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Stadt will Hausbäume an Grundstückseigentümer verschenken

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Von: Matthias Lohr

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Gefragt sind klimaresistente Bäume: Ab nächstem Jahr sollen sich Grundstückseigentümer Bäume auswählen können. Unser Bild zeigt eine Pflanzaktion im Berliner Kleingartenpark Britz.
Gefragt sind klimaresistente Bäume: Ab nächstem Jahr sollen sich Grundstückseigentümer Bäume auswählen können. Unser Bild zeigt eine Pflanzaktion im Berliner Kleingartenpark Britz. © Fabian Sommer/dpa

In Kassel sollen bald 100.000 Bäume stehen. Um das Ziel zu erreichen, will die Stadt Hausbäume an Grundstückseigentümer verschenken. Vorbild ist ein erfolgreiches Projekt in Saarlouis.

Kassel – Obwohl die Bäume auch in Saarlouis nicht in den Himmel wachsen, bekommt Andreas Ney gerade jeden Tag Anfragen. Der Umweltschutzbeauftragte der saarländischen Kleinstadt an der Grenze zu Frankreich muss immer wieder die Frage beantworten, warum seine Kommune Hausbäume verschenkt. Gerade hat Ney einen Text über das ungewöhnliche Projekt in einer Fachzeitschrift für Bürgermeister und Kommunalpolitiker veröffentlicht. Nun wollen noch mehr Kommunen Saarlouis zum Vorbild nehmen – bald auch Kassel.

Dort haben die Stadtverordneten gerade einstimmig einen Beschluss verabschiedet. Demnach sollen Eigentümer auf ihrem Grundstück künftig kostenlos einen Baum pflanzen lassen können. So soll Kassel grüner werden. Einzige Voraussetzung: Wie in Saarlouis müssen sich die Eigentümer verpflichten, die Bäume zu pflegen, dauerhaft zu erhalten und notfalls zu ersetzen.

Für Grünen-Fraktionschefin Christine Hesse ist das Projekt aus Saarlouis, von dem sie aus der „Tagesschau“ erfuhr, eine Antwort auf den Klimawandel, denn „Bäume sind unsere natürlichen Klimakraftwerke“. Losgehen wird es in Kassel wahrscheinlich erst nächstes Jahr. Bis dahin kann man sich weitere Anregungen im Saarland holen.

In Saarlouis wurden die Erwartungen deutlich übertroffen, wie der Umweltschutzbeauftragte Ney sagt: „Für das erste von vier Projektjahren hatten wir ursprünglich gehofft, 60 Bäume pflanzen zu können. Nun werden wir in den kommenden Wochen voraussichtlich 166 Bäume pflanzen.“ Insgesamt sollen so 200 Bäume auf Privatgrundstücken wachsen.

Anders als in Kassel ist das Projekt in Saarlouis auf Vorgärten beschränkt. Laut Ney war es den Verantwortlichen wichtig, dass die Hausbäume „in den Straßenraum hineinwirken“ und nicht in Gärten stehen, die nicht einsehbar sind. An den Straßen erzielten Bäume die größtmögliche Wirkung: Die Aufheizung werde abgemildert, der Wind in den Häuserschluchten abgemildert, das Straßenbild erheblich aufgewertet, Staub und Schadstoffe würden gebunden.

Insgesamt kostet das Projekt 125 000 Euro. Davon werden 90 Prozent vom Bund übernommen. Die Förderung stammt aus dem Programm „Anpassung urbaner Räume an den Klimawandel“ des Bundesministeriums für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen. Durch dieses bis 2025 laufende Programm wurden allein 2021 bundesweit 147 Projekte mit insgesamt 100 Millionen Euro bezuschusst. Ney sagt: „Ursprünglich hätten wir das Projekt auch ohne Förderung umgesetzt.“

Auch in Kassel sollen die Hausbäume durch den Bund gefördert werden. Aus welchem Topf das Geld kommt, soll nun geprüft werden. In der Praxis wird es dann ähnlich wie in Saarlouis laufen. Grundstückseigentümer können aus einer Liste mit besonders klimaresistenten Arten wählen – von Kugelahorn über Hopfenbuche bis Platane und Traubeneiche. Das Gartenamt muss dann schauen, welcher Ort besonders gut geeignet ist.

Bislang gibt es in Kassel 90 000 Bäume. Das Projekt soll dafür sorgen, dass „Kassel die Stadt der 100 000 Bäume“ wird, wie Hesse sagt, die mit Anpflanzung mit bis zu 400 Euro Kosten pro Baum rechnet. Mit den Hausbäumen wäre die nordhessische Großstadt in guter Gesellschaft. Der Berliner Bezirk Treptow-Köpenick hat gerade ein Hausbaum-Projekt verabschiedet. Auch in Saarbrücken, der saarländischen Kreisstadt Merzig und Potsdam wurde darüber beraten. (Matthias Lohr)

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