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Droht härtere Strafe für „schlagenden“ Professor aus Göttingen?

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Von: Heidi Niemann

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Fall zurück: Der Bundesgerichtshof verpflichtet das Landgericht zur erneuten Aufnahme eines Verfahrens.
Fall kommt zurück: Der Bundesgerichtshof verpflichtet das Landgericht zur erneuten Aufnahme eines Verfahrens. Archivfoto: Thomas Kopietz © Archivfoto: Thomas Kopietz

Ein Uni-Professor bestraft Mitarbeiterinnen mit Schlägen aufs Gesäß, wird verurteilt und könnte nun noch härter bestraft werden.

Göttingen – Ein wegen Übergriffen auf Mitarbeiterinnen verurteilter Uni-Professor könnte mit einer höheren Strafe bedacht werden. Eine Revision von Staatsanwaltschaft und Nebenklage war erfolgreich.

Ende März 2022 hat das Landgericht Göttingen einen leitenden Professor der Göttinger Universität wegen zahlreicher körperlicher Übergriffe auf zwei Doktorandinnen und eine Labormitarbeiterin zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von elf Monaten auf Bewährung verurteilt.

„Schlagender“ Professor in Göttingen: Staatsanwaltschaft und Nebenklage halten Strafe für zu niedrig

Das Urteil war auf viel Kritik gestoßen. Staatsanwaltschaft und Nebenklage legten Revision ein, weil sie die Strafe für zu niedrig hielten. Mit Erfolg: Der Bundesgerichtshof (BGH) das Urteil teilweise aufgehoben.

Bundesgerichtshof erkennt Rechtsfehler des Landgerichts

Laut der 6. Strafsenats liegt bei der strafrechtlichen Bewertung von zwei angeklagten Fällen ein Rechtsfehler vor. Der BGH wies das Verfahren zu neuer Verhandlung über die beiden Fälle und Gesamtbeurteilung an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurück. Sollte die Strafe höher ausfallen, hätte das erhebliche Konsequenzen für den Professor: Wird ein Beamter rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt, hat dies automatisch die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis zur Folge.

Das Landgericht hatte den Wissenschaftler in vier Fällen der gefährlichen Körperverletzung im Amt in Tateinheit mit Nötigung und Freiheitsberaubung für schuldig befunden. In acht weiteren Fällen habe er sich der Körperverletzung im Amt schuldig gemacht, davon viermal in Tateinheit mit Freiheitsberaubung und Nötigung, zweimal in Tateinheit mit Freiheitsberaubung. Einen weiteren Fall werteten die Richter als fahrlässige Körperverletzung im Amt.

Erstes Urteil: Mildes Strafmaß mit Rücksicht auf drohende „beamtenrechtliche Konsequenzen“

Als Bewährungsauflage sollte der Angeklagte zur Schadenswiedergutmachung Beträge zwischen 300 und 2500 Euro an die betroffenen Frauen zahlen, zudem 2000 Euro an den Förderverein Frauenhaus.

Das Gericht war mit seinem Urteil unter dem Antrag der Staatsanwaltschaft geblieben, die eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und acht Monaten zur Bewährung gefordert hatte. Der Richter hatte das niedrigere Strafmaß damit begründet, dass eine höhere Strafe erhebliche beamtenrechtliche Konsequenzen hätte, was man dem Angeklagten nicht zumuten wolle.

Besprechungstermine mit Professor - der schloss die Tür ab

Der BGH befasste sich nur mit den Taten zu Lasten einer Doktorandin aus Asien, die in dem Prozess als Nebenklägerin auftrat. Nach den Feststellungen des Landgerichts hatte der Professor die Doktorandin in zehn Fällen zu Besprechungsterminen außerhalb der Dienstzeiten in sein Büro bestellt.

Er habe die Tür abgeschlossen und ihr eröffnet, dass er sie wegen angeblicher Verfehlungen durch Schläge mit einem Bambusstock auf das bekleidete Gesäß und auf die Waden bestrafen wolle, bei späteren Taten mit der flachen Hand auf ihr entblößtes Gesäß.

Doktorandin willigte aus Angst vor Stipendium-Verlust ein

Als sie das ablehnte, habe er angekündigt, die Zusammenarbeit mit ihr zu beenden und das Promotionsvorhaben nicht weiter zu betreuen. Aus Angst vor den beruflichen und finanziellen Folgen – sie fürchtete um ihr Stipendium – habe die Frau in acht Fällen „eingewilligt“.

Das Landgericht hatte diesbezüglich nur die Körperverletzung im Amt ausgeurteilt, den Tatbestand der Nötigung dagegen nicht als erfüllt angesehen. Nach Ansicht des BGH hätte die Kammer jedoch die Tathandlungen auch unter dem Gesichtspunkt einer „konkludenten Drohung“ würdigen müssen. Nun gelte zu klären, ob eine Nötigung vorlag.

Nebenklage-Anwalt Steffen Hörning begrüßt BGH-Entscheidung

Der Göttinger Rechtsanwalt und Nebenklagevertreter Steffen Hörning begrüßte die BGH-Entscheidung, die passenderweise auch noch am Internationalen Frauentag fiel. „Wir sind jetzt sehr optimistisch, dass es am Ende mindestens ein Jahr Freiheitsstrafe geben wird.“ Dann würde der Professor aus dem Beamtenverhältnis entfernt werden. (Heidi Niemann)

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