Die HNA in der Ukraine: Redakteur Gerd Henke begleitet Helfer ins Kriegsgebiet

Eine Woche lang reist HNA-Redakteur Gerd Henke mit Unterstützern aus dem Kreisteil Hofgeismar in die Ukraine. Welche Menschen und Gedanken ihm begegnen, berichtet er in einer Mini-Serie.
Kreisteil Hofgeismar – Es ist 6 Uhr morgens, als HNA-Redakteur Gerd Henke am 1. Mai zu Ottmar Rudert und Günter Rüddenklau in den Pick-Up steigt. Vor ihm liegt eine besondere Reise. Mit Urlaub hat sie rein gar nichts zu tun. Der 68-jährige Journalist möchte die Unterstützer, die schon seit Monaten Hilfe für die Menschen im Kriegsgebiet leisten, in die Ukraine begleiten. Er will den Spendern aus der Region zeigen, wo ihre Hilfe landet und welche Geschichten die Betroffenen zu erzählen haben.
Es ist immer noch ein besonderes Gefühl, in Görlitz deutsches Staatsgebiet zu verlassen und in freier Fahrt am Grenzübergang Jelenia Góra nach Polen einzureisen – ohne Grenzkontrollen, ohne Zoll und ohne Umstände. Auch für Polen ist es seit dem Beitritt zur EU inzwischen selbstverständlich, die Grenze zum Nachbarland zu passieren. Was 2004 Polen und die baltischen Staaten erreichten, das ist auch der große Wunsch der Ukraine.
Das Land will Mitglied der europäischen Völkergemeinschaft werden. Seit dem Euromaidan, dem Sturz des alten Regimes von Putins Gnaden 2014, ist dieser Wunsch immer größer geworden. Aber seit dem 24. Februar 2022 sind es russische Streitkräfte, die das verhindern wollen. In Nordhessen und in unserem Landkreis erleben wir seit diesem Tag viel Solidarität und Sympathie, die dem tapferen Volk entgegengebracht wird.
Gerd Henke war von Anfang an tief beeindruckt von dem Engagement aus dem Kreisteil. An der Spitze dieser Aktionen stehe die Südost-Europa-Hilfe von Günter Rüddenklau und Ottmar Rudert. Die beiden organisieren schon seit 2016 Hilfsprojekte in die Ukraine. Damals wurden sie vom christlichen Hilfswerk Bad Hersfeld aufmerksam gemacht, dass die Armut in dem Land mindestens genauso groß war wie in Rumänien und der Republik Moldau.
Urkaine-Krieg: HNA-Redakteur erinnert sich an den 24. Februar
Nun macht sich der Redakteur selbst mit auf den Weg. Sein Gefühl: Etwas zwischen journalistischer Neugier und dem Wunsch, etwas zu bewegen, Menschen eine Stimme zu geben. Auf der insgesamt 15-stündigen Fahrt kommen ihm Gedanken an den 24. Februar 2022.
Noch zwei Wochen vor Kriegsbeginn kehrten die Rudert und Rüddenklau von einem Hilfstransport von Kiew zurück. „Es gibt Krieg“, lautete Ruderts Prophezeiung seinerzeit, die er im Gespräch mit unserer Zeitung äußerte, „aber erst, wenn die Olympischen Winterspiele in China zu Ende sind“, ergänzte Rüddenklau. Und genauso kam es. Am frühen Morgen des 24. Februar stiegen russische Bomber auf und ließen ihre Fracht über Kiew und Städte im ganzen Land ab. Noch am selben Tag nutzten sie ihre Kontakte und ließen sich von ihren Partnern vor Ort über die Situation ins Bild setzen. Als Zeitung waren wir damals mit dabei und gaben die Berichte der Menschen in Kiew, Zhytomyr und Odessa weiter.
Schon kurz darauf lief die erste große Hilfswelle an. Bauern, Handelsketten und Supermärkte spendeten Lebensmittel. Firmen und Privatpersonen spendeten Geld. Seit Kriegsbeginn sind durch diese Aktion mehr als 200 000 Euro an die Ukraine gegangen. Darüber hinaus noch tonnenweise Hilfsgüter.
Gegen 17 Uhr überquert das Trio die Grenze und reist in die Ukraine ein. Sie fahren nach Lwiw ganz im Westen des Landes. Dann geht es weiter nach Zhytomyr. Am späten Abend machen sie dort Station. Mit Menschen aus örtlichen Altenheimen wollen sie unter anderem in Kontakt kommen. Der Plan ist, in den nächsten Tagen nach Kiew weiterzufahren. Und dann?
Wir müssen immer wieder situativ entscheiden, wo genau wir Station machen und wie wir Menschen helfen können. In diesem Land herrscht schließlich Krieg. Umso beeindruckender ist es, mit welchem Engagement die Unterstützer aus der Region mitziehen. Ich möchte unsere Leserinnen und Leser auf diese Reise mitnehmen. Eine Reise, die auch für mich selbstverständlich nicht alltäglich, sondern aufregend ist. Eine Reise ins Ungewisse. (Gerd Henke und Daria Neu)