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Ein neuer Bach: Renaturierung der Lempe schafft Insel im Mühlstädter Teich

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Von: Thomas Thiele

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Ein Teil der Wiese wird abgetragen, damit sich die Lempe hier neben dem alten Kanal wieder frei ausbreiten kann.
Platz für neues Bett: Ein Teil der Wiese wird abgetragen, damit sich die Lempe hier neben dem alten Kanal (links vor der Böschung) wieder frei ausbreiten kann. Die überschüssige Erde wird zum Bau der Insel verwendet. © Thomas Thiele

Baustelle am Mühlstädter Teich im Lempetal bei Hombressen: Dort lässt die Stadt Hofgeismar mit Hessen Forst das Umfeld des fast 300 Jahre alten Holzteiches renaturieren.

Hofgeismar - Der Bach Lempe bekommt einen anderen Verlauf, im Teich entsteht eine Insel und das Wassersystem zur Füllung des Teiches wird geändert.

Ziel ist es, dass der Bach künftig für Tiere wieder komplett durchgängig wird. Bisher verhindern trockenfallende Bereiche und ein Wehr sowie ein Überlaufbauwerk das Durchkommen.

Mit der idyllischen Waldruhe im Lempetal ist es vorübergehend vorbei: Am Mühlstädter Teich etwa 1,5 Kilometer östlich des Hombresser Hochzeitswaldes graben sich Bagger und Planierraupe in den Wiesenhang am Südufer des vermutlich im 17. Jahrhundert angelegten früheren Fischteiches. Am auffälligsten ist, dass die abgegrabene Erde zu einer breiten Landzunge in den Teich geschoben wird. Er wird aber keinesfalls zugeschüttet, sondern hier sollen neue Biotope für Tiere und Pflanzen entstehen, wie Projektleiter Christoph Hartmann vom Bauamt der Stadt Hofgeismar erläutert.

Dort lässt die Stadt (sie ist für den Bach gewässerunterhaltungspflichtig, während der Teich Hessen Forst gehört) einen etwa 220 Meter langen Abschnitt des Lempebaches renaturieren. Denn die bisherige Wasserzuleitung zum Teich schaffte Probleme.

Bis jetzt wurde der Hauptteil des Wassers an einem Aufteilungsbauwerk in der Kempe in den Teich geleitet, während nur ein kleiner Teil durch einen Umflutungsgraben, einen lang gezogenen, geraden Kanal, am Teich vorbei Richtung Stauwehr geleitet wurde, wo es wieder in den alten Bachlauf mündete. Die Folge war, dass Fische und andere Wassertiere wegen der beiden Wehre und des zeitweise trockenfallenden Kanals nicht mehr die Kempe hinaufwandern konnten.

Ziel der Renaturierung im Naturschutzgebiet ist laut Stadt „die gewässerökologische Aufwertung im Sinne der Wasserrahmenrichtlinie“. Hierzu wird parallel zu dem Umflutungsgraben, dessen Ufer beidseitig abgegraben werden, eine zehn bis 20 Meter breite Fläche abgeschoben. Auf deren Grund wird ein neuer, sich windender („mäandrierender“) Bachlauf angelegt. Anstatt des Aufteilungsbauwerkes wird am Bachgrund nun ein etwa 20 Meter langer Blocksteinriegel als Überlaufschwelle errichtet, die den Hauptteil des Wassers nun wieder im Bachlauf belässt und es nur bei Hochwasserabflüssen auch in den Teich fließt.

Die Entlastung vor Hochwassergefahren wird nötig, nachdem es 2007 zu einer kritischen Lage gekommen war. Damals waren sowohl der anfällige Mühlstädter Teich, dessen Damm das Lempetal fast auf voller Breite unterbricht, als auch das unterhalb gelegene Hochwasserrückhaltebecken nach schwerem Regen übervoll.

Das Wasser im Teich wurde jetzt für die Bauarbeiten weitgehend abgelassen. Dennoch ist es nicht ganz einfach, die neue Insel im Teich zu bauen. Wegen der bis zu zwei Meter dicken Schlammschicht auf dem Teichboden, deren Entfernung nicht in diesem Projekt enthalten war, versinkt der abgelagerte Boden stärker als geplant. Zugleich ist der abgebaggerte Steilhang nicht so standfest wie erwartet, so dass der Böschungswinkel angepasst werden muss, wodurch mehr Aushub anfällt. Dafür wurden die Planungen auf der Baustelle inzwischen angepasst.

Die breite Landzunge, die derzeit in den Teich führt, wird später nach dem Erreichen der Zielhöhe der Insel wieder abgetragen, sodass aus der Halbinsel, allerdings abhängig vom Wasserstand, eine echte Insel wird. Der Mühlstädter Teich ist bei Tierfreunden und Fotografen bekannt als Brutgebiet und Aufenthaltsort vieler Vogelarten.

Abhängig vom Wetter werden die Arbeiten voraussichtlich bis Ende Februar andauern. Das Vorhaben kostet rund 90.000 Euro und wird zu 95 Prozent vom Land Hessen finanziert.

So wie im Altbereich vorne soll sich später auch der neugestaltete Bereich im Hintergrund entwickeln.
So wie im Altbereich vorne soll sich später auch der neugestaltete Bereich im Hintergrund entwickeln. © Thomas Thiele

Damm war mehrfach undicht

Der Mühlstädter Teich im Reinhardswaldtal der Lempe östlich von Hombressen wurde bereits im Jahre 1740 (damals noch Mühlstätter Teich ) als Fischteich erwähnt. Heute hat er eine Wasserfläche von etwa einem Hektar und wird gestaut durch einen 114 Meter langen und etwa fünf Meter hohen Damm. Die Sicherheit dieses Damms war immer wieder ein Thema. 1965 brach der Damm und der Teich verlandete. Als bei der Sturmkatastrophe von 1972 viele Bäume umstürzten, plante das Forstamt Hombressen den Teich als Nasslager für Holz wieder herzustellen. Der Umgebungsgraben sollte geräumt und erneuert werden, was die Stadt Hofgeismar 1973 genehmigte. 1974 gab es erneut einen Dammbruch, woraufhin ein Einlaufbauwerk zur Regulierung des Wasserzulaufs gebaut wurde.

Das Stauwehr am Abfluss wurde durch Flügelmauern verstärkt. 1975 erfolgten weitere Reparatur- und Abdichtungsarbeiten. Nach starken Regen trat 1981 Wasser aus dem Damm aus, es gab eine bodenmechanische Untersuchung, die ergab, das die alte Bautechnik nicht mehr Standard war. Es erfolgten eine Dammerhöhung und Abdichtungen mit Beton. Als der Damm 2007 nach starkem Regen überspült und undicht wurde, kürzte man das Betonstauwehr um einen Meter auf 1,80 Meter und senkte damit der Wasserspiegel. 2017 fanden Beratungen über eine Sanierung der Teichanlage unter Aspekten des Naturschutzes und des Hochwasserschutzes statt. Anfang 2022 starteten die Arbeiten. (Thomas Thiele)

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