Die Kooperation der Kreiskliniken soll intensiver werden

Die Krankenhausreform des Bundes hat auch Auswirkungen auf die Kreiskliniken. Die Zusammenarbeit der Kliniken soll sich verändern.
Kreis Kassel – Zu wenig Personal und marode Finanzen – es ruckelt im deutschen Krankenhaussystem. Deshalb strebt der Gesundheitsminister eine Reform an. Vorgesehen ist eine größere Spezialisierung, die Einführung von Versorgungs-Levels und eine Reform der Fallpauschalen. Das hat auch Auswirkungen auf die Krankenhäuser in Wolfhagen und Hofgeismar – zum Beispiel auf das Leistungsangebot.
„Wir gehen davon aus, dass sich Bund und Land bis Ende des Jahres so geeinigt haben, dass klar ist, welches medizinische Angebot für Hofgeismar realisiert werden kann“, sagt Landkreissprecher Harald Kühlborn. Dort stehen große Veränderungen an: Noch in der zweiten Jahreshälfte sollen die Arbeiten für den Neubau in Kooperation mit dem evangelischen Krankenhaus Gesundbrunnen beginnen. Aktuell würden letzte Abstimmungen laufen, um die Förderanträge für den Klinikneubau zu stellen. Das sei ein sehr detailorientierter, aber unbedingt notwendiger Prozess. „Ohne eine entsprechende Förderung wird der Krankenhausbau in Hofgeismar für beide Partner nicht realisierbar sein.“
Weiter bekennt sich der Landkreis zum Krankenhausstandort Wolfhagen. Dort soll ebenfalls in Zukunft investiert werden – etwa beim Neubau des Funktionstraktes inklusive Operationssäle. Im Rahmen der von der Bundes-Reformkommission vorgeschlagenen Level-Struktur soll das Angebot den Bedürfnissen des Wolfhager Landes besser angepasst werden, sagt Kühlborn. Hier gebe es viele stationäre Senioreneinrichtungen. „Wir werden daher unsere geriatrischen Kompetenzen in Abstimmung mit dem Ev. Krankenhaus Gesundbrunnen Hofgeismar ausweiten.“
Die Zusammenarbeit zwischen den Kliniken soll stärker werden
Geplant sei grundsätzlich, die Kooperation zwischen Hofgeismar und Wolfhagen zu stärken. Das passiere auch schon, etwa bei der Personalplanung. So würden aktuelle Nachfolgen für ausscheidende Chefärzte immer für beide Standorte gemeinsam besetzt. Eine Kooperation mit einem anderen, eigenen Träger ist in Wolfhagen nicht in Sicht. „Einen Partner haben wir bisher nicht gefunden und dies ist aufgrund der aktuellen Situation im Gesundheitsmarkt auch sehr schwierig.“
Die Neuordnung der Krankenhausvergütung auf Bundesebene dürfte auch Einfluss auf die Finanzen der Kliniken haben, sagt Kühlborn. Vom Kreistag hatte der Landkreis zuletzt den Auftrag erhalten, das jährliche Defizit ab 2024 auf fünf Millionen Euro zu reduzieren. Wir haben beim Landkreis Kassel nachgefragt, wie es damit aktuell läuft.
Wie groß ist das bisherige Defizit?
Das Defizit des Eigenbetriebs Kliniken für die Jahre 2020 bis 2022 betrug laut Wirtschaftsplan 31,1 Millionen Euro, erklärt Kreissprecher Harald Kühlborn. Tatsächlich sei das Ergebnis besser als der Plan. Der Landkreis geht von einem Defizit für den Zeitraum von etwa 25,8 Millionen Euro aus.
Mit welchem Defizit plant der Landkreis in Zukunft?
Für 2023 geht der Landkreis von einem Defizit von knapp 9 Millionen Euro aus. Der Kreistag hatte beschlossen, dass das Defizit für beide Krankenhäuser unter fünf Millionen Euro fallen soll. Insgesamt wird mit einem Defizit von 23,6 Millionen Euro für 2023 bis 2026 geplant.
Wie soll gespart werden?
Um diese Zielvorgabe zu erreichen, sollen sowohl Erlöse gesteigert als auch Aufwendungen reduziert werden. Mehr Erlöse sollen durch die Erweiterung besser vergüteter Behandlungen erreicht werden. „Wir haben in Wolfhagen im Oktober 2022 mit Knieoperationen angefangen und führen dort auch Wirbelsäulenoperationen durch“, erklärt Sprecher Harald Kühlborn. Auch in Hofgeismar soll die Zahl der durchgeführten besser vergüteten Behandlungen erhöht werden. Auf der Ausgabenseite seien die im Rahmen der Übernahme des Betriebs der Kreiskliniken von der GNH übernommenen Verträge überprüft worden. Es werden bereits im Laufe dieses Jahres günstigere Verträge mit anderen Dienstleistern abgeschlossen – etwa im Bereich Labor und Medikamentenversorgung
Gibt es noch andere Entwicklungen, die das Defizit reduzieren könnten?
„Wir haben festgestellt, dass unsere beiden Notaufnahmen in den Krankenhäusern immer häufiger als Ersatzanlaufstelle für die großen Notaufnahmen der Kliniken in der Stadt Kassel genutzt werden“, sagt Kühlborn. Auch dieses häufigere Anfahren und die Behandlungen führten zu mehr Erlösen. Aber: „Trotz dieser Anstrengungen wird es nicht einfach sein, die Zielvorgaben für das Defizit ab dem Jahr 2024 zu erreichen“. Dabei spielten auch die Neuordnung der Krankenhausvergütung auf Bundesebene sowie die aktuelle Preisentwicklung für Sachleistungen und die zu erwartenden Tarifsteigerungen eine noch nicht endgültig abzuschätzende Rolle.
Der Landkreis hat sich an der MVZ-Gesellschaft von Agaplesion beteiligt. Was heißt das?
„Die Beteiligung bewirkt, dass wir bereits eine niedergelassene Hausarzt-Praxis in Espenau übernehmen konnten, um sie weiterzuführen“, sagt Kreissprecher Harald Kühlborn. Im Laufe dieses Jahres werde der Landkreis weitere Praxen in das Medizinische Versorgungszentrum integrieren. Für die Kreiskliniken hat dies unmittelbar keine Auswirkungen. „Wir werden allerdings unsere guten Beziehungen zu allen niedergelassenen Ärzten im Landkreis nutzen, um für das Leistungsangebot der Kreiskliniken zu werben“.
Wann beginnt die Sanierung der Operationsäle in Wolfhagen?
Der gesamte Funktionstrakt, in dem sich auch die OP-Säle befinden, ist nicht mehr sanierungsfähig. Bis zum Neubau des Funktionstrakts werden OP-Module genutzt, deren Beschaffung und Ausstattung in diesem Jahr planerisch vorbereitet wird. „Wir gehen davon aus, dass die OP-Module Anfang 2025 zur Verfügung stehen“, sagt Kühlborn. Die OP-Module würden in der Übergangszeit bis zur Neuerrichtung von OP-Sälen Operationen auf dem neuesten technischen Stand ermöglichen.
Die geplante Krankenhausreform
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hatte eine Kommission beauftragt, Pläne für eine umfassende Krankenhausreform vorzulegen. Die Experten schlagen weitreichende Änderungen bei der Abrechnung mit einer Abkehr vom reinen Fallpauschalen-Prinzip vor und eine stärkere Spezialisierung der Krankenhäuser, um die Qualität der Versorgung zu verbessern. Widerstand kam aus den Ländern. Neue Vorschläge sollen nun Ende April vorgestellt werden.