Wettbewerb „Jugend debattiert“ im Landtag – Göttinger Schülerin war dabei

Das niedersächsische Finale von „Jugend debattiert“ fand im Landtag in Hannover statt. Aus Göttingen war eine Schülerin des Otto-Hahn-Gymnasiums dabei. Gewonnen hat jemand anderes.
Hannover – Ein kleiner Snack ist gut gegen Nervosität. „Wir essen zur Beruhigung erst mal Brezeln“, sagen die beiden Schülerinnen lächelnd. Vor zehn Minuten erst haben Finja und Celin erfahren, dass sie bei der der Frage „Sollen in der Sekundarstufe I die Klassengrößen erhöht werden?“ die vermeintlich leichtere, die Contra-Position übernehmen sollen. Finja ist 15 und geht auf dem Gymnasium Ritterhude in die 10. Klasse; Celin ist 14 und geht in die Neunte des Gymnasiums Lachendorf bei Celle. Als Befürworter hat das Los den 14-jährigen Neuntklässler Martin aus Nordhorn und die 15-jährige Anna aus der 10. Klasse des Otto-Hahn-Gymnasiums in Göttingen auserkoren.
Vier Teilnehmer im Finale - drei Themen werden diskutiert
Die vier haben es in das niedersächsische Landesfinale des Wettbewerbs „Jugend debattiert“ geschafft. Auf drei Themen sollten sich die Teilnehmer vorbereiten – neben den Klassengrößen geht an diesem Dienstag in ihrer Altersgruppe (Jahrgang acht bis zehn) um teure Fußball-TV-Rechte und in der Schlussrunde der vier besten um eine staatliche Förderung von Lebensmitteln auf Insektenbasis. Die Jahrgänge 11 bis 13 diskutieren zunächst über Hybrid-Unterricht und die umstrittene Gasförderung mit Fracking. Im großen Finale geht es dann darum, ob die Bundeswehr in den Schulen Werbung betreiben darf. Die genaue Reihenfolge und die zu vertretene Position erfahren die Schüler immer aber erst kurz vorher.
So sitzen Anna, Martin, Celin und Finja jetzt im Medienraum des Landtages an zwei Zweiertischen vor einer vierköpfigen Jury. „Wir kennen alle das Problem des akuten Lehrermangels“, startet die Göttinger Schülerin ihr zweiminütiges Eingangsstatement. „Das Recht auf lückenlose Bildung können wir so nicht gewährleisten.“ Daher müsse die Vorgabe der Kultusministerkonferenz für die Gymnasien von derzeit 30 auf 35 Schüler pro Klasse erhöht werden – und zwar schon zum nächsten Schuljahr. „Das ist dringend notwendig.“
Aber räumlich gar nicht zu schaffen, kontert Celin. „In unseren Klassenräumen haben wir überhaupt keinen Platz mehr.“ Mehr Schüler bedeuteten zudem mehr Meldungen und mehr Störungen. „Die Qualität des Unterrichts leidet.“ Das Raumproblem könne man schneller als den Lehrermangel lösen, erwidert Martin. Die Bundesbildungsministerin habe ja bereits mehr Geld für eine bessere Ausstattung versprochen. Finja verweist in ihrer Gegenrede darauf, dass Klassen von 32, 33 Schülern längst Realität seien. Noch größer ginge nicht: „Schüler, die Hilfe benötigen würden sonst hinten wegfallen.“ Statt Klassen zu erweitern, müsse man den Lehrerberuf attraktiver machen.
Ein heißer Schlagabtausch zwischen den Schülern
Es folgt ein zwölfminütiger Schlagabtausch, engagiert, aber sachlich und fair. Martin argumentiert, dass bislang die meisten Versuche, den Lehrerberuf attraktiver zu machen, gescheitert seien. Es gehe weniger um die Qualität des Unterrichts, sondern darum, dass er überhaupt stattfinde, meint Anna. „Bei uns ist wochenlang Mathe ausgefallen. Das hätte ich da lieber in einer größeren Klasse gehabt.“ Celin wendet ein, dass mehr Schüler die Bewertung der einzelnen Leistungen erschwerten.
Die Jury aus zwei Deutsch-Lehrerinnen und zwei ehemaligen Wettbewerbsteilnehmern bewertet anschließend hinter verschlossenen Türen die vier Kriterien Sachkenntnis, Gesprächsfähigkeit, Überzeugungskraft und Ausdrucksvermögen. Bis zu 20 Punkte kann es dafür geben; wie viele es werden, verraten die Juroren an dieser Stelle nicht.
Aber sie geben den Kandidaten ein ehrliches Feedback und damit auch wertvolle Tipps für die zweite Runde: Anna, Celin und Finja könnten etwas mehr Ruhe in Stimmen oder Körpersprache bringen; Martin solle mehr Blickkontakt mit seinen Zuhörern suchen. Bei Finja fruchtet es. Die 15-Jährige erreicht das Finale der besten vier und landet auf Platz eins. Sie darf im Juni zum großen Bundesfinale des Wettbewerbs nach Berlin fahren. (Peter Mlodoch)