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Vorwurf: Lohn für geleistete Arbeit nicht komplett ausgezahlt

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Von: Amir Selim

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Hier soll es nicht mit rechten Dingen zugegangen sein: Ein Blick in das DHL Paketzentrum in Staufenberg, in dem die Zeitarbeitsfirma Workings ihre Mitarbeiter um Lohn betrogen haben soll.
Hier soll es nicht mit rechten Dingen zugegangen sein: Ein Blick in das DHL Paketzentrum in Staufenberg, in dem die Zeitarbeitsfirma Workings ihre Mitarbeiter um Lohn betrogen haben soll. (Symbolbild) © Privat

Abdi Ismail ist im Rechtsstreit mit einer Ex-Zeitarbeitsfirma von DHL Staufenberg. Der Vorwurf: Die Firma soll Lohn einbehalten haben. Dazu kommt es jetzt zum Prozess.

Staufenberg/Witzenhausen – Rotbusch-Tee mit Hafermilch -– das serviert Abdi Fatah Mohamed Ismail seinen Gästen im Witzenhäuser Stadtteil Unterrieden. Doch nicht nur Zuhause zeigt sich der Somalier sozial: Der ehemalige Mitarbeiter im DHL-Paketzentrum in Staufenberg bei Hann. Münden kämpft derzeit um Lohn, der ihm und weiteren Mitarbeitern von der Zeitarbeitsfirma Workings vorenthalten werde. Diese ist nicht mehr im Zentrum tätig.

Vorwurf: lohn von mehreren Arbeitern einbehalten

„Sie haben uns ausgenutzt“, sagt der 27-Jährige. Über 100 000 Euro Lohn seien insgesamt bei 24 Mitarbeitern nicht ausgezahlt worden. Sie werfen ihrem ehemaligen Arbeitgeber gleich mehrere Dinge vor: Der Lohn sei nicht vollständig, Urlaubsgeld gar nicht bezahlt worden. Die Arbeitszeiten seien nicht offiziell erfasst worden. Bei Beschwerden sei mit Kündigung gedroht worden, heißt es in einer Mitteilung der Mitarbeiter. Das habe Wirkung gezeigt: „Manche hatten Angst, sich krank zu melden“, erklärt Ismail. Ohne Arbeitsplatz stehe zum Beispiel der Aufenthaltstitel auf dem Spiel. Ein Risiko, dass sich nicht jeder leisten kann.

Das macht er gerne: Abdi Fatah Mohamed Ismail beim Gärtnern hinter seiner Wohngemeinschaft in Witzenhausen-Unterrieden.
Das macht er gerne: Abdi Fatah Mohamed Ismail beim Gärtnern hinter seiner Wohngemeinschaft in Witzenhausen-Unterrieden. © Amir Selim

Eine weitere perfide Vermutung: „Workings stellt bewusst afrikanische Arbeiter in der Annahme ein, dass hier die Organisierung unter den Arbeitern gering gehalten werden kann“, schreiben die Mitarbeiter.

Anders sei die Erfahrung mit syrischen Mitarbeitern gewesen. Die Geflüchteten hatten durch ihren Status gesetzliche Betreuer, die sich gegen Workings einsetzten.

Firma nicht mehr für DHL in Staufenberg tätig

Ismail ließ sich das jedoch nicht gefallen: „Ich habe angefangen, mir die Arbeitszeiten zu notieren“, sagt er. Anschließend habe er diese Notizen vom Schichtleiter bestätigen lassen. Geholfen hat es ihm aber auch nicht: Noch mindestens 6410 Euro Lohn fordert er von Workings. Letztlich habe ihm sein Engagement gegen seinen ehemaligen Arbeitgeber seinen Job gekostet.

Zuletzt hätte es am 19.04.2023 eine Güteverhandlung am Arbeitsgericht in Göttingen geben sollen. Doch der Anwalt von Workings erschien nicht. „Das bestärkt unseren Eindruck, dass Workings den Konflikt verschleppen will“, sagt Fabio Hartmann von der Gewerkschaft Freie Arbeiter*innen-Union Göttingen (FAU). Diese unterstützen die ehemaligen Mitarbeiter. Bereits im März sei ein Termin vertagt worden. Nun soll am 07.06.2023 verhandelt werden.

Von Workings war bis Redaktionsschluss keine Aussage zu vernehmen. Thomas Kutsch, Pressesprecher der DHL, sagte auf Anfrage: „Zu laufenden Verfahren äußern wir uns prinzipiell nicht – erst nach Abschluss eines Verfahrens.“

„Abdi kann Ungerechtigkeiten nicht aushalten“, sagt seine Mitbewohnerin Freya, die den Kontakt zur Gewerkschaft herstellte. „Er ist da feinfühlig. Einfach ein sozialer Typ.“ Die beiden wohnen seit 2017 mit Unterbrechung zusammen in einer Wohngemeinschaft mit weiteren Menschen.

Mit 18 Jahren nach Deutschland gekommen

Mit 18 Jahren kam der Somalier 2014 nach Deutschland. Neun Monate habe die Odyssee gedauert. Dass er diese überlebte, sei schlichtweg Glück gewesen: „An der libyschen Küste wollte ich mit Freunden auf ein Schlepperboot. Da war aber kein Platz mehr. Also fuhr ich mit einem anderen Boot. Später habe ich erfahren, dass das Boot mit meinen Freunden gesunken ist.“

Es sind diese Erlebnisse, die Ismail eines sagen lassen: „Ich fühle mich in Witzenhausen zuhause.“ Wenn er die Zeit hat, kümmert er sich um die Pflanzen im Garten, fährt Fahrrad oder spielt mit „Katzi“, dem WG-Haustier.

Der 27-Jährige macht derzeit einen Deutschkurs auf dem Sprachniveau B1. Anschließend würde er gerne eine Ausbildung im Sicherheitsbereich machen. Damit könnte er etwa in Gemeinschaftsunterkünften von Geflüchteten arbeiten. So könnte er seinen Traum leben: „Ich möchte Menschen helfen.“ (Amir Selim)

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