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Göttinger Verkehrsbetriebe dünnen ihre Buslinien aus

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Von: Stefan Rampfel

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Weniger Verbindungen: Das Busliniennetz in Göttingen wird ab 27. März stark ausgedünnt. Hier die Bushaltestelle Christophorusweg in der Goßlerstraße.
Weniger Verbindungen: Das Busliniennetz in Göttingen wird ab 27. März stark ausgedünnt. Hier die Bushaltestelle Christophorusweg in der Goßlerstraße. © Stefan Rampfel

Die Göttinger Verkehrsbetriebe dünnen mit Beginn der Osterferien ihr Angebot auf einzelnen Linien deutlich aus. Das dürfte vielen Kunden nicht gefallen.

Göttingen – Ein hoher Krankenstand von 18 Prozent, unzählige aufgebaute Überstunden und zu wenig Personal - das ist die derzeitige Realität bei den Göttinger Verkehrsbetrieben. Um dem entgegenzuwirken, wird sich der Linientakt in der Unistadt drastisch reduzieren – zumindest im Sommerfahrplan.

Vom Anfang der Osterferien bis zum Ende der Herbstferien soll demnach montags bis freitags nunmehr der Samstagfahrplan angewendet werden. Das bedeutet unter anderem, dass die Linien 33, 34, 50, 61 und 91 nur noch im Stundentakt fahren werden. Die Linie 23 entfällt komplett. Die Linie 50 soll zudem Sonntags nicht mehr bedient werden. Dafür soll es ein Zubringertaxi zur Linie 80 geben.

Göttinger Verkehrsbetriebe dünnen ihre Buslinien aus

Diese Pläne stellte Thomas Zimmermann, Betriebsleiter der Göttinger Verkehrsbetriebe (GöVB) den Mitgliedern des städtischen Umweltausschusses vor. Nicht zuletzt hätten auch die schlechten Arbeitsumstände zu dem hohen Krankenstand geführt, so Zimmermann. Beispielhaft nannte er zu enge Straßen wie die Pfalz-Grona-Breite oder die Fahrradstraße an der Goßlerstraße und der Theodor-Heuss-Straße, wo man Radfahrer nicht überholen könne und es so zu Verspätungen komme.

Die aufgebauten Verspätungen seien Stress für die Fahrer, der langfristig krank mache. Auch fehlende Busspuren, zum Beispiel auf der Weender Landstraße, wurden dabei wieder ins Gespräch gebracht.

Vor allem in den Morgen- und Abendstunden wird es nicht mehr so viele Fahrten geben wie bislang. Auch viele Linien zum Bahnhof fallen morgens und abends dann weg.

Der dichtere Takt beginnt erst um 9.30 Uhr und endet um 18.30 Uhr. Schülerbusse und die Nachtlinien seien von der Reduzierung des Angebots nicht betroffen und blieben zu 100 Prozent sichergestellt, so Zimmermann. „Wir haben hart gerungen und versucht, es allen gerecht zu machen“, sagt der Betriebsleiter. Die Umstellung auf den Samstagfahrplan sei eine der mildesten Maßnahmen.

Mitglieder des Umweltausschusses zeigten sich erschüttert

Tragisch und drastisch wurden die Maßnahmen im Umweltausschuss genannt. Die Naturschutzbeauftragte Britta Walbrun, beratendes Mitglied im Umweltausschuss, ist regelrecht erschüttert. „Diese Maßnahmen könnten die Ursache nicht beheben“, sagt sie. Und: „Wie können wir so den ÖPNV stärken?“ Francisco Welter-Schultes vom Bündnis für nachhaltige Stadtentwicklung hingegen findet die Maßnahmen richtig: „Sonst würden unkontrolliert Busse ausfallen.“

Wir müssen mehr Menschen für uns gewinnen.

Thomas Zimmermann, Betriebsleiter der Göttinger Verkehrsbetriebe

Thomas Zimmermann sagt, man wolle den Beruf des Busfahrers attraktiver machen. Bessere Bezahlung und bessere Arbeitszeiten seien mögliche Maßnahmen gegen den Fachkräftemangel. „Wir müssen mehr Menschen für uns gewinnen“, so Zimmermann.

Schwierige Abbau von Überstunden

Ziel der ganzen Maßnahme ist eine Einsparung von Diensten. Alle Überstunden könnten damit aber nicht abgebaut werden. So bleibt zu befürchten, dass sich die Reduzierungen des Fahrplans auch im Winter fortsetzen werden. (Stefan Rampfel)

Kommentar: Schlechte Zeiten für Fahrgäste

Zu den geplanten Einschränkungen im Busverkehr ein Kommentar von HNA-Redakteur Bernd Schlegel.

Wie andere Städte auch versinkt Göttingen im Berufsverkehr im Stau der vielen Autos. Abhilfe dabei könnte das Busangebot der Verkehrsbetriebe schaffen. Aber wieder einmal gibt es massive Probleme. Das städtische Unternehmen muss seine Angebote erneut zusammenstreichen, weil bei Fahrern Massen an Überstunden aufgelaufen sind und der Krankenstand weiter hoch ist.

Das aber ist auf Dauer kein Zustand. Wer die Verkehrswende in der Uni-Stadt schaffen will, muss dauerhaft ein verlässliches Angebot schaffen, auch auf nicht so stark frequentierten Strecken. Doch davon ist das Unternehmen derzeit weit entfernt. Schon 2022 gab es über einen längeren Zeitraum eine ähnliche Situation. Vorrangiges Problem ist es, neues Fahrpersonal für die Busse zu finden, die die GöVB betreibt.

Allein der dafür notwendige Führerschein kostet einen fünfstelligen Betrag. Deshalb müssen Lösungen her, um die Finanzierung zu gewährleisten. Eine Kooperation mit der Arbeitsagentur, die die Kosten übernommen hat, war ein Weg dafür. Und: Im Vergleich zu anderen Verkehrsunternehmen liegt die Bezahlung zwar über dem Niveau anderer Anbieter, ist aber für die hohen Lebenshaltungskosten in der Uni-Stadt letztlich zu niedrig. Das wurde bei einer Versammlung mit Busfahrern im Alten Rathaus in Göttingen deutlich.

Fazit: Es muss mehr Geld ins System fließen. Klar ist, solange die Probleme nicht gelöst sind, gibt es weiterhin schlechte Zeiten für die Kunden im Nahverkehr in Göttingen – sie müssen Umwege und weniger Fahrten in Kauf nehmen, was zu Verdruss führt und letztlich den Umstieg vom Auto auf den Bus verhindert. (bsc)

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