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Tabletop-Verein aus Göttingen gibt Einblicke in ungewöhnliches Hobby

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Von: Jens Döll

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Ein Heer von Skaven aus Warhammer Fantasy. Die Rattenmenschen stehen mit dunklen Mächten im Bunde.
Ein Heer von Skaven aus Warhammer Fantasy. Die Rattenmenschen stehen mit dunklen Mächten im Bunde. © Kevin Müller

Figuren sammeln, anmalen und gegeneinander spielen. Alles Aspekte des Hobbys Tabletop, das ein Verein in Göttingen pflegt. Sie haben uns Einblicke in das Spielen und eine faszinierende, reiche Welt gegeben.

Landkreis Göttingen – Der Weltraum, unendliche Weiten. Zwei Raumflotten rasen aufeinander zu, riesige Kanonen werden ausgerichtet. An Bord der Raumschiffe hektische Betriebsamkeit, Crewmitglieder rennen durch die Gänge, Alarm dröhnt. Mächtige Kreuzer, flankiert von wendigen Eskorten bringen sich in Position.

Geduldig erklärt Ulrich Schultz (rechts) Sascha Klippert die Regeln von Battlefleet Gothic. Jedes System hat andere Feinheiten und Regeln, die sich der Spieler aneignen muss.
Geduldig erklärt Ulrich Schultz (rechts) Sascha Klippert die Regeln von Battlefleet Gothic. Jedes System hat andere Feinheiten und Regeln, die sich der Spieler aneignen muss. © Jens Döll

Was sich anhört wie die Szene aus einem Computerspiel oder einem Science-Fiction-Film spielt sich im Veranstaltungszentrum Musa in Göttingens Weststadt auf dem Tisch zwischen Sascha Klippert aus Uslar und Ulrich Schultz ab. Die beiden Männer spielen ein Tabletop (übersetzt: Tischplatte), eine Konfliktsimulation, die mit Figuren auf einem Spielfeld ausgefochten wird. Das System, das die beiden an einem Freitagabend spielen, nennt sich „Battlefleet Gothic“ und ist angesiedelt in einem Zukunftsszenario, das Zehntausende Jahre nach unserer Zeit spielt. Am benachbarten Tisch wird eine Runde „Star Wars: Armada“ gespielt. Handlungsort: Das bekannte Star-Wars-Universum.

Göttingen: Tabletop-Verein spielt Star Wars und Warhammer40k

Sie alle sind Mitglieder im Verein Tabletop Göttingen, den es seit dem Jahr 2020 gibt. Sie vereint die Freude am Tabletop-Spiel. Die Partien werden ausgewürfelt. Die Raumschiffe von Schultz und Klippert, Imperiale Flotte gegen die Armada des Chaos, können verschiedene Aktionen ausführen. Dabei ist der Zollstock wichtiges Hilfsmittel. „Pro Runde können die Schlachtschiffe 30 Zentimeter vorrücken, aber bevor sie im 45 Grad Winkel manövrieren können, müssen sie erst einmal mehrere Zentimeter geradeaus fliegen“, erklärt Ulrich Schultz. Auch die Feuerreichweite wird in Zentimetern ausgemessen.

Battlefleet Gothic: Im Weltraum kämpft das Imperium (links) gegen das Chaos.
Battlefleet Gothic: Im Weltraum kämpft das Imperium (links) gegen das Chaos. © Jens Döll

Entsteht Schaden an den liebevoll bemalten Miniaturen, muss ausgewürfelt werden, wie hoch dieser ist. „Jedes Schiff besitzt eine bestimmte Zahl von Schadenspunkten, wenn die aufgebraucht sind, ist es verloren.“ Gespielt wird rundenbasiert. „Es gibt Systeme, die mehr den Fokus auf Strategie haben und welche, die mehr für Taktiker sind“, berichtet Christopher Bartels-Sellering. Er selbst sei eher der Stratege. Eine weitere Unterscheidung sind Spielsysteme, in denen eher wenige Einheiten gegeneinander antreten, sogenannte „Skirmish-Tabletops“ und welche, bei denen ganze Massenarmeen eingesetzt werden. Oftmals steigen Spieler über die Skimish-Systeme in das Hobby ein. Die Figuren gibt es in speziellen Geschäften zu kaufen.

