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Premiere in Göttingen: Überlebenskampf im Theater im OP

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Von: Ute Lawrenz

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Brigadevermittlung: In dem Stück wird der Kampf ums Überleben und die Ausweglosigkeit des Krieges dargestellt. Foto: Ulf Janitschke/nh
Brigadevermittlung: In dem Stück wird der Kampf ums Überleben und die Ausweglosigkeit des Krieges dargestellt. © Ulf Janitschke/nh

Göttingen. Die Bühnenfassung des Hörspiels „Brigadevermittlung" hatte am Mittwoch im Göttinger Theater im OP (ThOP) Premiere.

„Kornfelder, Wiesen, spielende Kinder am Bach … Ein Fremder steht am Straßenkreuz und blickt über die Felder.“ Das was auf den ersten Blick friedlich wirkt, entpuppt sich im Hörspiel „Brigadevermittlung“ von Ernst Johannsen (1898 bis 1977) als „Landschaft des Todes“.

Leer ist der Theatersaal geblieben: In die ehemalige Notaufnahme hat Regisseur Markus Piccio den Spielort für das Kriegsdrama verlegt. 50 Zuschauer hat er damit für eine Stunde in Richtung harte Kriegswirklichkeit bewegt: Das Stück „Brigadevermittlung“ spielt 1918, am Ende des Ersten Weltkriegs, in Frankreich, dreißig Stufen unter der Erde in einer Brigadevermittlung oder Telefonstation in einem umkämpften Abschnitts an der Westfront.

Das Eingesperrtsein und die Ausweglosigkeit vermittelt die kleine Guckkastenbühne mit zu niedriger Decke für einige Akteure.

Nur um die Telefonkabel zu reparieren oder um einen verletzten Kameraden zu retten, verlassen die Soldaten ihren Bunker.

Das Telefon und die Granaten-Einschläge sind für sie die einzige Verbindung nach draußen. Weil der Verpflegungstransporter nicht mehr durchkommt, werden fehlende Zwiebeln zum unlösbaren Problem: Denn der Koch fabriziert Gulasch aus den verendeten Pferden.

Unmissverständlich führt die Inszenierung vor, wie ausweglos Krieg, sinnlos Töten ist. Denn längst sind alle sicher, dass sie nichts mehr bewirken. Trotzdem kommt der klare Befehl, die Telefon-Station auf keinen Fall aufzugeben. Das ThOP-Team mit den Schauspielern David Höhle als das Muttersöhnchen Behnke, Sebastian Braatz als entschiedener Müller, René Anders als Kumpel Schmidt, Andreas Hey als Mitstreiter Schneider, Nils Achtergarde als verzweifelter Koch, Vinzenz Hennings als höriger Unteroffizier, Joe Pfändner als bis zum Schluss kämpfender Oberleutnant, Nicolas Smith als neugieriger Ausspäh-Franzose und Markus Piccio als fas neutraler Erzähler führt vor, dass es keiner mehr vermag, Entscheidendes ändern wird. Da ist Galgenhumor der einzige Ausweg, auch wenn der sich nur in den Köpfen auftut.

Vorstellungen

Wer sich fragt, warum sich das ThOP-Team fast ein Jahrhundert nach seiner Entstehung für dieses Stück entschieden hat, muss nur den Blick zu den Flüchtlingen richten. Auch die Soldaten der Brigadevermittlung hätten wohl jeden Ausweg gewählt, wenn sich ihnen nur einer geboten hätte. Weitere Vorstellungen von „Brigadevermitteilung“ gibt am 7., 8. und 11. Oktober jeweils um 20.15 Uhr in der ehemaligen Notaufnahme beim ThOP.

Mehr Infos gibt es im Internet unter www.thop.uni-goettingen.de.

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