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Ex-GNTM-Teilnehmerin Lucy will an Schulen Aufklärungsarbeit leisten: „Versuche, positive Erfahrung mitzugeben“

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Von: Hanna Maiterth

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Durch ihre Teilnahme bei der Casting-Show „Germanys next Topmodel“ wurde Lucy Hellenbrecht bekannt. Inzwischen lebt die 24-Jährige aus Stammen in Berlin und arbeitet als Model und Influencerin.
Durch ihre Teilnahme bei der Casting-Show „Germanys next Topmodel“ wurde Lucy Hellenbrecht bekannt. Inzwischen lebt die 24-Jährige aus Stammen in Berlin und arbeitet als Model und Influencerin. © Hanna Maiterth

Die ehemalige „Germany‘s Next Topmodel“-Teilnehmerin und Transgender-Model Lucy Hellenbrecht will in Schulen über Cybermobbing und LGBTQ aufklären. Jetzt war sie auch an ihrer ehemaligen Schule in Hofgeismar.

Hofgeismar – Lucy Hellenbrecht arbeitet an einem Projekt. Sie möchte in Schulen informieren und aufklären. Ihre Themen reichen dabei von Transgender, über LGBTQ und Cybermobbing bis hin zu einem Einblick in die Social Media-Arbeit. Den Schwerpunkt sollen die Schulen selbst setzen können. In den Vorträgen will die 24-Jährige von ihren persönlichen Erfahrungen erzählen.

An ihrer ehemaligen Schule, der Albert-Schweitzer-Schule, testete sie es zum ersten Mal, hielt vor gut 80 Schülerinnen und Schülern der elften Jahrgangsstufe einen Vortrag und gab Einblicke in ihr Leben. Wir sprachen mit der 24-Jährigen:

Warum machen Sie dieses Projekt und warum jetzt?

Es war schon länger ein Anliegen von mir, in Schulen zu gehen und Aufklärung zu betreiben. Jetzt hatte ich Zeit, mich hinzusetzen, das Projekt zu visualisieren, mich da wirklich hinter zu klemmen, damit es auch ein Projekt werden kann. 2020 und 2021 ging wegen der Pandemie nicht so viel. Letztes Jahr habe ich von März bis November „Rote Rosen“ (Anm.: Serie bei ARD) gedreht. Jetzt, wo ich mehr terminliche Freiheiten habe, hat es also einfach gepasst.

Wie war es für Sie, hier an Ihrer alten Schule diesen Vortrag das erste Mal auszutesten?

Das war für mich erst mal die logische Schlussfolgerung. Ich dachte: Wo fange ich an? Dass es meine alte Schule ist, das war irgendwie glasklar. Es fiel mir so leicht, weil ich an dieser Schule fast nur positive Erfahrungen gemacht habe. Die ASS hat einfach wahnsinnig gut gepasst für mich.

Sie haben in Hofgeismar unter anderem über das Thema (Cyber-)Mobbing gesprochen, weil Sie da selbst unheimlich viele Erfahrungen haben sammeln müssen. Was raten Sie Betroffenen?

Sie sollten auf jeden Fall darüber reden, es offen mit Freunden, mit Familie kommunizieren. Oder sich an eine offizielle Institution wenden, wie zum Beispiel die Schule.

Durch ihre Teilnahme bei der Casting-Show „Germanys next Topmodel“ wurde Lucy Hellenbrecht bekannt. Inzwischen lebt die 24-Jährige aus Stammen in Berlin und arbeitet als Model und Influencerin.
Durch ihre Teilnahme bei der Casting-Show „Germanys next Topmodel“ wurde Lucy Hellenbrecht bekannt. Inzwischen lebt die 24-Jährige aus Stammen in Berlin und arbeitet als Model und Influencerin. © Hanna Maiterth

Wäre es für Sie leichter gewesen, wenn es keine festgefahrenen Rollenbilder gäbe, man sein kann, wer man will, egal mit welchem Geschlecht geboren?

Ja und nein. Das Ding ist doch, dass es grundsätzlich allen hilft, wenn die Geschlechterrollen weniger festgefahren sind. Das hilft extrem vielen Menschen. Wenn du aber trans bist, fragst du dich irgendwann: Bin ich einfach nur ein Junge, der auf die Farbe Pink steht? Oder bin ich wirklich eine Frau?

Wie war es bei Ihnen?

Ich bin geschlechtsneutral aufgewachsen. Als Kind habe ich mit dem gespielt und das getragen, was ich wollte. Als ich älter geworden bin, mein eigener Denkprozess einsetzte, kam für mich die Frage auf: Reicht mir das? Reicht es mir, ein Junge zu sein und mit Barbie spielen zu dürfen? Das hat in mir gearbeitet. Aber grundsätzlich ist es vollkommen richtig, wenn die Geschlechterrollen nicht mehr so stark getrennt sind.

