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Volksradfahren in der Karlsaue: Früher fuhr die halbe Stadt im Park

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Von: Matthias Lohr

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Ist mit 83 Jahren immer noch sportlich: Harald Schneider fährt mit seinem E-Rennrad auch gern durch die Karlsaue.
Ist mit 83 Jahren immer noch sportlich: Harald Schneider fährt mit seinem E-Rennrad auch gern durch die Karlsaue. © Andreas Fischer

Harald Schneider kann nicht verstehen, dass das Radfahren in der Karlsaue verboten ist. Der 83-Jährige erinnert an früher, als es sogar Volksradfahren im Park gab.

Kassel – Geht es nach Harald Schneider, könnte die Zukunft der Kasseler Karlsaue so aussehen wie ihre Vergangenheit. Der 83-Jährige, der als Rennradfahrer einst Vize-Hessenmeister im Straßenrennen war, erinnert sich noch gut an das Jahr 1972, als sein Verein, die Zweirad-Gemeinschaft Kassel, ein Volksradfahren in der Karlsaue ausrichtete. Schneider selbst suchte die Strecke mit der Landesbehörde Schlösser und Gärten aus. Geradelt wurde in der Karlsaue dann nicht nur beim Volksradfahren. „Die Wege wurden gekennzeichnet und jahrelang unter Duldung befahren“, sagt Schneider.

So sollte seiner Ansicht nach auch künftig wieder verfahren werden. Doch bislang gibt es keine Lösung für das umstrittene Radfahrverbot in Kassels großem innerstädtischen Park. Eineinhalb Jahre lang hatten die Museumslandschaft Hessen Kassel (MHK) und die Stadt über eine legale Querung verhandelt. Zuletzt teilten sie mit, rechtliche Gründe würden dagegen sprechen.

Dann erklärte ein Sprecher des hessischen Ministeriums für Wissenschaft und Kunst auf HNA-Anfrage jedoch, in Wiesbaden sei man zuversichtlich, dass es eine Lösung geben werde. Ein Vertrag aus dem Jahr 1970 enthalte dazu klare Vereinbarungen. Daraufhin hieß es von der MHK, dass man doch weiter über eine Querung beraten werde.

Harald Schneider kann die langen Verwaltungswege nicht verstehen. Er hofft, dass die Verantwortlichen eine Lösung finden: „Man sollte auch an die Kinder denken, die zu den schwächsten Verkehrsteilnehmern gehören. Sie möchten nicht unter einem Auto landen.“ Damit spielt der Gründer der Firma Schneider Feinmechanik in Fuldabrück-Bergshausen auch auf die Situation der Schüler der Offenen Schule Waldau (OSW) an. Für viele ist die Route durch die Aue der kürzeste Schulweg. Durch das Verbot müssten sie auf den oft überlasteten Auedamm oder die enge Damaschkebrücke ausweichen. Darum wünscht man sich an der OSW nach wie vor eine Lösung.

Die MHK begründet ihre Haltung unter anderem mit Beschwerden von Fußgängern über Radfahrer. Diese hätten auch wegen vieler E-Bike-Fahrer zugenommen. Die gab es im Mai 1972 noch nicht. Das Volksradfahren der Zweirad-Gemeinschaft war im Olympia-Jahr nicht das einzige. Bereits im April hatte der Radsportverein Nordstadt ein Volksradfahren organisiert. Laut unserem Bericht von damals rechneten die Veranstalter mit 300 Teilnehmern. Dann kamen fast 1000 – von 4 bis 82 Jahren. Auch Stadträte radelten die drei Runden à fünf Kilometer.

Als Radsportler war Harald Schneider im Training und bei Wettkämpfen deutlich weiter unterwegs. Auch heute dreht der Senior noch seine Runden. Er selbst fährt ein Rennrad mit Motor, seine Frau Gisela, die einst Deutsche Meisterin im Kunstradfahren war, ein klassisches E-Bike.

Auch in der Karlsaue ist das Paar unterwegs. Probleme mit Spaziergängern gebe es dort nie. Für ein konfliktfreies Miteinander hat Harald Schneider einen Tipp. Statt sich den Weg frei zu klingeln, empfiehlt er: „Ich bremse ab, mache mich bemerkbar und bin immer freundlich.“ (Matthias Lohr)

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