„Es ist ein vielschichtiges Hobby“

„Es ist ein vielschichtiges Hobby“, berichtet Ulrich Drees aus Göttingen. Auch er ist Mitglied im Verein. In einem Raum in seinem Haus sind Tausende von Miniaturen gesammelt.

Neben dem Sammeln der Spielfiguren steht auch das Bemalen im Vordergrund. Zum Spielen selbst kommen oftmals Hintergrundinformationen, das sogenannte „Lore“. Auch für Modellbauer eignete sich das Hobby, die Spielwelten werden oft liebevoll in Eigenregie gestaltet. „Dabei unterscheidet uns von den Modellbauern aber, dass wir vor allem auf die Bespielbarkeit der Landschaften und Gebäude Wert legen.“ „Es gibt verschiedene Universen, Fantasy, Science-Fiction, aber auch historische Szenarien“, sagt Drees. Beliebt sei zum Beispiel an historischen Inhalten der Siebenjährige Krieg, der auch in unserer Region tobte, oder die beiden Weltkriege. Aber es gibt auch kleine Systeme, sogenannte „Independent Spiele“, die in der Steinzeit spielen. Gerade das Aufkommen von 3-D-Druckern eröffne viele neue Möglichkeiten, aber bereits früher bauten viele Spieler ihre Figuren selbst. Manche Systeme lassen das zu, größere sind eher geschlossen.

Viele Systeme und Entwickler

Auch nutzen viele kleinere Verlage und Schöpfer von Spielwelten das Crowdfunding, sie scharren also Geldgeber um sich, die jeweils einen kleinen Betrag zahlen, um die Idee zu realisieren. „Die Szene ist schon immer in Bewegung und passt sich an“, sagt Drees. Sie sei gut vernetzt, es gibt Wettbewerbe, die zum Teil weltweit Ausstrahlung haben.

Die Figuren sind im Maßstab 28 Millimeter.
Die Figuren sind im Maßstab 28 Millimeter. © Kevin Müller

Zurück in den Raum, in dem der Weltraum die Tische beherrscht. Der Kampf im All geht weiter. Ulrich Schultz und Sascha Klippert fachsimpeln. „Es ist das erste Mal, dass ich dieses System spiele“, sagt er. Es wird noch eine lange Nacht.

„Das Hobby ist im Kommen“

Der Verein Tabletop Göttingen trifft sich immer freitags ab 19.30 Uhr in den Räumen der Musa in Göttingen. Momentan hat er um die 25 Mitglieder. Sie spielen verschiedene Systeme, auch gibt es Einsteiger und erfahrenere Spieler in ihren Reihen. „Jedes System ist willkommen“, sagt Ulrich Schultz vom Vorstand. Gegründet wurde der Verein 2020, in der Hochphase der Coronakrise. Daher dauerte es nahezu ein Jahr, bis sich die Mitglieder „in echt“ treffen konnten. Begonnen wurde daher mit einem digitalen Stammtisch, der immer noch beibehalten wird.

Ihr Einzugsgebiet deckt den kompletten Raum Göttingen ab. Neben den Treffen freitagabends gibt es auch regelmäßige Spieletage an Samstagen.
„In Göttingen gibt es viele Spieler, viele Studenten interessieren sich für das Hobby“, heißt es vom Vorstand. Allerdings entstehe auch eine hohe Fluktuation. Spieler aus dem gesamten Raum Südniedersachsen tauschen sich auch via Whatsapp aus. „Das Hobby ist im Kommen“, sagt Mitglied Roman Neben.

Tabletops gibt es zu verschiedenen Szenarien und Universen 

Es gibt eine wahre Fülle von Tabletop-Systemen. Diese gliedern sich in unterschiedliche Genre, manche sind einsteigerfreundlicher als andere.

