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Ahle Wurscht: Bezeichnung jetzt geschützt - Metzger hatten Bedenken

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Von: Daria Neu, Kathrin Meyer, Barbara Kamisli

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Die nordhessische Ahle Wurscht ist jetzt ein europaweit geschützter Begriff und eine geografische Angabe.

Kassel – Die nordhessische Ahle Wurscht ist jetzt ein europaweit geschützter Begriff und eine geografische Angabe. Mit dieser Entscheidung, die jetzt im neuen Amtsblatt der Europäischen Union verkündet wurde, darf sich ein Wursterzeugnis nämlich zukünftig nur dann Ahle Wurscht nennen, wenn sie auch in Nordhessen hergestellt wurde. Das heißt, die Schlachtung, Zerlegung und Verarbeitung sowie der Reifungsprozess der Wurst muss in diesem geografischen Gebiet stattfinden. Die geschützten geografischen Angaben gibt es seit 1992 in der EU und wurden zum Schutz und der Förderung traditioneller regionaler Lebensmittelerzeugnisse eingeführt.

Mit Einstufung als geschützte geografische Angabe steht die Ahle Wurscht übrigens in einer Reihe mit Nürnberger Lebkuchen, Schwäbischen Spätzle und Holsteiner Tilsiter. Neben dem Begriff Ahle Worscht darf die regionale Spezialität auch als „Feldkieker“, „Dürre Runde“ und „Stracke“ bezeichnet werden. In der EU-Verordnung heißt es: „Die Konsistenz und das Mundgefühl sind etwas krümelig und mürber als bei Standarddauerwürsten. Dieses mürbe Mundgefühl bleibt in jedem Trockenzustand und Alter erhalten. Sie wird in den Reifegraden weich, schnittfest oder hartgereift angeboten.“

„Es war eine riesen Freude, als wir davon erfahren haben“, sagt Fritz Kästel, Fleischermeister aus Borken und Vorsitzender des Vereins zu Förderung und Erhaltung traditioneller nordhessischer Wurst. 16 Jahre habe er sich mit seinen Kollegen um die Anerkennung als regionale Marke bemüht. „Wichtig war uns zum Beispiel, dass auch der Ursprung des Rohmaterials mit in den Kriterienkatalog aufgenommen wird“, sagt Kästel.

„Wir freuen uns aus zwei Gründen“, sagt Rolf Schott, Vorsitzender des Fördervereins Nordhessische Ahle Wurst. Zum einen sei es eine Wertschätzung für die handwerkliche Arbeit, die in dem Produkt stecke, zum anderen zähle auch der wirtschaftliche Aspekt was etwa die Vermarktung angehe. Denn nun dürfe nur noch die Wurst Nordhessische Ahle Wurscht heißen, die nach festgelegten Kriterien – wie etwa Warmverarbeitung des Fleisches und Reifezeit – in einer bestimmten Region hergestellt wurde, sagt Schott. „Die Ahle Wurscht ist keine Turbowurst – heute herstellen und morgen verkaufen, das funktioniert nicht“, sagt Schott.

Ahle Wurscht „erfreut sich großer Beliebtheit in Nordhessen“

Hessens Europaministerin Lucia Puttrich sagte: „Ahle Wurscht hat eine lange Tradition und erfreut sich großer Beliebtheit in Nordhessen und weit darüber hinaus.“ Die Auszeichnung sei nicht nur ein Qualitätsnachweis für echte nordhessische Tradition, sondern eröffne regionalen Anbietern auch neue Vermarktungsstrategien. „Die hessische Landesregierung hat die Bewerbung für die geschützte geografische Angabe in den letzten Jahren aktiv unterstützt. Nicht nur, weil ganz viel hessische Tradition in der Ahle Wurscht steckt, sondern weil es auch eine Wertschätzung für traditionelle Herstellungsweisen und regionale Köstlichkeiten bedeutet“, so Puttrich. Gegen die Entscheidung der EU kann innerhalb von drei Monaten Einspruch erhoben werden.

Rolf Schott
Rolf Schott, Vorsitzender Förderverein Nordhessische Ahle Wurst. Die nordhessische Ahle Wurscht ist jetzt ein europaweit geschützter Begriff. © Barbara Kamisli

Dass die Ahle Wurscht von der Europäischen Union offiziell zur regionalen Marke erklärt worden ist, hat auch für Uwe Köhler, Obermeister der Fleischer-Innung Hofgeismar-Wolfhagen, eine große Bedeutung. „Wir mussten Jahre für diese Anerkennung kämpfen.“ Er ist auch Vorsitzender der Qualitätsgemeinschaft Nordhessen, die sich maßgeblich für diesen Erfolg eingesetzt habe. „Für uns ist es eine weitere große Bestätigung, dass die Ahle Wurscht ein Aushängeschild der Region ist“, sagt Köhler.

Ahle Wurscht als geschützter Begriff: Produkt soll Wertschätzung bekommen, „die es verdient“

Schwierig und langwierig sei der Weg bis zur Zertifizierung vor allem deshalb gewesen, weil bestimmte Kriterien sehr streng seien. Dazu gehöre zum Beispiel das Zeitfenster, in dem die Schlachtung und die Verarbeitung stattfinden dürften. „Weil einige Betriebe keinen eigenen Schlachthof mehr haben, musste dafür gesorgt werden, dass die Kriterien streng genug sind, aber umsetzbar bleiben.“ Auch dass mit Landwirten aus der südniedersächsischen und ostwestfälischen Umgebung zusammengearbeitet werde, sei bei der Diskussion ein Thema gewesen.

Von einem langen Weg spricht auch Fleischermeisterin Katharina Koch aus Calden. „Ständig wurde ich gefragt, ob die Ahle Wurscht denn eine geschützte Marke sei.“ Dass dies nun der Fall ist, halte sie für äußerst wichtig. „Das Siegel unterstreicht, dass das Produkt die Wertschätzung bekommt, die es verdient hat.“ So werde die Ahle Wurscht nun auf die Stufe anderer Produkte wie zum Beispiel der Nürnberger Bratwürste oder des Wiener Schnitzels gestellt.

Ahle Wurscht: Metzger in Nordhessen hatten Bedenken bei Siegel

Ein Hindernis auf dem Weg zur geschützten Marke ist laut Koch unter anderem gewesen, dass auch die nordhessischen Metzger Bedenken gehabt hätten, durch das Siegel Einschränkungen bei ihrer besonderen Verarbeitung zu bekommen. „Aber eigene Besonderheiten kann man ja zudem noch bei der Vermarktung hervorheben“, findet Koch. Warum die Ahle Worscht insgesamt für sie einzigartig und unschlagbar ist: „Es sind die Warmverarbeitung, die Naturreife und die schweren Schweine, die sie zu etwas Außergewöhnlichem machen.

„Mehr als 17 Jahre hat es bis hierher gedauert“, sagt Dirk Nutschan, Obermeister der Fleischer-Innung Kassel Stadt und Land. Für Nutschan ist das Siegel nicht nur für die Fleischer positiv. Er erhofft sich, dass auch junge Menschen dadurch motiviert werden, wieder den Fleischerberuf erlernen zu wollen. Das Rezept sei eine langjährige Tradition, die jetzt aber auch offiziell festgeschrieben sei. (Daria Neu, Kathrin Meyer und Barbara Kamisli)

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