Gericht in Göttingen weist Klage gegen erkennungsdienstliche Behandlung der Polizei ab

Ein Gewalttäter, der bisher strafrechtlich noch nicht in Erscheinung getreten ist, muss sich einer erkennungsdienstlichen Behandlung unterziehen.
Göttingen – Die Polizei darf im Zuge eines Ermittlungsverfahrens wegen eines Gewaltdelikts von einem Beschuldigten Portraitaufnahmen und Fingerabdrücke anfertigen, auch wenn dieser zuvor strafrechtlich noch nicht in Erscheinung getreten ist. Das hat das Verwaltungsgericht Göttingen entschieden. Es wies damit die Klage eines Mannes gegen die Polizeidirektion Göttingen ab.
Der Kläger hatte sich dort dagegen gewehrt, dass er sich nach einem gewalttätigen Vorfall in der Göttinger Innenstadt einer erkennungsdienstlichen Behandlung unterziehen sollte. Nach Ansicht des Gerichts ist die ED-Behandlung nicht unverhältnismäßig, sondern vielmehr notwendig (Aktenzeichen 1 A 313/20).
Trotz vorheriger Unauffälligkeit: Erkennungsdienstliche Behandlung eines Gewalttäters ist zulässig
Der Kläger soll im Juni 2020 mit zwei anderen Tätern nachts an einem Fußweg neben dem Mühlengraben einem alkoholisierten Mann zunächst mit der flachen Hand und dann mit der Faust ins Gesicht geschlagen haben.
Als das Opfer bereits am Boden lag, soll er ihm noch Fußtritte in Richtung Kopf und Oberkörper versetzt haben. Das Opfer erlitt dadurch auch eine Schädel- und eine Gesichtsprellung, Abschürfungen sowie einen ausgerenkten Kiefer.
Nach Angaben von Zeugen soll der Kläger der „Hauptaggressor“ gewesen sein. Im Mai 2022 verurteilte ihn das Amtsgericht Göttingen wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von acht Monaten, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde.
Mutmaßlicher Gewalttäter galt bei Attacke in Göttingen als „Hauptaggressor“
Während des Ermittlungsverfahrens ordnete die Polizeidirektion nach einer Anhörung an, dass der mutmaßliche Gewalttäter sich einer erkennungsdienstlichen Behandlung (ED) zu unterziehen habe, und schickte ihm eine entsprechende Vorladung.
Die ED-Behandlung sollte die Abnahme von Fingerabdrücken sowie von Abdrücken der Handflächen, Handkanten und Fingerkuppen umfassen, zudem sollten Fotos angefertigt sowie seine äußerlichen körperlichen Merkmale festgehalten und in der Datenbank gespeichert werden.
Die Polizeibehörde begründete ihre Anordnung damit, dass eine potenzielle Wiederholungsgefahr bestehe. Das Verhalten des Beschuldigten lasse eine geringe Hemmschwelle gegenüber der körperlichen Unversehrtheit anderer Menschen erkennen.
Klage gegen erkennungsdienstliche Behandlung: Gewalttäter war vorher nie auffällig gewesen
Der Kläger machte vor Gericht geltend, dass er bislang nicht straffällig geworden sei und keiner gewaltbereiten Szene angehöre. Er sei sozial gut integriert, arbeite und lebe in einer festen Partnerschaft. Laut Gericht ist die ED-Behandlung gerechtfertigt. Die Tat sei kein Bagatelldelikt gewesen. Es gebe keine Anhaltspunkte dafür, dass sich der Kläger in Zukunft gewaltfrei verhalten werde.
Er habe im Strafverfahren vor dem Amtsgericht nichts zum Tathergang gesagt, in dem verwaltungsgerichtlichen Verfahren nichts vorgetragen, was den Tathergang in einem anderen Licht erscheinen lassen könnte oder auf eine wesentliche Zäsur in seinem Leben schließen lasse.
Das Gericht verwies zudem darauf, dass es inzwischen weitere Ermittlungen gegen den Kläger gegeben hat, auch wegen Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz. Ferner soll er Anfang 2022 bei der Autofahrt einen gefälschten internationalen und einen gefälschten EU-Führerschein genutzt haben. Diese Tat zeuge von einer erhöhten kriminellen Energie, heißt es im Urteil. (Heidi Niemann)