Entsorgung im Kreis Kassel: Einblicke in den Alltag von Müllwerkern

Enge Straßen, volle Tonnen, eine Liebe zum Job: Unterwegs mit Müllwerkern im Kreisteil Hofgeismar.
Hofgeismar – Es ist nasskalt, die Straßen sind leer und die Augen noch klein vor Müdigkeit. Seit 6 Uhr sind die Müllwerker Peter Seitz und Sven Hille von der Abfallentsorgung Kreis Kassel im nördlichen Kreisteil von Hofgeismar unterwegs.
Sie sind gut drauf, denn es liegt kein Schnee mehr. Schneeberge und Glätte haben in diesem Winter schon für besonders anstrengende Arbeitstage und Ausfälle der Müllabfuhr gesorgt. „Beim Blitzeis konnten wir nicht rausfahren, da blieb der Müll liegen“, sagt Peter Seitz und lenkt den 360 PS starken LKW durch den Ort, den er in- und auswendig kennt. Routiniert rangiert er das Sammelfahrzeug selbst in den schmalsten Straßen und lässt sich von drängelnden Autofahrern nicht aus der Ruhe bringen. Seit 38 Jahren entsorgt Seitz den Müll von anderen. Diesmal ist es Biomüll.
Abfallentsorgung im Kreisteil Hofgeismar: Bis zu 900 Mülltonnen werden am Tag geleert

Während der 62-Jährige am Steuer des Müllautos sitzt, steht Sven Hille „hinten dran“ auf dem Trittbrett am Heck. Sobald der Laster stoppt, bugsiert er Tonne für Tonne an das Müllauto. Dort wuchtet eine sensorgesteuerte Hydraulik die Tonne hoch und kippt den Inhalt aus. Ist sie leer, stellt Hille sie wieder zurück an den Straßenrand. Täglich bewegt er so etwa 600 Behälter, bei Hausmüll manchmal bis zu 900. „Es ist immer das Gleiche, aber irgendwie doch auch anders, weil man immer wieder andere Sachen sieht“, sagt der gelernte Maurer über seine Arbeit.
Jeden Tag draußen und in Bewegung sein, das schätzt er. „Erkältet bist du nicht mehr, wenn du hinten dran bist, das härtet ab“, sagt Seitz. Auch gegen den Geruch sind beide abgehärtet. Nach so vielen Jahre würde man das nicht mehr riechen. „Außer den Biomüll im Sommer“, wendet Hille ein. Wenn viele ihren Rasen mähen und das nasse Gras in der Tonne anfängt zu gären „stinkt es“.
Abfallentsorgung im Kreisteil Hofgeismar: Müllwerker finden oft Kurioses in Mülltonnen
Die Tonnen seien in den Sommermonaten außerdem besonders schwer. „Die Leute pressen, stampfen und denken, da geht noch was“, sagt Seitz. Das Problem ist: Es geht nichts mehr raus. Hinzukommt, dass feuchte Abfälle wie Laub oder Windeln bei starkem Frost festfrieren. „Das ist dann wie Beton in der Tonne.“
- Tipps zur Entsorgung:
- Abfälle auflockern, nicht verdichten oder pressen
- Schwere Abfälle nach unten packen
- Zeitungspapier am Boden, seitlich und zwischen den Abfällen auslegen
- Feuchte Restabfälle (wie Windeln) in Mülltüten verpacken
- Feuchte Bioabfälle (Laub) antrocknen lassen oder in Zeitungspapier einwickeln (Speisereste, Kaffee), alternativ: abbaubare Biobeutel
- Zugang zu Abfallbehältern schnee- und eisfrei halten
- Behälter am Tag der Leerung an geräumten und befahrbaren Straßen bereitstellen
- Straßenzufahrt für die Räum- und Streudienste freihalten
Plötzlich klirrt es im Inneren des Müllschluckers. Glas? Holz? Es hört sich an wie etwas, was sicher nicht in den Biomüll gehört. So wie Rehköpfe, Wildschweinkadaver und Motorradrahmen – alles Dinge, die die beiden schon mal in der Tonne entdeckt haben. Darüber können sie nur den Kopf schütteln. Auch über die Leute, die Papierkartons nicht klein machen oder neben der Tonne stapeln, ärgern sich die Müllwerker. Mit einer App können sie solche Fälle neuerdings dokumentieren. Ob überfüllte Tonnen, defekte Deckel oder Behälter, die ins Fahrzeug gefallen sind – alles wird mittels automatischer Scanner und Barcodes digital erfasst.
Frau aus Hofgeismar bedankt sich bei Müllwerkern

Gegen 10 Uhr ist das Sammelfahrzeug voll, Zeit zum „kippen“. Im Entsorgungszentrum Kirschenplantage angekommen, zeigt die Waage 23 Tonnen an, knapp sieben Tonnen davon macht der eingesammelte Bioabfall aus. Gegenüber eines großen Haufens Sperrmüll wird der gesamte Fahrzeuginhalt ausgeleert. Es riecht – gar nicht so schlecht – ein bisschen nach Wald. Ein Blick in den Müllberg verrät warum: Blätter und Tannenzweige häufen sich dort.
Bis zum Feierabend gegen 14 Uhr machen die Männer das Ganze noch einmal. Auf dem Weg zurück nach Hofgeismar reicht eine Frau einen Umschlag in die Fahrerkabine. „Für unsere fleißigen Müllentsorger“ steht darauf. „Eigentlich schon eine schöne Arbeit“, freut sich Seitz. Sven Hille nickt. Der 46-Jährige war schon bei verschiedenen Betrieben, aber immer als Mann für den Müll. Das sei ein ungeschriebenes Gesetz: „Einmal Müll, immer Müll“. (Josefin Schröder)
Das passiert mit dem Bioabfall
Vom Entsorgungszentrum kommt der Biomüll zur Bioabfallvergärungs- und Kompostierungsanlage nach Lohfelden. Beim Gären entsteht Biogas, das die Gemeinde Lohfelden erhält. Mit dem Gas werden die Blockheizkraftwerke betrieben. Der erzeugte Strom wird in das Netz eingespeist, die Wärme für die Vergärung genutzt und für die Beheizung von Bürgerhaus, Rathaus und Regenbogenschule in Lohfelden. Nach der Vergärung wird der Biomüll zu Kompost verarbeitet.