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Traktoren droht Kfz-Steuer – Landwirte kritisieren Rechnungshof-Vorstoß

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Von: Sebastian Schaffner

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Unser Foto zeigt eine Zugmaschine aus Nordwestmecklenburg beim Maislegen.
Für Wirbel sorgt der Vorstoß des Bundesrechnungshofs, Landwirte künftig auch bei der Kfz-Steuer zur Kasse zu bitten. Traktoren fahren bislang mit grünen Kennzeichen und sind steuerbefreit. Unser Foto zeigt eine Zugmaschine aus Nordwestmecklenburg beim Maislegen. © dpa

Debatte um das grüne Kennzeichen: Geht es nach dem Bundesrechnungshof, sollen auch Landwirte in Zukunft Kfz-Steuern zahlen. Bauernverbände kritisieren das. Dass Traktoren steuerfrei fahren, gilt seit 1922.

Kreis Kassel – Seit mehr als 100 Jahren sind Traktoren, Mähdrescher und andere landwirtschaftliche Fahrzeuge von der Kfz-Steuer befreit. Der Bundesrechnungshof hat nun Finanzminister Christian Lindner (FDP) aufgefordert, die Steuervorteile einzukassieren – und erntet dafür von Landwirten in Kreis und Stadt Kassel Kritik.

Kreislandwirt Jörg Kramm aus Grebenstein ist von der Idee der Finanzkontrolleure „überhaupt nicht begeistert“. Landwirte nutzen kaum das öffentliche Straßennetz. Deshalb sei es ungerecht, eine Kfz-Steuer zu erheben. „Wir verbrennen unseren Diesel auf dem Acker, nicht auf der Autobahn.“ Kramm befürchtet Wettbewerbsverzerrung. „Der Sprit in unserem Traktor ist schon so teuer wie sonst fast nirgends in der EU. Wenn wir zusätzlich noch Kfz-Steuer zahlen sollen, dann sollten das Landwirte im Ausland ebenso.“ Sonst würden Agrarprodukte aus Deutschland immer teurer.

Paradox sei, dass die Politik mit immer strengeren Umweltschutzauflagen Landwirte dazu dränge, mehr Kraftstoff zu verbrauchen. „Wir werden angehalten, weniger Pflanzenschutzmittel zu verwenden. Das führt aber dazu, dass wir öfter den Boden bearbeiten müssen. Und das heißt: mehr Diesel“, so der stellvertretende Vorsitzende des Regionalbauernverbandes Kurhessen, der die Interessen der Landwirte in Hofgeismar und im Schwalm-Eder-Kreis vertritt.

Auch Reinhard Schulte-Ebbert, Geschäftsführer des Kreisbauernverbands Kassel, hat kein Verständnis dafür, dass der Bundesrechnungshof das grüne Kennzeichen infrage stellt. „Aus unserer Sicht ist die Befreiung der Kfz-Steuer ein bewährtes Instrument, das sich dämpfend auf die Lebensmittelpreise auswirkt.“ Würden Landwirte künftig zusätzlich zur Kasse gebeten, würde sich das in den Preisen niederschlagen, glaubt auch er. Schulte-Ebbert: „Sollten Landwirte das grüne Kennzeichen verlieren, müssten konsequenterweise auch die anderen Befreiungen fallen.“ Von der Kfz-Steuer befreit werden können auch Fahrzeuge für die Forstwirtschaft, Polizei, den Zoll, Wegebau, Krankentransport, für die Feuerwehr, Straßenreinigung, Hilfsorganisationen und Schausteller.

Vom Aufweichen dieser Regelung hält Schulte-Ebbert nichts. „Jeder freut sich, dass es Krankenwagen gibt. Ich hoffe, dass sich auch jeder darüber freut, dass es vom heimischen Landwirt etwas auf den Teller gibt.“ Im Kreisbauernverband Kassel sind 1050 Landwirte aus der Stadt sowie aus den Altkreisen Kassel und Wolfhagen organisiert.

Bundesweit sind 65,8 Millionen Fahrzeuge und Anhänger zugelassen. Das Gesamtaufkommen aus der Kfz-Steuer beläuft sich laut Bundesfinanzministerium auf 9,4 Milliarden Euro. Zehn Prozent aller Fahrzeuge fahren steuerbefreit oder steuervergünstigt. Die Einnahmen aus der Kfz-Steuer sind nicht zweckgebunden, müssen also nicht automatisch für den Straßenbau ausgegeben werden.

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