Varloser zieht junge Falken auf

Hans-Joachim Haberstock aus Varlosen kümmert sich um junge Falken, die aus dem Nest gefallen sind.
Varlosen – Eigentlich war geplant, den jungen Falken früher in die Freiheit zu entlassen, aber ein Gewitter machte dem Plan von Hans-Joachim Haberstock in Varlosen einen Strich durch die Rechnung. Am Mittwoch war es endlich so weit.
Im Nest des eigenen Hauses hatte in diesem Jahr ein Wanderfalkenpaar fünf Eier gelegt und die Küken auch großgezogen. Im Lauf der vergangenen Wochen waren sechs weitere Jungfalken bei Haberstock abgegeben worden, die noch flugunfähig waren. Diese hat er aufgepäppelt und konnte sie nach und nach in das hauseigene Nest bringen, wo die Altvögel sie mitversorgten. „Das funktioniert, denn sie zählen ja nicht durch“, erzählt er lächelnd.
Am Mittwochabend wurde der letzte Jungvogel in die Freiheit entlassen. Dieser war aber offensichtlich gar nicht so erpicht darauf sofort durchzustarten. Als er aus Haberstocks Hand entflogen war, ließ er sich ein paar Meter weiter auf einem Holzstapel nieder und machte erst mal gar keine Anstalten loszufliegen, schaute sich die große weite Welt vorsichtig an. Erst als die älteren Falken am Himmel flogen und lautstark riefen, fasste der junge Greifvogel den Mut und hob ab.
„Die Alttiere werden ihn jetzt noch weiter versorgen, denn es sind auch noch mehrere Jüngere von den ausgewilderten Vögeln da. So kann der Letzte im Schutz des Familienverbandes geschützt lernen, selbst Beute zu schlagen“, sagt Haberstock. Sechs Jungfalken wurden in diesem Jahr bei ihm abgegeben, die fast flügge aus dem Nest gefallen sind. Zwei aus Göttingen, drei aus dem Raum Einbeck und ein Falke war in einem Mündener Garten gefunden worden, wo er keine Anstalten machte wegzufliegen. Gerade Jungvögel, die in Städten zu früh das Nest verlassen, verlieren schnell durch den dort herrschenden Geräuschpegel den Kontakt zu den Altvögeln, da ihre Rufe nicht mehr klar zu orten sind. Oder sie werden vom Verkehr, Fahrradfahrern, Menschen oder Hunden wiederholt aufgescheucht und entfernen sich dadurch vom Nest.
Einige Turmfalken, die in den umliegenden Ortschaften gefunden worden sind, konnten erfolgreich wieder in ihr eigenes Nest gesetzt werden. „Die Unsicherheit, ob Jungvögel überhaupt angefasst werden dürfen, besteht zu Unrecht. Es sollte immer versucht werden, das Tier in das Nest zurückzubringen“, erklärt Haberstock. Wichtig sei nur, dies zum eigenen Schutz mit Handschuhen zu tun. Selbst wenn es nicht möglich ist, das Tier in den eigenen Horst zu bringen, funktioniert es genauso, wenn man weiß, wo ein weiteres Paar brütet, welches Küken im ähnlichen Entwicklungsstadium hat.
„Seit im Frühjahr die Vogelpflegestation vom Nabu-Göttingen nach 20 Jahren geschlossen worden ist, stehen wir vor dem Dilemma, dass die Leute bei uns anrufen und teilweise ungehalten werden, wenn sie die Tiere vielleicht selbst bringen sollen“, erzählt Haberstock. Viele vergessen, dass er seine Tierpflege zu 100 Prozent aus Überzeugung aber auch zu 100 Prozent aus eigener Tasche finanziert. Da werden Anrufer auch schon mal unangenehm, wenn sie verlangen, dass Haberstock 100 Kilometer fahren soll, um Tiere abzuholen. Er wünscht sich, dass auch die Finder Unterstützung für die Pflege der Tiere anbieten. „Für den Landkreis Göttingen sollte schnellstmöglich eine Lösung zur Versorgung von aufgefundenen Vögeln gefunden werden“, sagt Haberstock. (Margitta Hild)