Haben Sie das Gefühl, dass Schülerinnen und Schüler aufgeschlossener sind? Ist was verändert?

Ich hoffe es. Wenn ich auf der Bühne stehe und in die Gesichter gucke, kann ich mir nicht vorstellen, dass einer von denen bösartig wäre oder transphob oder sonst irgendwas. Am Ende des Tages bin ich aber nicht für das Leben anderer Menschen verantwortlich. Wer sich feindlich verhalten will, wird es tun. Ich versuche einfach, eine positive Erfahrung mitzugeben.

Schon während der Ausstrahlung von Germanys Next Topmodel wurden Sie mit Hasskommentaren im Netz konfrontiert. Warum sind Sie dann trotzdem zur ARD-Serie „Rote Rosen“ gegangen?

Grundsätzlich habe ich mich auf den Dreh bei „Rote Rosen“ gefreut. Ich hatte einfach so, so Bock auf dieses Projekt. Ich habe nicht mal einen Gedanken daran verschwendet, dass es danach Hasskommentare gibt. Klar, lernt man aus der Vergangenheit und weiß, man muss sich auf Reaktionen vorbereiten.     Ich habe mich einfach sehr auf die positiven Sachen konzentriert und deswegen haben mich die Kommentare dann auch wieder so erschreckt. Die Realität hat mich eingeholt.

Sie waren bereits zu Gast im HNA-Podcast „Mensch, Kassel“: (oben von links) Frauenarzt Konstantin Wagner, Strafverteidiger Bernd Pfläging, Transgender-Model Lucy Hellenbrecht, (unten von links) Tatortreiniger Jochen Radtke und Lipödem-Patientin Kimberly Freund.
Sie war bereits zu Gast im HNA-Podcast „Mensch, Kassel“: Transgender-Model Lucy Hellenbrecht. © Lucy Hellenbrecht

Was meint Transgender und was ist LGBTQ?

Als Transgender werden Personen bezeichnet, die sich nicht komplett oder auch nur zum Teil nicht mit ihrem biologischen Geschlecht identifizieren können. Die Abkürzung ist „trans“. LGBTQ kommt aus dem Englischen und steht für Lesbian (lesbisch), Gay (schwul), Bisexual (bisexuell) und Transgender. Inzwischen umfasst diese Kurzform alle Geschlechter, Geschlechtsidentitäten und sexuelle Orientierungen, die von zweigeschlechtlichen und heterosexuellen Normen abweichen.

Würden Sie rückblickend Sachen anders machen, also nicht in die Öffentlichkeit, nicht zu GNTM gehen?

Auf gar keinen Fall. Das ist einfach mein Traumberuf. Ich bin so dankbar dafür, dass ich dieses Leben lebe. Und mittlerweile habe ich auch ein dickes Fell. Das musste ich mir natürlich aber auch erstmal zulegen.

War der Influencer-Beruf bei Ihrer Teilnahme an GNTM ein mögliches Ziel?

Nein. Ich wollte wirklich klassisch modeln. Dann kam aber die Corona-Pandemie. Alles fand Online statt. Es gab auch keine Castings mehr. Angeheuert wurden Models, die bereits bekannt waren. Deshalb habe ich mich erstmal auf Social Media fokussiert. Als Fotomodel bin ich aber auch immer noch unterwegs.

Sie haben auch über den Beruf als Influencerin gesprochen …

Im Rückblick hätte ich in meiner Schulzeit gerne gewusst, dass Social Media ein Ding sein kann. Dass es Berufsmöglichkeiten bietet. Auch hinter der Kamera. Ich will zeigen, was die Leute hinter den Accounts wirklich leisten und was sie bei Hasskommentaren durchmachen. Und vor allem: Was die Kommentierenden anrichten können. Um die Arbeit zu verstehen, ist es wichtig über Positives und Negatives zu sprechen. Am Ende soll sich jeder selbst ein Bild darüber machen können.

Zur Person

Lucy Hellenbrecht (24) stammt aus Trendelburg und besuchte die Hofgeismarer Albert-Schweitzer-Schule. Seit ihrer Teilnahme bei der Casting-Show „Germanys next Topmodel“ (GNTM) im Jahr 2020 steht sie in der Öffentlichkeit. Inzwischen arbeitet die 24-Jährige als Model und Influencerin. Der Umgang mit Hasskommentaren auf den sozialen Medien und mit Schlagzeilen in der Presse gehören längst zu ihrem Alltag. Insbesondere als Transgender biete sie „eine riesige Angriffsfläche“, wie die Wahlberlinerin in der vergangenen Woche beim Redaktionsgespräch in Hofgeismar erzählte.

Das Interview führte Hanna Maiterth.

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