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Ein Jahr Ukraine-Krieg: Anton Kravitz war am 24. Februar 2022 in Zhytomyr – heute lebt er in Calden

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Von: Gerd Henke

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Anton Kravitz mit seiner Frau Olga bei unserem ersten Telefonat via Skype vor einem Jahr. archi
Anton Kravitz mit seiner Frau Olga bei unserem ersten Telefonat via Skype vor einem Jahr. (Archivfoto) © Gerd henke

Seit Kriegsbeginn nehmen die Menschen hierzulande Anteil am Schicksal der Ukrainer. Die Hilfsbereitschaft im Landkreis Kassel ist nach wie vor enorm. Zudem gibt es viele feste Kontakte in das Land.

Kreisteil Hofgeismar – „Um 5 Uhr hörten wir eine gewaltige Explosion. Nach zehn Minuten folgte eine zweite, die wiederum unsere Häuser erzittern ließ.“ So erlebte Anton Kravitz die ersten brachialen Angriffe am frühen Morgen des 24. Februar. Es war der Tag, an dem an vielen Orten der Ukraine russische Bomben einschlugen.

Über Skype berichtete Anton seinen deutschen Freunden Günter Rüddenklau und Ottmar Rudert damals täglich, wie sich die Menschen in seiner Stadt auf das für die meisten Unvorstellbare einstellten. Und sich dann gegen die Invasoren zur Wehr setzten.

Anton wohnte damals mit seiner Frau und seinen zwei Kindern in Zhytomyr, der Großstadt 120 Kilometer westlich von Kiew. Wie zahlreiche andere Ziele im ganzen Land hatten russische Kampfflugzeuge den Stützpunkt der ukrainischen Luftwaffe in der Nähe der 300 000-Einwohner Stadt unter Beschuss genommen. Es folgten Tage, an denen die Welt nicht wusste, ob die Angriffe gestoppt werden konnten. Doch schon bald wurde klar, dass die Russen auf massiven Widerstand der Ukrainer gestoßen waren.

Ein Jahr Ukraine-Krieg: Ukrainer Anton Kravitz schloss sich Bürgerwehr an

Auch Anton Kravitz schloss sich einer der überall im Land sich formierenden Bürgerwehren an. So wurden auch in der Region Zhytomyr Straßen blockiert und Waffen ausgegeben. „Wer kein Gewehr hat, baut eben Molotowcocktails“, berichtete Anton seinen deutschen Freunden damals. Die Menschen fühlten sich „like liberators“ – wie Befreier.

Die Russen mussten sich zurückziehen und konzentrierten sich von da an verstärkt auf die Fronten im Osten des Landes. Das sind die bis heute zum großen Teil von den Russen besetzten Gebiete Donezk, Luhansk, Saporischschja und Charkiw. Von dort setzte ein riesiger Flüchtlingsstrom ein. Schon bald hatte Anton Kravitz sein Haus und mehrere seiner Appartements voll mit Menschen aus dem Osten. Unter ihnen war auch Ruslan Sklarenko. Der 35-jährige Anwalt hatte seine Frau, vier Kinder und Schwiegereltern in Sicherheit und bei Anton untergebracht. Heute lebt die Familie Sklarenko in Kiew.

Ukrainer Anton Kravitz findet nach Kriegsbeginn ein Zuhause in Calden

Für seine Schwester und seine Schwiegermutter besorgte Anton Kravitz noch Ende Februar Flugtickets nach Israel. Selber reiste er mit seiner Frau Olga und den beiden Kindern im Mai nach Deutschland aus. Mit Unterstützung von Günter Rüddenklau hat die Familie in Westuffeln fürs Erste nicht nur einen neuen Aufenthaltsort, sondern auch Anschluss an die Dorfgemeinschaft gefunden. Mehrmals in der Woche sind sie noch via Skype mit Freunden und Verwandten in der Ukraine verbunden.

Anton Kravitz mit seiner Frau Olga bei unserem ersten Telefonat via Skype vor einem Jahr. archi
Anton Kravitz mit seiner Frau Olga bei unserem ersten Telefonat via Skype vor einem Jahr. archi © Gerd henke

Wie der Familie Kravitz geht es rund einer Million aus der Ukraine nach Deutschland geflüchteten Menschen. Viele sind auch im Landkreis Kassel aufgenommen worden. Darunter auch die 30 Frauen und Kinder, die Anfang März 2022 von Helfern aus dem Landkreis von der ungarisch-ukrainischen Grenze mit Bussen abgeholt und hier in Sicherheit gebracht wurden.

Ein Jahr Ukraine-Krieg: Spendenbereitschaft im Kreisteil Hofgeismar ist ungebrochen

Die Spendenbereitschaft der Menschen in den Kreisteilen Hofgeismar und Wolfhagen ist nach wie vor ungebrochen. Allein über die Südosteuropahilfe von Günter Rüddenklau und Ottmar Rudert sind in den vergangenen zwölf Monaten Hunderte Tonnen Sach- und Lebensmittelspenden in die Ukraine geschafft worden. Und auch die Geldspenden haben ein erstaunliches Ausmaß angenommen. Vereine, Organisationen, Unternehmen, Kirchengemeinden und unzählige Privatpersonen sorgen beinah täglich dafür, dass die zivile Unterstützung des in seiner Existenz bedrohten Landes nicht abreißt.

Einige der Ukrainer, die hier eine Bleibe fanden, sind inzwischen wieder in ihr Heimatland zurückgekehrt. Andere aber versuchen sich hier eine Existenz aufzubauen. Wie Anton Kravitz, dem es in Westuffeln „super gefällt“. (Gerd Henke)

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