Hann. Münden. Übersät mit flauschig weißen Blüten präsentiert sich der Baum des Jahres: die Esskastanie, Castanea sativa, auch Edelkastanie oder Marone genannt.
Das Poster hat wieder Hans-Jürgen Arndt, Forstingenieur an der Nordwestdeutschen Forstlichen Versuchsanstalt in Hann. Münden, gestaltet.
Den imposanten Baum dafür entdeckte Arndt in Blankenburg im Harz. Das auf dem Poster kleiner abgebildete, herbstlich gefärbte Exemplar wächst in der Aue in Kassel.
Detailfotos von Blüten, Blättern und Früchten zieren die Rückseite des Posters, gespickt mit Wissenswertem über die vielseitige Pflanze: Die Esskastanie bietet mit ihren Früchten nicht nur ein Lebensmittel für Menschen (So werden Maronen im Backofen zubereitet), sondern mit den Blüten auch reichlich Nahrung für Insekten. Dabei blüht sie spät, erst Anfang Juni. Nur in diesem heißen Jahr war sie zwei Wochen früher dran.
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Ihr Holz sei sehr hochwertig und im Freien sogar noch beständiger als Eiche, beschreibt es Arndt. Anders als in anderen europäischen Ländern werde es hier allerdings nur selten verwendet.
Um das Holz fotografieren zu können, musste er denn auch eine Weile suchen: Erst bei einer Firma in Kassel, die Sägefurniere herstellt, wurde er fündig und durfte die fein gezeichnete Maserung ablichten. Lange habe man geglaubt, der Baum stamme aus den Bergwäldern des östlichen Mittelmeeres und des Schwarzen Meeres, inzwischen wisse man aber, dass er auch in Italien, Südfrankreich und Nordspanien die jüngste Eiszeit überdauert habe. Die Menschen in der Jungsteinzeit in Italien aßen vor 6000 Jahren die Kastanien, in Griechenland und Bulgarien habe man den Baum schon vor 4000 Jahren gezielt angebaut und kultiviert.
Die größten deutschen Esskastanien stehen kurioserweise nicht in Süddeutschland, sondern an der Weser: im Stadtwald von Hameln. Sie sind über 30 Meter hoch. Die Durchschnittsgröße liegt bei 20 bis 25 Metern. Die dicken Maronen, die man geröstet auf dem Weihnachtsmarkt bekommt, seien allerdings in der Regel importiert. Die hier wachsenden Früchtchen seien deutlich kleiner, aber nicht weniger schmackhaft.
Vom Brotbaum der Jungsteinzeit mausert sich die Esskastanie zum Brotbaum der Gegenwart: Vor- oder Hauptspeise, selbst das Dessert lässt sich aus den Früchten zubereiten. Sogar glutenfreies Brot könne man daraus backen, sagt Arndt und empfiehlt das Kochbuch von Franz Schmidt („Die keusche Frucht. Kastaniengeschichten und Kastanienrezepte“, höma-Verlag). Für so manchen Allergiker könne die heimische Marone kulinarische Alternativen bieten.
Wer sich eine Esskastanie in den Garten pflanzen will, muss darauf achten, was für eine er erwischt: Es gebe selbstbefruchtende Züchtungen, ansonsten braucht man mindestens zwei Bäume, damit nachher auch Früchte daran wachsen.
Die Ernte geht nur mit dicken Handschuhen: Die Stacheln der Hülle sind ganz schön spitz. Wer wissen will, wie sich das anfühlt: In Hann. Münden stehen zwei Esskastanien in den Wallanlagen in der Nähe des Spielplatzes.
Das Poster gibt es gegen eine geringe Schutzgebühr bei der NW-FVA, Prof.-Oelkers-Straße 6, Hann. Münden, Tel.: 05541/7004-0.
Die Esskastanie - bescheiden, dick und alt
Die Esskastanie braucht eine Jahresdurchschnittstemperatur von acht bis 15 Grad Celsius und wird nicht gern ganz trocken. Sie bildet lange Pfahlwurzeln aus und begnügt sich mit wenig Nährstoffen. Saurer Boden ist für sie kein Problem, sie gedeiht aber nicht auf Kalkstein. Sie kann über 1000 Jahre alt werden und entwickelt dabei einen dicken Stamm: Deutschlands dickste Esskastanie habe einen Stammumfang von 9,70 Metern und stehe im Karlsruher Schlossgarten, informiert die Dr. Silvius Wodarz-Stiftung, die den Baum des Jahres kürt.
Mit der Rosskastanie, deren dicke Samen sich im Herbst so schön zum Basteln eignen, hat die Esskastanie übrigens gar nichts zu tun: Die beiden sind noch nicht einmal botanisch miteinander verwandt. Die braune Frucht in der stacheligen Kapsel sieht bei beiden Bäumen zwar ähnlich aus, sie sind aber sonst grundverschieden. Die Esskastanie gehört in die Familie der Buchengewächse.