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Klinikservice-Tarifstreit in Göttingen: Einigung nach 22 Streiktagen

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Von: Thomas Kopietz, Bernd Schlegel

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Streik-Aktion vor dem Haupteingang der Uni-Medizin: Insgesamt waren die Beschäftigten der UMG-Klinikservice 22 Tage im Ausstand. Außerdem gab es mit der Geschäftsleitung in den vergangenen Monaten insgesamt 12 Verhandlungsrunden.
Streik-Aktion vor dem Haupteingang der Uni-Medizin: Insgesamt waren die Beschäftigten der UMG-Klinikservice 22 Tage im Ausstand. Außerdem gab es mit der Geschäftsleitung in den vergangenen Monaten insgesamt 12 Verhandlungsrunden. (Archivfoto) © Per Schröter/nh

Monatelang streiten die Gewerkschaft und die Leitung der UMG-Servicegesellschaft um die Löhne. Jetzt gibt es eine Einigung.

Göttingen – Mehr Geld für die Servicekräfte in der Tochtergesellschaft der Universitätsmedizin Göttingen (UMG): Dennoch ist die Gewerkschaft Verdi nicht zufrieden, sondern rechnet einen Reallohnverlust hoch. Über Monate hatten Verdi und die UMG-Klinikservice gestritten. Das hatte auch zu Beeinträchtigungen in Klinikabläufen und für Patienten geführt, wie verschobene Termine und Operationen.

Jetzt gibt es eine Einigung nach 22 Streiktagen und zwölf Verhandlungsrunden. Aus Sicht der Arbeitnehmervertreter ist diese in der Höhe enttäuschend. Laut Verdi bedeutet es aufgrund der hohen Inflation einen Reallohnverlust von Niedrigverdienern. Das Angebot der Geschäftsführung unterscheidet sich laut Verdi bei den Erhöhungen nur wenig von dem, was im Herbst vorgelegen hatte.

Kürzere Laufzeit

Wesentlicher Unterschied sei die kürzere Laufzeit bis Mitte 2024, statt Ende 2025. Allerdings wurden laut Verdi auch die ursprünglich angebotenen Lohnerhöhungen entsprechend gekürzt.

Hier die Kernpunkte der Vereinbarungen:

Die Verdi-Verhandlungsdelegation legte das letzte Angebot den Gewerkschaftsmitgliedern zur Abstimmung vor: 62 Prozent votierten für die Annahme, 38 Prozent sprachen sich für eine Ablehnung aus. Verdi-Gewerkschaftssekretär Thilo Jahn kommentiert das Ergebnis: „Es handelt sich weder um einen Kompromiss, noch um ein Verhandlungsergebnis. Die UMG ist den Beschäftigten fast gar nicht entgegengekommen.“

Verdi: Erheblicher Reallohnverlust

Aus Sicht von Jahn besteht die UMG auf dem erheblichen Reallohnverlust. „Die Verdi-Tarifkommission konnte daher die Annahme des Angebots nicht empfehlen, aber es auch nicht ablehnen, denn viele Kolleginnen und Kollegen brauchen zweieinhalb Jahre nach der letzten Lohnerhöhung jetzt zumindest etwas mehr Geld.“

Verdi hat hochgerechnet, dass die Entgeltentwicklung für die Mitarbeiter der UMG-Klinikservice bis zum Ende der Laufzeit einen Reallohnverlust von voraussichtlich zehn bis 15 Prozent bedeutet – je nach der weiteren Preisentwicklung. „Die Beschäftigten werden bereits jetzt unterhalb der amtlichen Niedriglohngrenze entlohnt. In Zukunft werden sie sich weiter einschränken müssen, die Einmalzahlungen puffern das nur im Moment etwas ab“, sagt die Gewerkschaft.

Betriebsrat ist enttäuscht

Enttäuschung ist auch aus dem Betriebsrat zu hören, wie der Vorsitzende Daniel Wölfer gegenüber dem NDR sagte: So werde die Uniklinik kein neues Personal finden. Wölfer kritisiert zudem, dass die Reinigung des Operationszentrums an eine Fremdfirma vergeben werden soll. Das sei „ein Skandal und ein zusätzlicher Schlag ins Gesicht für die Kolleginnen und Kollegen“.

Die Tarifauseinandersetzung und die lange Zeit doch unflexible Haltung der Gewerkschaft und auch der dort beschäftigten Kolleginnen und Kollegen haben zu unwägbaren Problemen in der absolut notwendigen sicheren ZOP-Versorgung geführt“, entgegnet der Geschäftsführer der Klinikservice GmbH, Pierre Walther.

Geschäftsleitung ist maximales Ergebnis

Zur Tarifeinigung erklärte der Walther, man sei an die Grenzen, ans Limit gegangen. „Die Einigung ist das aktuell das maximale Ergebnis.“ In der Krankenhausfinanzierung seien auch die Preissteigerungen gesetzlich begrenzt. Das Resultat sei aus Sicht der Geschäftsführung der KSG akzeptabel.

Wichtig sei, dass die Mitarbeiter nun mehr Geld in der Tasche hätten. Bereits im nächsten Jahr werde sich zeigen, wie sich die Rahmenbedingungen auch unter diesem Tarifabschluss entwickeln. „Die Tarifpartner verhandeln dann neu.“ Die KSG betonte auch, dass man in allen Phasen der Tarifauseinandersetzung „faire und belastbare Angebote für eine Verbesserung der Lohnstruktur für die Beschäftigten“ unterbreitet habe.

UMG: Ende der Tarifauseinandersetzung wichtig


Für die Universitätsmedizin als Ganzes ist das Ende der Tarifauseinandersetzung bedeutend: Verantwortliche aus dem Vorstand hatten sich eine schnelle Einigung zwischen Klinikservice-Gesellschaft und Gewerkschaft gewünscht sowie zwischenzeitlich auch den von Verdi angeschlagenen Umgangston kritisiert.

Kräftige Inflation

Daran, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Zeiten der kräftigen Inflation einen Anspruch auf mehr Verdienst hätten, habe zu keiner Zweifel bestanden, hieß es. Die UMG begrüßt den Abschluss zwischen der KSG als Tochtergesellschaft und der Gewerkschaft unter Respektierung der Tarifautonomie beider Tarifpartner.

„Aus Sicht der UMG ist damit eine langwierige, offene Tarifsituation zu einem konstruktiven Abschluss gekommen.“ Die UMG bedauert aber, dass es dabei „immer wieder zu Belastungen für Patienten gekommen ist, die damit die Leidtragenden des Tarifkonflikts gewesen sind“.

Im Herbst: Verhandlungen über Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst

Der nächste Streit steht schon bald vor der Tür: Für die UMG und alle Kliniken der Länder steht im Herbst der Beginn der Tarifverhandlungen über den Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVL) an. „Auch dabei ist mit langwierigen Verhandlungen zu rechnen“, teilt UMG-Sprecher Stefan Weller mit. (Bernd Schlegel/Thomas Kopietz)

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