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Kasseler Gastronom stirbt bei Erdbeben in der Türkei

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Von: Bastian Ludwig

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Ben Dost eröffnete in Kassel mehrere Cafés. Im Jahr 2021 kehrte er in die Türkei zurück. Im Februar kam er bei dem verheerenden Beben in der Türkei ums Leben.

Kassel/Kirikhan – Bei dem verheerenden Erdbeben in der Türkei und Syrien am 6. Februar mit über 42.000 Toten ist nach offiziellen Angaben kein Kasseler gestorben. Aber das ist nur die halbe Wahrheit. Denn mit Mustafa Tekin Dost – genannt Ben Dost – ist ein Mensch in den Trümmern ums Leben gekommen, der in Kassel aufwuchs, jahrelange hier lebte und Spuren hinterlassen hat.

Das Waffel-Café „Moon“ an der Friedrich-Ebert-Straße und das Café „Ben’z“ an der Wolfsschlucht sind nur zwei seiner Unternehmungen. Weil der 53-Jährige zuletzt aber nicht mehr in Kassel gemeldet war und hier auch nicht geboren wurde, taucht er als Kasseler Opfer in der Statistik nicht auf.

In Kassel: Dost 2019 vor dem geplanten Café „Ben’z“ an der Wolfsschlucht/ Theaterstraße. Archivfoto: Christian Hedler
Ben Dost 2019 vor dem geplanten Café „Ben’z“ an der Wolfsschlucht/Theaterstraße in Kassel. © Christian Hedler (Archivfoto)

Dafür gibt es Verwandte, Freunde und Wegbegleiter in Kassel, die sich an den umtriebigen Gastronomen erinnern. Zu denen zählen sein Neffe Momo Yolcu und sein ehemaliger Geschäftspartner Sebastian Jirsa. Yolcu hatte seinen Onkel zuletzt vergangenen Sommer im türkischen Stadtbezirk Kirikhan in der Provinz Hatay besucht, der nun besonders stark vom Erdbeben betroffen war. „Mein Onkel lebte seit 2021 in der Türkei. Er ist mit seiner Mutter dorthin gezogen“, erzählt Yolcu, dessen Mutter die Schwester des Toten ist.

Bekannter Kasseler stirbt bei Erdbeben in der Türkei

Bevor es Dost in sein Geburtsland gezogen hatte, verbrachte er den größten Teil seines Lebens in Kassel. Er war mit drei Jahren hierher gekommen. „Sein Vater hatte einen Job im VW-Werk in Baunatal. Es war die erste Einwanderergeneration“, sagt Yolcu. Schon Dosts Vater habe irgendwann den Job bei VW gegen ein türkisches Café an der Gießbergstraße getauscht, erzählt der Neffe. Die Leidenschaft für die Gastronomie sei eine der Gemeinsamkeiten von Vater und Sohn gewesen.

Doch nach der Schule machte Ben Dost erst mal eine Ausbildung zum Maler und Lackierer. „Er war ein unruhiger Mensch mit viel Elan und Energie. Er hatte ständig neue Ideen, aber hat nie etwas lange gemacht“, erzählt sein Neffe. Zeitweise lebte Dost in Stuttgart, wo er als Barkeeper arbeitete. Mitte der 90er-Jahre bekam er mit seiner damaligen Frau, die aus der Schweiz stammt, eine Tochter. Viele Jahre wohnte die Familie in Ascona und Lugano in der Schweiz, wo Dost als Maler arbeitete.

Gastronom aus Kassel: 2018 eröffnete er das „Moon“

2016 kam Ben Dost zurück nach Kassel – da war er von der Mutter seiner Tochter bereits getrennt. Ein Jahr später stand er bei Sebastian Jirsa am Geschäft, der gerade seinen Handyladen am Ständeplatz ausräumte. „Er wollte den Laden mieten und einen Waffel-Laden eröffnen“, erzählt Jirsa. Weil dieser selbst über ein Café nachgedacht hatte, holte er Dost spontan als Teilhaber ins Boot. „Er hat mir Mut gemacht, nachdem mein vorheriges Geschäft gescheitert war. Ben war ein Stehaufmännchen“, sagt Jirsa. Er sei ein Maskottchen für das Café gewesen: Fast immer gut gelaunt und mit einem Talent dafür, andere für sich zu gewinnen. Wenn jemand nicht seiner Meinung war, bekam dieser zu hören: „Hör ma uff zu singen!“

Vor dem Café in der Türkei: Ben Dost mit seinen Neffen Cafer Dost (Mitte) und Momo Yolcu (rechts).
Vor dem Café in der Türkei: Ben Dost mit seinen Neffen Cafer Dost (Mitte) und Momo Yolcu (rechts). © privat

2018 wurde das „Moon“ eröffnet, 2019 ging Dost mit seiner damaligen Partnerin und dem „Ben’z“ eigene Wege. Nach einem halben Jahr war auch dort Schluss. Nachdem weitere Gastro-Pläne scheiterten, zog Dost in die Türkei. Als Türke musste er dort zunächst Militärdienst leisten – auf Zypern. Dann machte er da weiter, wo er in Kassel aufgehört hatte: „Er eröffnete in Hatay ein Waffel-Café“. Dort hat ihn sein Neffe im August 2021 zuletzt lebend gesehen.

Als die Nachrichten vom Beben Deutschland erreichten, reisten die Eltern von Momo Yolcu nach Hatay. „Dort identifizierten sie die Leiche meines Onkels. Mit ihm starb auch seine Mutter in der eingestürzten Wohnung.“ Er sei nun neben seinen Eltern in der Türkei begraben. (Bastian Ludwig)

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