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Pro City Göttingen will die letzte Liefermeile in der Fußgängerzone revolutionieren

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Von: Thomas Kopietz

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Zu sehen ist der tägliche normale Liefer-Wahnsinn: In Göttingens Fußgängerzone – wie hier in der Prinzenstraße blockieren parkende und wartende Lieferfahrzeuge das Durchkommen von Fußgängern, Einkaufenden und belästigen Besucher der Gastronomie.
Der ganz normale Liefer-Wahnsinn: In Göttingens Fußgängerzone – wie hier in der Prinzenstraße – herrscht oft auch außerhalb der zulässigen Lieferzeiten viel Verkehr und Stau. Leidtragende sind die Fußgänger, Bummler und Gastronomie-Besucher. © Thomas Kopietz

Täglich blockieren Lieferfahrzeuge, vor allem der großen Logistiker wie Amazon und DHL, die Fußgängerzone. Das soll sich mit einem neuen Konzept von Pro City und Felix Dossmann ändern.

Göttingen – Kürzlich wartete der Verein Pro City mit einer Ideen-Liste auf, wie die Innenstadt attraktiver werden kann. Nun legt Pro City inhaltlich mit einem spektakulären Konzept nach, das Parteien zwar in ihrem (Wahlkampf-)Katalog haben, aber ohne konkrete Inhalte: Die Belieferung der „letzten Meile“ bis zum Anwohner und Händler in der Innenstadt soll über ein neues, lokales Logistik-Unternehmen, an dem mehrere Akteure beteiligt sind, gelöst werden. Das soll den Lieferverkehr vermindern.

Ursache für die Neuplanung und Organisation der Belieferung, besonders in der Fußgängerzone, ist Ärgernis: der in der Corona-Krise noch zusätzlich ständig wachsende Online-Handel und als Folge davon die hohe Belastung durch Lieferfahrzeuge der großen Logistiker. Manchmal geht in den Straßen nichts mehr, wenn zeitgleich mehrere Kleintransporter ungeachtet der Zufahrtsbeschränkungen (werktags bis 11 Uhr) unterwegs sind, das Durchkommen für Fußgänger und Rollstuhlfahrer erschweren.

Die Folge ist „ein permanenter Lieferverkehr“, wie Susanne Heller und Robert Vogel, die Pro-City-Vorsitzenden, konstatieren. „Wir aber möchten, das unsere Kunden ihren Bummel, den Einkauf, den Kaffee, den Besuch der Geschäfte genießen können, ohne die Sprinter der Paketdienstleister umkurven, Abgase einatmen zu müssen.“

Beim Wunsch belassen es die Pro-City-Akteure aber nicht – und das haben sie auch Felix Dossmann zu verdanken. Der Göttinger ist vom Fach, ein Logistik-Experte, der sein Start-Up „DFF Solutions“ für Logistik-Software Lösungen der Riesen wie Rewe und Lekkerland zum Erfolg und schließlich Verkauf an ein Großunternehmen gebracht hatte. Sein Konzept für die „Letzte Meile“ hat ihn nie losgelassen, obwohl er jetzt mehr als Unternehmensberater unterwegs ist. Dossmann jedenfalls ist überzeugt von SLAM (Sustainable Last-Mile) wie er die nachhaltige lokale Lieferung nennt.

Inhalt: Der Lieferverkehr wird gebündelt. Nicht mehr zwei Fahrzeuge mit zwei Fahrern „besuchen“ zeitgleichoder kurz nacheinander die selbe Person im selben Haus. Kurzum: Nicht mehr viele Fahrzeuge, sondern im besten Fall ein Lieferauto ist für einen Lieferbereich der letzten Meile zuständig – und agiert von einem Sammelzentrum außerhalb der Stadt.

„So können sehr viel mehr Pakete pro Stopp in kürzerer Zeit an die Adressaten ausgeliefert werden“, sagt Felix Dossmann. „Eine Steigerung der Effizienz führt zu einer schnelleren Auslieferung des Liefergutes, zu weniger benötigten Fahrzeuge und weiteren positiven Aspekten“, erklärt Dossmann, der aber auch weiß, dass selbst überzeugende Visionen wie SLAM schwer umzusetzen sind. Gesetze, Vorschriften, hohe Investitionen – aber auch eingefahrene Denkweisen – und nicht selten parteipolitisches Gezerre verhindern das.

Zu sehen ist Felix Dossmann, Experte für Logistik-Lösungen, aus Göttingen - hier in einer Talk-Runde
Experte für Logistik-Lösungen: Felix Dossmann, Unternehmer aus Göttingen, in einer Gesprächsrunde zum Thema. © Privat

Deshalb gehen er und Pro City einen unpolitischen Weg, haben an einem fix umsetzbaren Konzept gebastelt: Das fängt reduziert mit dem KEP-Geschäft (Kurier-, Express-, Paket Dienst) an. Die Liefermenge an Ware sei dabei überschau- und planbar.

Um dies umzusetzen, hat Pro-City e.V. mit Felix Dossmann „SLAM“ mit der Spedition Zufall, dem Z-LAB und ‘LeiLa liefert‘ diskutiert, sie von der Vision begeistert und die Idee in ein fruchtbares Beet gepflanzt. So steht die Gründung einer Firma für City-Logistik in Göttingen bereits bevor. Man hoffe, dass sich weitere Partner begeistern lassen. Auch die Stadt könnte eingebunden werden.

Öffentlich mache man SLAM bereits vor der Unternehmensgründung, weil man nicht zwischen die Mühlsteine des Wahlkampfes geraten wolle. „Leider sind im Wahlkampf schon manche guten Ideen oder Visionen untergegangen, nicht weiterverfolgt worden“, so die Pro-City-Vorsitzenden, die überzeugt sind, dass die Initiative City-Logistik die Aufenthaltsqualität in der Innenstadt maßgeblich verbessern kann und die Fußgänger wieder zu ihrem Recht kommen werden. Das wolle man nicht erzwingen, wie über mehr Kontrollen und Ordnungswidrigkeiten für die Fahrer, die die Falschen, die schwächsten Glieder in der Kette treffen und das Grundproblem nicht lösen würden. „Wir wollten bewusst nicht nörgeln, nicht dagegen sein, sondern uns inhaltlich mit dem Thema auseinandersetzen“, sagen Heller und Vogel. (Thomas Kopietz)

Infos: https://www.youtube.com/watch?v=PhcCJEWb8Gw oder https://bit.ly/3hQHnhG

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