Nach NSU-Drohbrief an Göttinger Ditib-Gemeinde: Politiker solidarisieren sich

Ditib-Gemeinde in Göttingen erhält einen NSU-Drohbrief. Seit 2020 sind Schreiben im zweistelligen Bereich bei muslimischen Einrichtungen eingegangen.
Göttingen – Nach dem erneuten Eingang eines Drohschreibens mit rechtsradikalem Inhalt bei der Ditib-Gemeinde in Göttingen sagen viele Politiker der Gemeinschaft ihre Unterstützung zu und erklären sich mit der Gemeinde solidarisch.
Bei der türkisch-islamischen Gemeinde (Ditib) in Göttingen ist zum zweiten Mal innerhalb eines halben Jahres ein Drohschreiben mit rechtsradikalem Inhalt eingegangen, Absender war wie beim ersten Mal „NSU 2.0“. Lokale Politiker verurteilen nun den Vorfall auf das Schärfste.
Erneut NSU-Drohbrief an Göttinger Ditib-Gemeine: Unterstützung durch Politik
Der erneute NSU-Drohbrief müsse „uns als Stadtgesellschaft, als politisch Verantwortliche und als Demokraten maximal erschüttern“, schreibt Grünen-Politiker Michael Lühmann in einem Statement.
Bis zu seinem Eintritt in den Niedersächsischen Landtag 2022 war Lühmann seit 2010 Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Demokratieforschung der Universität Göttingen. Zu seinen Forschungsschwerpunkten gehörten unter anderem Rechtsextremismus und Antifaschismus.
Aus Gesprächen nach dem letzten Drohschreiben wisse er um die Wirkung, die eine solche Drohung habe, so Lühmann. „Es ist wichtig, dass wir im Moment solcher Angriffe zusammenstehen und zugleich die Polizei zügig ermittelt und Präsenz zeigt.“
Drohbrief der „NSU 2.0“ erreicht ein weiteres Mal türkisch-islamische Gemeinde in Göttingen
CDU-Landtagsabgeordnete Carina Hermann äußerte sich ebenfalls in einem Statement: „Das erneute Drohschreiben an die Göttinger Ditib-Gemeinde erschüttert und weckt, gerade durch den Bezug zur Terrorgruppe ‘NSU’ schlimme Erinnerungen.
Es ist nun unsere Aufgabe als Gesellschaft und Politik, dass wir uns schützend vor die Mitglieder der Gemeinde stellen und uns entschieden mit allen Mitteln gegen den Rechtsextremismus und rechtsextremes Gedankengut wehren.“ Es gehe hier um den Schutz der liberalen Gesellschaft und der Demokratie, so Hermann weiter.

Auch CDU-Bundestagsabgeordneter Fritz Güntzler verurteilte „Die Bedrohung der Gemeinde durch die Hassbotschaft aufs Schärfste“ und fügte hinzu: „Die Polizei muss alles tun, um den oder die Täter schnellstmöglich zu finden.“
Deutschland sei eine der besten Demokratien der Welt. „Wir haben aus den großen Fehlern unserer Geschichte gelernt. Gemeinsam müssen wir unser Land, unser weltoffenes Miteinander gegen offensichtliche Feinde unseres Systems verteidigen“, so Güntzler weiter. Rechtsradikalem Gedankengut, Verfassungsfeinden, rechten Parolen und Angriffen auf die Demokratie trete man geschlossen entgegen.
Es ist wichtig, dass wir im Moment solcher Angriffe zusammenstehen.
Die Ermittlungen zu den Drohbriefen laufen derzeit – wie schon beim letzten Mal im November 2022 – über die Polizeiinspektion (PI) Osnabrück. Da der fiktive Absender aus dem Raum Osnabrück stammen soll, übernimmt die dort ansässige PI.
Seit 2020 ist es bis zum heutigen Tag zu einer zweistelligen Anzahl von Briefsendungen an vorrangig muslimische Einrichtungen in Hessen, Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen gekommen, teilt ein Sprecher der Osnabrücker PI auf Anfrage mit.
Bundesweite Drohbriefe an muslimische Einrichtungen: Polizeiinspektion Osnabrück ermittelt
Vereinzelt seien auch Briefe an christliche Einrichtungen in Niedersachsen gegangen. Die Polizei und Staatsanwaltschaft Osnabrück ermitteln derzeit zu Droh- und Beleidigungsschreiben an unterschiedliche Religionsgemeinschaften.
Inhaltlich wird wegen Beleidigung, Bedrohung, dem Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger und terroristischer Organisationen, Volksverhetzung, verhetzender Beleidigung sowie Verleumdung ermittelt, teilt der Sprecher weiter mit.
Die Ermittlungsverfahren werden bislang jedoch gegen Unbekannt geführt. Die Drohbriefe mit dem Absender „NSU 2.0“ seien erst seit 2022 im Umlauf, so die Polizeiinspektion Osnabrück. (Melanie Zimmermann)