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Vor OB-Wahl in Kassel: Geselle und Jamaika streiten um Gastro-Hilfen

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Von: Matthias Lohr, Andreas Hermann

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Hierfür muss normalerweise gezahlt werden: Außengastronomie am Café Alex auf dem Friedrichsplatz. Die Jamaika-Koalition will Gastronomen die Sondernutzungsgebühren für ein Jahr erlassen. OB Christian Geselle ist dagegen.
Hierfür muss normalerweise gezahlt werden: Außengastronomie am Café Alex auf dem Friedrichsplatz. Die Jamaika-Koalition will Gastronomen die Sondernutzungsgebühren für ein Jahr erlassen. OB Christian Geselle ist dagegen. © Dieter Schachtschneider

Die Jamaika-Koalition will Gastronomen die Sondernutzungsgebühren für Außenflächen ein Jahr lang erlassen. Der Oberbürgermeister und die SPD sind jedoch dagegen.

Kassel – Steffen Müller hat in den vergangenen Wochen mehrere Anfragen von Kasseler Gastronomen bekommen. Sie fragten den Grünen-Fraktionschef, ob es möglich sei, die Sondernutzungsgebühren für Gastronomie auf öffentlichen Flächen erlassen zu bekommen. Die Jamaika-Koalition aus Grünen, CDU und FDP will dies möglich machen. Doch nun gibt es Kritik von SPD und Oberbürgermeister Christian Geselle, der als unabhängiger Kandidat in zwei Wochen wiedergewählt werden will.

Im Finanzausschuss am 15. Februar stimmte Jamaika dafür, die Sondernutzungsgebühren für Flächen an öffentlichen Straßen ab April für ein Jahr zu erlassen. Die SPD lehnte das Vorhaben ab, AfD und Linke enthielten sich. Der Grüne Müller fragt sich verwundert: „Wir wollen die Gastronomen in der Energiekrise etwas entlasten. Was kann man dagegen haben?“ Die Sache ist jedoch kompliziert, weil es auch um das Haushaltsrecht geht.

Vorbild für die jetzige Hilfe ist ein Beschluss im ersten Corona-Jahr. Damals beschlossen die Stadtverordneten einen Antrag des Oberbürgermeisters, „die Gebühren für die Nutzung öffentlicher Flächen zum Aufstellen von Tischen und Stühlen“ vom 1. März 2020 bis zum 31. Oktober 2022 zu erlassen, wie es ein Rathaussprecher formuliert. Normalerweise werden für Gastronomen im Sommer drei Euro je Quadratmeter fällig. Tische und Stühle auf 20 Quadratmetern kosten eine Gaststätte so etwa 60 Euro im Monat.

Würden die Gebühren nun erneut erlassen, fehlen der Stadt laut Geselle 2023 und 2024 jeweils rund 210 000 Euro. Deshalb wurde auch schon im Finanzausschuss kontrovers gestritten. Ordnungsdezernent Dirk Stochla (SPD) erklärte, der Anlass für einen solchen Beschluss sei nicht mehr gegeben, denn seit dem Frühjahr 2022 gebe es für die Gastronomie keine Corona-Einschränkungen mehr. Sein Parteikollege Patrick Hartmann kritisierte das Ansinnen als „Wahlkampf-Antrag“ von Jamaika.

Laut Oberbürgermeister Geselle würde der Schritt zudem dazu führen, dass das Regierungspräsidium als Kommunalaufsicht den Haushaltsplan nicht genehmigen werde. An die Stadtverordnetenvorsteherin Martina van den Hövel-Hanemann (Grüne) verschickte er diese Woche einen Brief mit einer entsprechenden Einschätzung des RPs.

Auf Anfrage heißt es vom RP, dass der Beschluss tatsächlich „Auswirkungen auf die betragsmäßigen Festsetzungen der noch nicht genehmigten Haushaltssatzung für das Jahr 2023 haben könnte“. Bislang ist im Haushalt ein Überschuss von etwa 4000 Euro ausgewiesen. Würden die Gebühren ausgesetzt, könnte es ohne Gegenfinanzierung zu einem Defizit kommen. Allerdings stellt der Sprecher auch klar: „Aus haushaltsrechtlicher Sicht wäre auch eine jahresbezogene Unterdeckung von Aufwendungen im Ergebnishaushalt grundsätzlich genehmigungsfähig, da der erforderliche Haushaltsausgleich durch Rückgriff auf vorhandene Rücklagen gewährleistet bliebe.“

Jamaika will nun auf Nummer sicher gehen. Der Antrag, über den im Stadtparlament am Montag lediglich abgestimmt und nicht diskutiert werden sollte, wird noch einmal geändert und auf die März-Sitzung verschoben. Allerdings verweisen Grüne, CDU und Liberale darauf, dass ihr Antrag wortgleich mit demjenigen von Geselle aus dem Jahr 2020 sei. Demnach müsse auch der Antrag des OBs handwerklich unsauber gewesen sein.

Maximilian Bathon (CDU) kritisiert Geselle: „Der Kämmerer winkt seine eigenen rechtlich unsicheren Anträge durch und sagt jetzt nicht, wie es geht.“ Der Grüne Müller glaubt: „Weil es nicht seine Idee ist, blockiert Geselle unser Vorhaben.“ (Matthias Lohr, Andreas Hermann)

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