Dylan Sara porträtierte acht Göttinger
Neue Fassade für Abrisshaus in Göttingen: Nichts bleibt für die Ewigkeit
Auf der Fassade eines Abrisshauses im Göttinger Wohnquartier Ebertal hat Künstler Dylan Sara acht Bewohner porträtiert. „Nicht für die Ewigkeit zu malen, hat etwas Befreiendes“, erklärte Sara bei der Präsentation des 90 Quadratmeter großen Kunstwerks.
Göttingen – Der gebürtige Australier war in den vergangenen Monaten immer mal wieder im Ebertal unterwegs, kam mit Bewohnern ins Gespräch und wurde von ihnen auf einen Kaffee eingeladen. Sara, der Architektur studiert hat, skizzierte die Menschen mit wenigen Strichen. Bei einem Workshop zeigte er Kindern des Viertels, wie sie aus Erde, Blütenblättern und Beeren Farben herstellen können. Gemeinsam gewannen sie aus einem Eichelsud und rostigen Nägeln Tinte.
Mit – gekauften – Naturfarben auf Leinölbasis führte der Künstler dann an drei Tagen sein Werk aus. Quartiersmanager Robert Folchert von der Arbeiterwohlfahrt hatte ein Gerüst organisiert. Die Kulturfarbrik Musa, wo Künstler Sara Kurse gibt, holte bei der Gebäudeeigentümerin, der Städtischen Wohnungsbau, die Genehmigung für das Projekt ein. Unterstützung gab es von der Stadt und dem Verein Kunst.
Auf dem Wandgemälde sind einige der Kinder zu sehen, die am Workshop teilgenommen haben. Ein Junge trägt ein Sweatshirt, auf dem ein Dinosaurier prangt. „Krush“ steht daneben. „Das passt zum Abriss des Hauses in zwei Monaten“, amüsiert sich Sara. Eine Bewohnerin überließ ihm das Hochzeitsfoto ihrer Eltern, die 1962 im Ebertal geheiratet haben und dort ihre vier Kinder groß zogen. Anwohner Passant Reinhard Schramm, der 2011 auf der Suche nach einer günstigen Wohnung ins Viertel kam, wurde ebenfalls ins Gemälde eingefügt.
„Ein Kunstwerk nur für kurze Zeit zu schaffen, hat etwas Verstörendes“, weiß der Künstler. Die meisten seiner Kollegen wollten etwas für die Ewigkeit schaffen. Für ihn sei dagegen der schönster Moment der, wo er ganz präsent im Augenblick das Gemälde schaffe.
So stört es Sara nicht, dass das Mehrfamilienhaus an der Wörthstraße demnächst zusammen mit Nachbargebäuden einem Neubau weicht. Die Bewohner ziehen dann in ein bereits fertiggestelltes Haus mit 25 Wohnungen an der Wörthstraße 7 um. Derzeit sind sie beim Aussortieren. Auf dem Parkplatz türmt sich Sperrmüll.
Die Städtische Wohnungsbau hat 2019 im Viertel zwischen Steinsgraben, Wörthstraße und Görlitzer Straße ein Millionen Euro schweres Bauprojekt gestartet. Innerhalb von zehn Jahren sollen viele der Gebäude aus den 1960er Jahren verschwinden, berichtete Geschäftsführerin Claudia Leuner-Haverich bei der Präsentation des Kunstwerks.
Durch Nachverdichtung – höhere und engere Bebauung – steigt die Zahl der Wohnungen von heute 450 auf dann 600 Stück. Von einem „wichtigen Beitrag gegen die Wohnungsnot in Göttingen“ sprach Kultur- und Sozialdezernentin Petra Broistedt. Die Kaltmieten in der Grünen Mitte Ebertal werden bei 5,60 beziehungsweise sieben Euro pro Quadratmeter liegen. (Michael Caspar)