Gründe für die Veränderung liegen in einer schwierigeren wirtschaftlichen Situation, die auch die Veranstaltungsbranche vor immer neue Herausforderungen stellt. So war in den vergangenen zwei Spielzeiten der Spielbetrieb von den Corona-Auflagen stark eingeschränkt, vor allem im vergangenen Jahr war ein deutlicher Zuschauerrückgang zu verzeichnen. Durch die Auswirkungen des Angriffskrieges auf die Ukraine hat die Branche ebenfalls mit den Folgen der Preissteigerung bei Personal-, Hotel- und Reisekosten sowie gestiegenen Energiekosten zu kämpfen.
„Ein Aus für das Kulturzelt kam für uns nicht in Frage“, sagt Matthias Jakob von Zeltkultur. Und so sei das „Back to the roots“, die Rückkehr ins Zelt und die Verkürzung der Spielzeit eine Möglichkeit, der Teuerungsrate entgegenzuwirken. Der Aufbau der temporären Konzerthalle benötigt sechs, der Abbau vier Wochen. „Das frisst Geld und Ressourcen und liegt unter den gegebenen Umständen weit außerhalb der Wirtschaftlichkeit“, so die Veranstalter. Der Aufbau des Zeltes benötigt fünf bis sechs Tage.
Seit dem Betreiberwechsel 2019 fördert die Stadt das Kulturzelt mit 70 000 Euro jährlich, „das wird auch in diesem Jahr so sein“, versichert Kulturdezernentin Susanne Völker. Darüber hinaus habe die Stadt ein Schallschutzgutachten finanziert, was im Interesse der Betreiber liegt, da sie auch weiterhin das Kulturzelt zu einem vielfältigen kulturellen Ort mit hochwertigen Künstlern machen wollen, wie es seit 1987 Tradition ist.
Welche Künstlerinnen und welcher Künstler im Kulturzelt auf der Bühne stehen werden, darüber bewahren die Veranstalter noch Stillschweigen. Das Programm wird Ende März/Anfang April bekannt gegeben, dann beginnt auch der Vorverkauf. Nur so viel wurde verraten: Es wird wieder ein buntes Programm mit einer vielfältigen Mischung der Musik-Genres. Fans von Calexico wissen bereits, dass die US-Band am 25. Juni in Kassel im Kulturzelt zu Gast ist.
Seitdem das Team von Zeltkultur das traditionsreiche Sommer-Festival an der Drahtbrücke übernommen hat, war keine Saison wie die andere. Aus dem Stand haben Lutz Reimer, Matthias Jakob, Jürgen Truß und Bernhard Weiß den Betrieb des Kulturzeltes 2019 übernommen. Damals waren die Betreiber Angelika Umbach und Lutz Engelhardt kurzfristig nach über 30 Jahren abgesprungen.
2020 blieb der zehn Jahre zuvor für 500 000 Euro angeschaffte mobile Konzertbau aus bekannten Gründen im Lager und wurde auch 2021 nicht aufgebaut – eine Kulturzelt-Saison gab es trotzdem auf der benachbarten Hessenkampfbahn im Freien.
Erst im vergangenen Jahr wurde die mobile Konzertmuschel wieder aufgebaut, und eine Spielzeit über neuneinhalb Wochen begleitete die documenta fifteen. Doch ein Besucherrückgang von mindestens 30 bis 40 Prozent macht die Planung schwierig und stellt die Veranstalter vor wirtschaftliche Herausforderungen.
Nun also wieder „Back to the roots – Zurück zu den Wurzeln“. Bis 2009 hatte sich das Kulturzelt im Zelt zu einer festen Größe der kulturellen Landschaft in Kassel etabliert und wurde erst 2010 durch die mobile Konzertmuschel ersetzt. Auf- und Abbau binden enorme Ressourcen, so dass die Betreiber wieder in das Zelt zurückkehren, das bestuhlt Platz für 500 und unbestuhlt für 700 Personen bietet. (Kirsten Ammermüller)