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Polizeidirektion Göttingen erleidet Niederlagen vor dem Verwaltungsgericht

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Von: Heidi Niemann

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Das Gebäude der Polizeidirektion Göttingen an der Groner Landstraße. Zu sehen ist der Parkplatz und der Haupteingang.
Für die Polizeidirektion Göttingen gab es zwei Niederlagen vor dem Verwaltungsgericht. In zwei Fällen war Datenspeicherung rechtswidrig. © Thomas Kopietz

Die Polizeidirektion Göttingen hat sich wegen ihres Umgangs mit personenbezogenen Daten erneut zwei gerichtliche Niederlagen eingehandelt.

Göttingen - Das Verwaltungsgericht Göttingen gab der Klage eines 31-Jährigen statt, den die Polizeiinspektion Göttingen in einer Datensammlung mit der Bezeichnung „PMK-links“ gespeichert hatte. Die Speicherung in dieser beim Fachkommissariat für Staatsschutz geführten Datenbank sei rechtswidrig, befand das Gericht (AZ 1 A565/18).

In einem weiteren Verfahren wurde zudem eine andere Praxis der Staatsschützer beanstandet: Ein Polizeibeamter hatte seinen Kollegen des Fachkommissariats in einer E-Mail seine Beobachtung über eine Aktivistin der linken Szene mitgeteilt. Nach Ansicht des Gerichts war auch die Speicherung personenbezogener Daten in der E-Mail rechtswidrig (AZ 1 A 175/17).

Der Kläger im ersten Fall hatte im August 2018 eine Anfrage gestellt, um zu erfahren, welche Daten die Polizei über ihn gespeichert hat. Einige Wochen später erhielt er von der Polizeidirektion unter anderem die Information, dass personenbezogene Daten in der Datenbank „PMK-links“ gespeichert seien, in der politisch motivierte Kriminalität aus dem linken Spektrum erfasst wird.

Anlass für diese Speicherung war eine Ordnungswidrigkeit: Der 31-Jährige soll im Mai 2017 einen sogenannten „Spucki“ an eine Laterne geklebt haben.

Die Datenbank „PMK-links“ war neu eingerichtetworden, nachdem es einigen Wirbel um eine frühere Datensammlung gegeben hatte. Im Sommer 2017 war im Zuge von Ermittlungen gegen einen früheren Staatsschützer bekannt geworden, dass das Fachkommissariat in Aktenordnern mit der Aufschrift „LIMO“ Informationen über mutmaßliche Angehörige des linksextremen Spektrums gesammelt hatte. Der vor kurzem entlassene Göttinger Polizeipräsident Uwe Lührig musste später einräumen, dass die angelegte Datensammlung in dieser Form unzulässig gewesen war.

Beschreibung fehlte

Die Beamten hätten vorher die Genehmigung des Datenschutzbeauftragten einholen müssen. In dem Antrag müssten Inhalt, Grund und Zweck der Datensammlung sowie die Dauer der Aufbewahrung festgelegt sein. Diese datenschutzrechtlich vorgeschriebene Dateibeschreibung habe gefehlt.

Die Polizeidirektion hatte dieses Manko auszuräumen versucht, indem sie die Datei in verschiedene Phänomenbereiche, darunter „PMK-links“, aufteilte und außerdem eine Dateibeschreibung anfertigte. Zweck der Datei, so heißt es darin, sei die Recherche und Analyse von Informationen zur Aufklärung und Verhütung von Straftaten.

Eben dieser Zweck war jedoch nach Ansicht des Gerichts im Fall des Klägers nicht gegeben. Anlass für dieSpeicherung sei keine Straftat, sondern eine Ordnungswidrigkeit gewesen. Es gebe keine Hinweise darauf, dass der Kläger in Zukunft linksmotivierte Straftaten begehen werde.

Die einzige bislang erfasste Straftat sei ein Ladendiebstahl. Da es an keiner Textstelle einen Bezug zur linksmotivierten Kriminalität gebe, sei die Speicherung in dieser Datei rechtswidrig.

Rechtsanwalt Sven Adam, der die Interessen des Klägers in dem Rechtsstreit vertritt, übte heftige Kritik an der Polizeidirektion Göttingen. „Die absurde und rechtswidrige Datensammlung, sogar aufgrund von Bagatell-Delikten, hat mit Datenschutz und dem Handeln einer an Recht und Gesetz gebundenen Behörde nichts mehr zu tun“, erklärte er. Offenbar habe trotz des „LIMO“-Skandals kein Umdenken bei der Polizeidirektion stattgefunden.

E-Mail rechtswidrig

Durch die „LIMO“-Affäre war auch bekannt geworden, dass Staatsschützer in E-Mails Beobachtungen über Personen der linken Szene mitgeteilt hatten. Unter anderem hatte ein Polizist per E-Mail seine Kollegen darüber informiert, dass eine namentlich genannte politische Aktivistin aus Göttingen am 7. Mai 2015 um 17 Uhr „mit Fahrrad aus der Stadt zur Wohnung“ gefahren sei.

Nach Ansicht des Gerichts war diese E-Mail rechtswidrig, weil es keine Verfahrensbeschreibung für den Austausch von E-Mails innerhalbdes Fachkommissariats gebe, mit denen man sich wechselseitig über bestimmte Lagen informiere. Eine solche Verfahrensbeschreibung sei aber notwendig, da sich E-Mails speichern und durchsuchen ließen. (Heidi Niemann)

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