für Ethik und Geschichte der Medizin sowie der Archäologen – Gipsabgüsse antiker Skulpturen – zeigen.
Mit dem Fotografieren war es mit Beginn der Pandemie 2020 vorbei. Seit September 2021 hat die Künstlerin dann ihr umfangreiches Material für eine Sonderausstellung im neuen Uni-Museum an der Berliner Straße aufbereitet. Beim Aufbau halfen Studierende.
Aus grauen Pappkartons, in denen Forschende ihre Objekte aufbewahren, schuf sie zwei schwebende, an der Decke befestigte Wände. Auf sie projizieren zwei Beamer in stetem Wechsel jeweils zwei unterschiedliche Fotos – insgesamt 150 Aufnahmen. Zu sehen sind antike Torsos, Moulagen (medizinische Lehrmittel) und Affenskelette, auch Fenster, Steckerleisten und unaufgeräumte Ecken in den Depots. Intuitiv habe sie die Bilder einander zugeordnet, so Nitz.
Forum Wissen: Besucher dürfen Objekte anfassen
Zwischen den schwebenden Wänden türmen sich am Boden weitere Archivkartons. Nitz hat von ihnen Gips- und Wachsabgüsse angefertigt. Etiketten und Markierungen erscheinen im Relief. Besuchende dürfen diese Objekte in die Hand nehmen. An den Wänden hängen Zeichnungen, die Nitz von markanten Sammlungsgegenständen anfertigte. Aufwendig gerahmt sind die Bilder – eine Referenz der Künstlerin an die Uni-Mitarbeiter, die sich mit dem Einfassen der Objekte oft große Mühe machen.
Aus dem Nachbarraum schallt sphärische Musik herüber. Sie hat zwar nichts mit der Sonderausstellung zu tun, verschaffen den Arbeiten der Berlinerin aber einen zusätzlichen Reiz.
Forum Wissen: Sammlungsstücke auch fürs Studium verwenden
Zustande gekommen ist die Schau auf Initiative von Margarete Vöhringer, Professorin für die Materialität des Wissens. Seit fünf Jahren bemüht sie sich darum, dass die wissenschaftlichen Sammlungen der Uni verstärkt in der Lehre zum Einsatz kommen. Zudem will sie die eindrucksvollen Bestände der Öffentlichkeit zugänglich machen – das passt wiederum perfekt ins Forum-Wissen Konzept. Vöhringer ermöglicht zudem Künstlern einen Zugriff auf die Objekte. Das soll neue Blickwinkel jenseits wissenschaftlicher Fragestellungen eröffnen und die oft vernachlässigte Sinnlichkeit der Objekte in den Mittelpunkt stellen, sagte die Mitarbeiterin Vöhringers, Dr. Jana August. (Michael Caspar)