Statt ArtCenter könnte das Museum einziehen
Oberbürgermeister Meyer will Verkauf an Bielefelder Investor kippen
Göttingen. Spektakuläre Wende im Fall ehemalige Baptistenkirche und Voigt-Schule. Der Verkauf an einen Investor aus Bielefeld steht vor dem Aus. Oberbürgermeister Wolfgang Meyer (SPD) empfiehlt dem Verwaltungsausschuss den Abbruch der Verkaufsverhandlungen und bringt die Nutzung als Städtisches Museum ins Gespräch.
Der Göttinger Rat hatte mit der Stimmenmehrheit von SPD, CDU, FDP und Grüne den Verkauf der beiden Gebäude am Innenstadtring im Juni 2013 beschlossen. Ein Bielefelder Galerist wollte die Objekte kaufen und dort ein ArtCenter einrichten – mit Atelier- und Galerieräumen. Die Schulaula und die Kirche sollten für Veranstaltungen genutzt werden.
Die Einrichtung des ArtCenters steht nach vielen Verhandlungsrunden in den Sternen. In den Gesprächen ist laut Meyer deutlich geworden: Der Käufer sei nicht bereit, sich auf ein bestimmtes Nutzungskonzept, nämlich das ArtCenter, festzulegen. „Das ist aber Bedingung für den Verkaufsbeschluss gewesen.“
Geht es nach dem Oberbürgermeister, dann könnte in die Voigt-Schule das Städtische Museum einziehen. Die Sanierung des Museums am Ritterplan würde 13 Millionen Euro kosten. Laut Meyer würde der enorme Aufwand aber keine räumliche Verbesserung bringen, denn der Denkmalschutz untersagt jegliche Eingriffe in die Bausubstanz, also keine Veränderung der Bausubstanz. „So kann auch kein vernünftiger Eingangsbereich geschaffen werden.“
Deshalb regt der Oberbürgermeister an, den Standort Bürgerstraße 15 prüfen zu lassen, auch, weil das Städtische Museum unbedingt erhalten werden müsse. Bei einem Umzug des Museum müsste am Ritterplan trotzdem saniert werden, sagte Meyer. Dort könnte Wohnraum geschaffen werden, zentral in der Altstadt.
Für den Kauf von Baptistenkirche und Voigt-Schule hatten sich zwölf Investoren interessiert. Kulturschaffende in Göttingen hatten sich in Einzelinitiativen und dem Kulturbund für die kulturelle Nutzung der Gebäude und gegen den Verkauf stark gemacht. Ein Einwohnerantrag der Filmkunstfreunde war wegen formaler Fehler als unzulässig erklärt worden. Die Filmkunstfreunde hatten mehr als 3000 Unterschriften für den Plan, ein Programmkino in der Baptistenkirche einzurichten, gesammelt.
Nachträglich bestätigte Zweifel an der Entscheidung hatte vor allem Gerd Nier (Die Linke) öffentlich gemacht: Im April hatte Nier zuletzt kritisiert, dass niemand die Bewertung der Investoren-Konzepte durch die Stadtverwaltung in Frage gestellt hätte. Auch der Kulturbund hatte der Verwaltung Fehler im Bieterverfahren vorgehalten. Fritz Güntzler (CDU) hatte das Entscheidungsverfahren als „schwere Geburt“ bezeichnet. Rat und Verwaltung müssten das noch üben. Dazu besteht jetzt wieder die Möglichkeit.
Von Thomas Kopietz