1. Startseite
  2. Lokales
  3. hnanews

Sanierungsstau von 321 Millionen Euro: Könnte Schulbau in Kassel schneller gehen?

Erstellt:

Von: Bastian Ludwig

Kommentare

Der Investitionsstau an den 60 Kasseler Schulen ist riesig. Nach Berechnungen der Stadt lag er zuletzt bei 321 Millionen Euro. Könnte der Schulbau schneller gehen?

Kassel - Die Stadt Kassel hatte vor vier Jahren eine Schulbauoffensive gestartet. In einem ersten Schritt sollen sieben Schulen von der städtischen Projektentwicklungsgesellschaft GWGpro erneuert werden. Zudem sind an fast 20 Schulen Erweiterungs- und Sanierungsarbeiten in Planung oder bereits in Umsetzung. Bis die Schulen in der Breite modernisiert sind, ist es aber noch ein langer Weg.

Um beim Schulbau schneller voranzukommen, könnte das Generalübernehmerverfahren eine Option sein, bei dem ein Unternehmen mit der Abwicklung des gesamten Bauprojektes beauftragt wird. Andere Kommunen in Deutschland haben damit gute Erfahrungen gemacht. Dazu zählen etwa die Stadt Iserlohn und die Kreise Celle und Cuxhaven. Sie haben mit der auch in Kassel ansässigen Firma Goldbeck – einer von vielen Generalübernehmern – neue Schulen gebaut oder den Gebäudebestand ergänzt. Auf HNA-Anfrage äußerten sich die Kommunen positiv zu Ablauf und Ergebnis. Sie loben den verlässlichen Zeit- und Kostenplan, für den der Generalübernehmer haftet.

Bislang wurden in Kassel Schulen meist auf dem klassischen Weg gebaut

Auch bei der GWGpro gibt es Überlegungen, die von ihr geplanten Schulbauten auch mittels Generalübernehmern umzusetzen. Dies werde im Einzelfall entschieden. Bei der Kita Nordshausen habe man damit gute Erfahrungen gemacht, so ein Sprecher.

Wurde von einem Generalübernehmer gebaut: Die Sporthalle und Mensa des Wilhelmsgymnasium wurde 2010 fertiggestellt. Bis heute ist die Schulleitung mit dem Gebäude zufrieden.
Wurde von einem Generalübernehmer gebaut: Die Sporthalle und Mensa des Wilhelmsgymnasium wurde 2010 fertiggestellt. Bis heute ist die Schulleitung mit dem Gebäude zufrieden. © Bastian Ludwig

Im Schulbau kamen Generalübernehmer zuletzt nur bei einigen Schulerweiterungen in Modulbauweise zum Einsatz. Jüngste Beispiele sind die Pestalozzischule sowie die Grundschulen Eichwäldchen und Kirchditmold. Zudem wurde 2010 die Sporthalle und Mensa des Wilhelmsgymnasiums durch einen Generalübernehmer gebaut. Schulleiter Uwe Petersen ist bis heute zufrieden mit dem Ergebnis. Das Gebäude erfülle nach wie vor alle Anforderungen der Schule.

Bislang wurden in Kassel Schulen meist auf dem klassischen Weg gebaut. Dabei werden die Bauleistungen an die jeweiligen Gewerke einzeln vergeben. Die Koordination ist zeitaufwendig. Wegen des meist hohen Investitionsvolumens ist aber in beiden Fällen eine europaweite Ausschreibung erforderlich.

Stadtbaurat Christof Nolda (Grüne) stellt klar, dass die gesetzlichen Vorgaben für das Vergabeverfahren der Kommunen die Vergabe in einzelnen Gewerken vorsehen. Wer im Generalübernehmerverfahren bauen wolle, müsse dies wirtschaftlich oder technisch begründen.

Schulbau in Kassel: „Es ist nicht das eine oder andere richtig“

Nolda hält das Generalübernehmerverfahren ohnehin nicht grundsätzlich für eine bessere Lösung. „Es ist nicht das eine oder andere richtig. Generalübernehmer sind nicht generell schneller und günstiger“, so der Stadtbaurat. Je komplexer ein Projekt sei, desto weniger geeignet sei die Abwicklung durch einen Generalübernehmer. Bei klar umrissenen Bauprojekten sei deren Beauftragung schon sinnvoller.

Martin Hellmann, stellvertretender Leiter des Hochbauamtes, hält die Frage des Vergabeverfahrens für kaum entscheidend für das Tempo von Schulbauten. „Wichtiger ist die fehlende auf Dauer angelegte Förderung durch Land und Bund. Die Stadt hat mehr Immobilienvermögen, als sie mit regulären Mitteln unterhalten kann. Auch die Personalengpässe spielen eine Rolle“, so Hellmann.

„Wir haben so viele Bauprojekte auf der Raufe, wie noch nie. Wir haben Ziele hinsichtlich Qualität, Dauer und Kosten und entscheiden je nach Projekt, welches Verfahren das Beste ist“, sagt Nolda. Ein solches Investitionsprogramm für Kassels Schulen, wie es aktuell laufe, habe es noch nie gegeben.

Schulen in Kassel: Das sagt der Generalübernehmer

Kai-Oliver Becker, Niederlassungsleiter der Firma Goldbeck in Kassel, wirbt für das Generalübernehmerverfahren: „Der Vorteil ist, dass der Kunde alles aus einer Hand bekommt: Planen, Bauen und wenn gewünscht auch den Betrieb der Immobilie. Wir beschäftigen Architekten, Statiker, Energieberater, Gebäudetechniker und weitere Fachleute. So erfüllen wir die Leistungen zu verlässlichen Preisen und innerhalb eines festgelegten Zeitplans.“ Die Systembauweise mit vorgefertigten Betonteilen beschleunige den Bauprozess enorm. „Im Schnitt benötigen wir 18 Monate für den Bau einer Schule. Bei der Einzelvergabe der Bauleistungen dauert es häufig deutlich länger.“ Goldbeck baut im Jahr deutschlandweit 20 bis 30 Schulen. In Kassel hat das Unternehmen die Sporthalle des WG realisiert. (Bastian Ludwig)

Im nächsten Schuljahr können Schüler der Albert-Schweitzer-Schule und des Friedrichsgymnasiums ersatzweise Klassenräume in der Alten Hauptpost in Kassel beziehen.

Auch interessant

Kommentare