An der Spitze des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB) gibt es einen Führungswechsel: Lothar Hanisch geht und dafür übernimmt Agnieszka "Aga" Zimowska.
Lothar Hanisch verabschiedet sich zum 1. September in die aktive Phase des Vorruhestandes, Nachfolgerin des Geschäftsführers der DGB-Region Südniedersachsen/Harz wird eine Bekannte: Agnieszka Zimowska.
Die 42-Jährige war bislang die DGB-Gewerkschaftssekretärin und war von Lothar Hanisch für die Nachfolge vorgeschlagen worden, „weil sie sich prima entwickelt hat und sich weiter entwickeln wird“, wie Hanisch sagt.
Offiziell hat der 62-jährige Hanisch seinen Abschied genommen und bereitet sich nun auf seine „künftige Hauptaufgabe“ vor: die langsame Gewöhnung an den Ruhestand. Seine freie Zeit will Hanisch genießen, sich fortan von der DGB-Arbeit fernhalten. „Ich möchte mich nicht mehr einmischen. Das wäre nicht fair gegenüber Aga“, sagt er.
Seit 2006 leitete der Seesener die DGB-Geschäfte aus Göttingen, war dort das Gesicht des DGB. Diese Zeit und die Tätigkeit davor als Betriebsratsvorsitzender haben ihn geprägt.
Immer wieder spricht Hanisch von gelebter Solidarität und davon, dass nur zusammen, solidarisch etwas zu erreichen ist, dafür steht als Erfolge auch der Mindestlohn.
Gewerkschaftskrise
Übernommen hat er, als die Gewerkschaften in der „tiefen Krise“ steckten, die laut Hanisch bis 2008 anhielt. „Seitdem stagniert die Mitgliederzahl oder es gibt wieder leichte Zuwächse.“ Überhaupt ist er positiv gestimmt, trotz der fortschreitenden Digitalisierung mit einer immer individuelleren Arbeit und Rund-um-die-Uhr-Erreichbarkeit.
Künftige Bedeutung
Die Bedeutung und Akzeptanz der Gewerkschaften werde wieder wachsen. Schließlich gelte es, die ‘neue Arbeitswelt’, die durchaus Chancen biete, aktiv mit zu gestalten. „Jeder sollte aber wissen, dass das nur gemeinsam geht.“
Eine Erkenntnis, die viele aus der jetzigen jungen Generation im Gegensatz zu Vorgängerausbildungsgenerationen wieder gewonnen hätten: „Das zeigt die Fridays-for -Future-Bewegung.“
Auch die fordere Versprochenes, politisch Beschlossenes oder Vorgeschlagenes ein. Nichts anderes tun Gewerkschaften, wie Hanisch sagt. „Wir können helfen, die digitale Arbeitswelt, die nicht nur Schlechtes für die Menschen bringen wird, mit zu gestalten.“
Das kann nur gelingen, wenn Gewerkschaften, Betriebs- und Personalräte gemeinsam agieren. Damit liegt der scheidende Gewerkschaftschef der Region auf einer Wellenlänge mit seiner Nachfolgerin.
Junge Leute begeistern
Agnieszka Zimowska will auf eben diese Teilhabe hinwerken, junge Menschen dafür begeistern, auch mit Aktionen und öffentlichen Veranstaltungen. Das sei erfolgversprechend sagt Hanisch: Über Erlebnisse sei ein Gemeinschaftsdenken zu erreichen. „Nur so können wir eine soziale Arbeitswelt in der Zukunft erreichen.
Das muss allen klar sein.“ Die Stärke der Gewerkschaften sei es immer gewesen, im Gespräch am Verhandlungstisch etwas zu erreichen – im Sinne der Arbeitnehmer. Diesbezüglich seien auch die Jungmanager in Unternehmen gefordert, die über die Kündigung der Tarifbindungen und das ausschließlich auf Gewinn ausgerichtete Denken die Verhandlungsstränge gekappt hätten.
Die nachwachsende Generation der Arbeitenden aber lege vor allem Wert auf gute Bedingungen, Bezahlung und Freizeit. Das entspräche dem Denken der Gewerkschaften.
Gute Bedingungen
„Also müssen sie nur wieder verstärkt Mitglieder werden“, wünscht sich Hanisch – und Agnieszka Zimowska nickt. Sie will kämpfen für soziale Gerechtigkeit, bezahlbaren Wohnraum, gegen Diskriminierung am Arbeitsplatz, sichere und gute Arbeitsbedingungen sowie Fachkräftegewinnung. Lothar Hanisch will auch die Politik weiter beobachten. Von der SPD ist er enttäuscht. In neuen Koalitionen – ohne die AfD – sieht er Chancen, auch für Gewerkschaften und einen sozialeren Staat. (tko)