„Eine Frechheit“: Betriebsrat informiert Karstadt-Mitarbeiter über Abfindungs-Höhe

Betriebsversammlung in der Göttinger Karstadt-Filiale: Mitarbeiter erfahren, was der Konzern im Falle einer Schließung maximal an Abfindung zahlt.
Göttingen – Die Zukunft der Kaufhaus-Kette Galeria Karstadt Kaufhof liegt weiterhin im dichten Nebel verborgen – auch in der Uni-Stadt.
Nun fand in der Filiale an der Groner Straße in Göttingen eine Betriebsversammlung statt. Thema war unter anderem die Mitarbeiter-Abfindung im Falle einer Schließung des Standortes.
Zukunft der Göttinger Karstadt-Filiale: Betriebsrat informiert Mitarbeiter über mögliche Abfindung
Maximal 7500 Euro erhalten die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, sollte die Filiale in Göttingen sowie weitere Filialen bundesweit im Zuge der sogenannten Restrukturierung des Konzerns nach Bekanntgabe der Insolvenz im Oktober 2022 geschlossen werden.
„Das ist das, was der Gesamtbetriebsrat mit dem Konzern ausgehandelt hat“, bestätigt Marc Jäger, Verdi-Gewerkschaftssekretär, auf Anfrage dieser Zeitung am Donnerstag – und bringt auf den Punkt, was vermutlich viele Beschäftigte beim Hören dieser Summe gedacht haben dürften: „Eine echte Frechheit.“
Nach Galeria-Insolvenz: Zukunft der Göttinger Filiale weiterhin ungewiss
Normalerweise gilt für derartige Abfindungen allgemein die Faustregel: Grundbetrag plus ein halbes Monatsgehalt pro Beschäftigungsjahr.
„Das ist hier allerdings komplizierter, durch die Sanierungsverträge des Konzerns“, so Jäger. Diese Verträge kosteten die Beschäftigten im Falle einer Schließung sehr viel Geld.
Die Abfindung ist eine Frechheit.
Weiter wurden die Mitarbeitenden in Göttingen darüber informiert, dass es in den Häusern, die nicht geschlossen werden, keinen Stellenabbau geben soll. „Da gab es ursprünglich zunächst andere Pläne des Konzerns“, so Jäger.
Auch Verdi wisse von der Liste, auf der 60 Standorte stehen, die geschlossen werden sollen und unter denen sich auch der Standort Göttingen befinden soll.
Für weitere 20 Häuser liefen derzeit nach Angaben des Konzerns nach wie vor Gespräche mit potenziellen Erwerbern. „Ob Göttingen zu diesen Filialen zählt, ist ebenfalls nicht bekannt“, bedauert Marc Jäger. „Man weiß einfach gar nichts.“
Kaufhaus-Konzern Galeria: Liste soll von Schließung betroffene Standorte nennen
Erst vergangene Woche war der Verdi-Gewerkschaftssekretär in Göttingen vor Ort, um sich mit dem Betriebsrat auszutauschen. „Die Grundstimmung ist schwierig“, schildert er seine Eindrücke. „Es herrscht eine gewisse Resignation unter den Mitarbeitenden, ein Gefühl von ‘Wir wissen nicht, was wir noch machen sollen’.“.
Einige Mitarbeitende seien seit 35 Jahren in der Filiale beschäftigt, viele über 20 Jahre, so Jäger. Auch, wenn die Aussichten im Falle einer Schließung und der damit verbundenen Kündigung schnell wieder in Arbeit zu kommen, gut seien.
Für den Fall der Schließung in Göttingen: Fachkräfte im Handel werden gesucht
„Es fehlen derzeit viele Fachkräfte im Einzelhandel“, so Jäger. Es sei aber doch ein großer Unterschied, für ein Kaufhaus wie Karstadt oder beispielsweise eine Kette wie Primark zu arbeiten.
Der Galeria-Konzern schweigt derzeit beharrlich zur Zukunft seiner Filialen. Auf Anfrage der HNA-Redaktion teilt ein Agentursprecher im Auftrag des Unternehmens mit.
„Fakt ist: Welche Filialen geschlossen werden, steht derzeit noch nicht fest. Galeria befindet sich zum einen in Verhandlungen mit Vermietern. Hier geht es neben der Miete selbst auch um weitere Fragen wie zúm Beispiel der künftigen Flächennutzung oder energetischen Sanierungen.“
Göttinger Karstadt-Beschäftigte: Entscheidung über Zukunft Ende März?
Ob ein Standort erhalten bleiben könne, werde auch stark von diesen Gesprächen abhängig sein. Zum anderen liefen Gespräche mit potenziellen Erwerbern, die sich für Engagements an Galeria-Standorten interessieren.
„Diese Gespräche bieten die Chance, möglichst viele Arbeitsplätze zu erhalten und haben daher eine höhere Priorität als die zeitnahe Veröffentlichung von Standort-Listen“, heißt es weiter.
Karstadt-Filiale in Göttingen: Gebäude-Eigentümer sitzt in Luxemburg
Eigentümer der Immobilie zwischen Groner Straße, Pandektengasse und Johannisstraße ist seit 2021 ein in Luxemburg beheimatetes Unternehmen: Ionic VII SA R.L..
Das Kaufhaus hat eine Gesamtfläche größer als ein Fußballfeld - insgesamt rund 10500 Quadratmeter. Bis vor fünf Jahren arbeiteten dort etwa 160 Mitarbeiter. (Melanie Zimmermann/Thomas Kopietz)
Keine Erfolgsgeschichte: K-Town und Karstadt-Sport mussten bereits schließen
In 2011 eröffnete direkt gegenüber der Karstadt Filiale an der Groner Straße eine K-Town-Filiale. Die einst als Markthalle nach dem Vorbild in Hannover konzipierte Einkaufsfläche fand bei den Kundinnen und Kunden nicht den gewünschten Anklang. Nur vier Jahre später, also 2015, schloss die Markthalle wieder. Heute gibt es dort ein Woolworth-Geschäft.
Auch Karstadt-Sport gibt es so nicht mehr. Seit 2021 ist es eine Filiale von Sport Scheck. (tko)
Galeria-Konzern legt Konzept zur Restrukturierung Ende März der Gläubigerversammlung vor
Laut einer Pressemitteilung, die der Warenhauskonzern Galeria am Mittwoch, 1. Februar, veröffentlichte, habe man eine „wichtige Hürde auf dem Weg in die Zukunft“ genommen. Das Amtsgericht Essen eröffnete das Verfahren in Eigenverwaltung.
Somit kann die Geschäftsführung die Restrukturierung des Unternehmens fortsetzen. Dieses Konzept soll Galeria künftig eindeutiger positionieren – mit einem Sortiment, das stärker auf die lokalen Bedürfnisse ausgerichtet ist. Dazu zählt eine kundenfreundliche Verzahnung von Mobile-, Online- und Filialkaufmöglichkeiten. Alle weiter bestehenden Galeria-Filialen werden modernisiert und auf das Konzept umgestellt.
Im Zuge der Sanierung werde der Konzern auch das Filialnetz neu aufstellen. Dazu verhandele man aktuell mit Vermietern. Insbesondere von deren Zugeständnissen hänge vielfach noch ab, welche konkreten Filialen geschlossen, fortgeführt oder eventuell an einen Erwerber übertragen werden können.
Auf einer Gläubigerversammlung muss dem Konzept allerdings noch zugestimmt werden. Diese soll Ende März stattfinden, so Galeria. (mzi)