Escherode: Aus Teppich wird Kunst im Arboretum

Parallel zur documenta in Kassel: Ein Ausstellungsprojekt im Arboretum in Escherode (Gemeinde Staufenberg). Susanne Kirchner stellt Silhouetten aus, hergestellt aus recyceltem Material. Es geht um Vergänglichkeit und Schicksale.
Escherode – Natur und Mensch – innen und außen, ich und die anderen – mit diesen Gegensätzen beschäftigt sich die Kunstausstellung „Innenschau“ von Susanne Kirchner.
Wer in letzter Zeit einen Spaziergang durch das Arboretum Habichtsborn in Escherode gemacht hat, hat sie gesehen. Zwischen den natürlich-grünen Bäumen ragen abseits des Weges grell-bunte Figuren hervor. Es sind die Umrisse von Menschen, die der Künstlerin nahestehen. In ihrem Projekt verarbeitet sie Themen wie Flucht, Klimawandel und Jugend. Dabei spielt der Wald als Umgebung eine bedeutende Rolle.
Staufenberg: Ausstellung in Escherode
„Ich hoffe, ich kann den ein oder anderen hiermit berühren und zeigen, was mich an diesem Wald so beeindruckt“, sagt Kirchner, während sie ihr Werk betrachtet. Schon 14 Jahre lebt sie mit ihrer Familie in den Gastwerken und geht regelmäßig auf dem Arboretum-Gelände spazieren. Seit Anfang des Jahres ist sie die Vorsitzende des Arboretum-Vereins. Sie kennt jeden Pfad und hat jede Veränderung der Waldlandschaft beobachtet. Als sie Hunderte Quadratmeter Teppichmaterial aus dem Messebau vor dem Wegwerfen rettete, wusste sie, dass ihr Projekt in ihrem „Hauswald“ ausgestellt werden müsse, so die gelernte Ergotherapeutin.

Die bunten Upcycling-Objekte sind quer über das Arboretum verteilt und laden so dazu ein, auf dem Rundweg nicht nur die Kunst, sondern auch die Natur wahrzunehmen. Der Künstlerin ginge es vor allem darum, den Menschen als Teil der Natur zu begreifen. Dafür arbeitet sie bewusst mit unterschiedlichen Farben. Grüne Figuren verschmelzen mit der Umgebung und werden fast unsichtbar, die eingezäunte Silhouette eines geflüchteten Vaters mit seiner Tochter hingegen erscheint in der Signalfarbe Rot. Einige der Objekte sind von zwei Seiten aus zu betrachten. Dadurch entsteht ein Spiel mit den unterschiedlichen Bedeutungen. Grenzen bedeuten Freiheit und Unfreiheit zugleich. Menschen leben in Gruppen und sind trotzdem auf sich allein gestellt. Nach außen entfernt sich der Mensch zunehmend von der Natur, im Inneren bleibt er natürlich. „Was mich bewegt, ist das Natur-Sein und Mensch-Sein“, bemerkt die 40-Jährige, die auch den Seminarbetrieb der Gastwerke-Akademie koordiniert.
Kunst soll die Auseinandersetzung mit dem eigenen Sein anregen

Anregen soll das Kunstwerk außerdem zu einer Auseinandersetzung mit einem selbst. Inspiriert von Figuren, die, je nach der Perspektive, entweder mit ihrer gleichfarbigen Hülle verschmelzen oder aus ihr heraustreten, sollen die Besuchenden „nach innen schauen“. Ganz gemäß dem Titel des Projekts. Für die Kunstschaffende eigne sich der Wald auch deshalb als Ort für eine Kunstausstellung, da die Lichtverhältnisse die Werke immer in einem anderen Licht erscheinen lassen. Eindrucksvoll sei das Licht- und Schattenspiel besonders morgens und abends, wenn die Sonnenstrahlen schräg durch die Baumwipfel leuchten. Parallel zu der Ausstellung in Escherode ist auch auf der Kasseler Ausstellung „Licht Wege“ auf den Weinbergterrassen eine Installation Kirchners zu sehen. Noch bis Ende September können die Objekte auf einem Spaziergang durch das Arboretum Habichtsborn betrachtet werden.
Bis dahin soll sich die Ausstellung noch verändern. Einige Figuren könnten hinzukommen und einige wegfallen, wie die Künstlerin verrät. Im Wald stattfinden soll am 28. August auch eine Lesung von Heike Pourian aus ihrem Buch „Wenn wir wieder wahrnehmen“. (Adriana Strehl)