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Ex-Parkwächter: Radfahrer sind nicht das Problem in der Karlsaue

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Von: Matthias Lohr

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Der ehemalige Parkwächter Gerhard Rudolph zeigt auf einer Karte mögliche Routen.
Vorschläge für Radwege in der Karlsaue: Der ehemalige Parkwächter Gerhard Rudolph zeigt auf einer Karte mögliche Routen. © Matthias Lohr

Seit Wochen wird über das Radfahrverbot in der Kasseler Karlsaue gestritten. Ein ehemaliger Parkwächter sagt, es gebe gar keine Probleme. Er hat auch eine Lösung für das Problem.

Kassel – Es gibt wenige Menschen in Kassel, die so viele Radfahrer in der Kasseler Karlsaue gesehen haben wie Gerhard Rudolph. Der 83-Jährige ist selbst einer und war von 1985 bis 1991 Parkaufseher für den Vorgänger der Museumslandschaft Hessen Kassel (MHK). Rudolph hat sich bei der HNA gemeldet, weil seit Wochen über das Radfahrverbot in der Aue diskutiert wird und er gern erzählen würde, wie es früher war und was man daraus für die Zukunft lernen könnte.

Im Netz liest man immer wieder Kommentare von Kasselern, die erstaunt sind, weil sie nicht wussten, dass man in dem großen innerstädtischen Park nicht radeln darf. Das überrascht, weil das Thema seit Jahren immer wieder zum Aufreger wird. In diesen Wochen beschäftigt es viele Menschen, weil MHK und Stadt eineinhalb Jahre lang eine Lösung für eine Querung suchten und dann das Scheitern der Gespräche verkündeten. Erst nachdem ein Sprecher des hessischen Ministeriums für Wissenschaft und Kunst in der HNA erklärte, in Wiesbaden sei man zuversichtlich, eine Lösung zu finden, hieß es, dass die Gespräche doch weitergehen.

Gerhard Rudolph versteht das alles nicht. Er sagt: „Das mit dem Radfahren hat immer funktioniert. Auch heute geht es manierlich zu.“ Früher hatten er und seine Kollegen eine Ausnahmegenehmigung, um mit dem Rad legal durch den Park zu fahren und überall nach dem Rechten zu sehen.

Heute beschweren sich bei der MHK immer mehr Fußgänger über rasende Rad-Rowdies. Wegen der E-Bikes habe das Problem zugenommen, heißt es. Rudolph glaubt das nicht: „Raser hat es zu meiner Zeit genauso gegeben wie heute.“ Als Aufseher hat er sie zur Ordnung gerufen. Die anderen wurden geduldet: „Wenn langsam gefahren wurde, haben wir nichts gesagt.“ So solle man es auch heute handhaben.

1991 wurden die Parkaufseher abgeschafft. Rudolph sagt: „Schreiben Sie bitte, dass man uns wegrationalisiert hat.“ Man merkt, dass die Karlsaue für den in Niederzwehren aufgewachsenen Mann eine Herzensangelegenheit ist. Als Parkaufseher hat er mit seiner Frau in dem gelben Haus am Parkeingang an der Heinrich-Heine-Straße gelebt. Dort am Tor erzählt er nun von seinem Leben. Gleich mehrmals begrüßt er Spaziergänger. Ein Mann freut sich, ihn zu sehen, und witzelt: „Er hat mich damals zweimal verhaftet, weil ich ohne Leseschein Holz aufgesammelt habe.“

Fragt man Rudolph, was damals das größte Problem in der Karlsaue gewesen sein, sagt er: Männer, die Frauen belästigt haben. Dreimal musste er wegen Exhibitionisten als Zeuge vor Gericht aussagen. Nach dem Ende als Parkaufseher war Rudolph noch bis 1999 als Gartenpfleger in der Karlsaue tätig. Es versteht sich von selbst, dass der Park sein Lieblingsplatz in Kassel ist.

Vor Jahrzehnten stürzte er schwer, als er mit dem Rad den Weinberg hinunterfuhr. Als Spätfolge wurde er auf einem Auge blind. Trotzdem pfiff er jahrelang als Schiedsrichter Handballspiele bis zur Oberliga. Niemand habe bemerkt, dass er auf einem Auge kaum etwas sah.

Heute hat er den Durchblick. Auf einer Karte hat er mögliche Radwege in der Karlsaue aufgezeichnet. Mit seinen Vorschlägen könnte man in alle Richtungen gut vorankommen. MHK und Stadt suchen nur nach einer Querung.

Rudolph würde den beiden Parteien gern einige Tipps geben. Er kennt die Probleme der Radfahrer mit Spaziergängern: „Wenn ich klingel, ist es verkehrt, und wenn ich nicht klingel, ist es auch verkehrt.“

Zudem hat er festgestellt: „Die, die früher mit dem Rad gefahren sind, sind heute die größten Schreihälse gegen das Radfahren.“ (Matthias Lohr)

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