Christopher Bartels-Sellering (rechts) erklärt seine Spielzüge.
Christopher Bartels-Sellering (rechts) erklärt seine Spielzüge. © Döll, Jens

Kampf auf dem Boden und im Weltraum

Zu den bekanntesten Universen zählt Warhammer 40k vom Hersteller Games Workshop (GW). Die Spielwelt ist angesiedelt im 40. Jahrtausend nach Christus, das Imperium der Menschheit herrscht über die Galaxis mit eiserner Faust. Bedroht wird es von verschiedenen Rebellionen und dem Erzfeind, dem Chaos. Dazu kommen noch andere Bedrohungen, sogenannte Xenos: Alienrassen. Dazu zählen Orks, die Eldar, die an Elfen erinnern, und Tau, die eine Art Weltraumkommunismus aufbauen wollen. Es gibt innerhalb des Universums mehrere Spielsysteme, wie die seit 2013 eingestellte Raumsimulation Battlefleet Gothic und eine Erdkampfsimulation. Die grundlegende Spielidee ist die Darstellung eines Gefechtes zwischen zwei gleich starken Armeen. Jeder Spieler stellt seine Streitmacht, die Modelle sind im 28-mm-Maßstab gehalten.

Der Bau von Spiellandschaften ist auch ein Teil des Hobbys Tabletop. Dabei sind der Kreativität nahezu keine Grenzen gesetzt.
Der Bau von Spiellandschaften ist auch ein Teil des Hobbys Tabletop. Dabei sind der Kreativität nahezu keine Grenzen gesetzt. © Jens Döll

Zudem gibt es noch Warhammer Fantasy, dass den Spieler in ein Mittelalter- und Fantasy-Szenario einlädt. Dort gibt es klassische Elemente wie Ritter, Burgen, Vampire, Goblins und Zwerge.

GW bietet auch ein Herr der Ringe Tabletop an. Das Unternehmen steht in dem Ruf, zwar einsteigerfreundliche Produkte anzubieten, allerdings diese auch sehr hochpreisig zu verkaufen. Spezielle GW-Läden gibt es in Kassel und Göttingen.

Auch Tabletops mit historischen Szenarien

Ein weiteres Universum, das immer wieder Höhen und Tiefen erlebte, ist Mechwarrior. Auch dabei handelt es sich um Science-Fiction. Die Menschheit hat den Weltraum besiedelt und es gibt mehrere Feudalstaaten, die Planeten beherrschen. Mit riesigen, humanoiden Kampfmaschinen, sogenannten Mechs, üben die Feudalherren, Krieger und Ritter ihre Macht aus und ziehen in den Kampf. Entwickelt wurde es von FASA und wurde an WizKids verkauft. Ebenso wie von Warhammer 40k gibt es ein reiches Hintergrundwerk, das zum Teil auch auf Romanen und PC-Spielen aufbaut.

Eine Angriffsfregatte der Rebellenallianz im Spielsystem Star Wars: Aramada
Eine Angriffsfregatte der Rebellenallianz im Spielsystem Star Wars: Aramada © Jens Döll

Der Krieg der Sterne, besser bekannt als Star Wars, hat unter anderem die Systeme Armada und Legions. Ersteres deckt Weltraumkämpfe ab, das Zweite ist eine Simulation von Bodenkämpfen. Neben dem genannten System gibt es noch zahllose weitere. So sind im Bereich historischer Schlachten De Bellis Magistrorum Militum (kurz DBMM) und De Bellis Multitudinis (DBM) verbreitet. Beides sind Spielsysteme für Massenkämpfe mit Szenarien aus dem Mittelalter bis in die Neuzeit.

Der Stolz der Imperialen Flotte fegt durch die tiefe Dunkelheit des Weltraums.
Der Stolz der Imperialen Flotte fegt durch die tiefe Dunkelheit des Weltraums. © Jens Döll

Hinzu kommen noch viele „Independent Hersteller“, die teilweise für ihre Szenarien die Figuren von anderen Systemen nutzen. Beispielsweise gibt es eine Tabletop-Umsetzung des bekannten Computer-Strategiespieles Command and Conquer: Tiberian Dawn. (Jens Döll)

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