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Griff ins Ersparte nötig: Energiekosten belasten Kommunen und Privatleute im Kreis Kassel

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Von: Thomas Thiele

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Die steigenden Energiepreise treffen Verbraucherinnen und Verbraucher besonders hart.
Die steigenden Energiepreise treffen Verbraucherinnen und Verbraucher besonders hart. © Hauke-Christian Dittrich/dpa

Stark gestiegene Energiekosten belasten gleich doppelt. Zum einen müssen Hausbesitzer und Mieter tiefer in die Tasche greifen, zum anderen haben Städte und Gemeinden ein weiteres Kostenproblem, das sie lösen müssen.

Kreis Kassel – Der Stadt Hofgeismar beispielsweise sind durch Ende 2022 ausgelaufene langfristige Strom- und Gasverträge im Vorjahr keine gravierenden Mehrkosten entstanden und die Stadt hat laut Hauptamtsleiter Chris Dworak durch Soforthilfen für den Dezember 2022 etwa 8000 Euro bekommen, wobei aber für Fernwärme noch nicht alle Abrechnungen vorliegen. Wegen der neuen Verträge rechnet Hofgeismar aber für 2023 mit starken Anstiegen, weshalb im Haushalt 2023 etwa 1,2 Millionen Euro mehr für Strom, Gas und Fernwärme angesetzt werden gegenüber 817 550 Euro in 2022. Die Stadt hat viele Energiesparmaßnahmen bereits umgesetzt, die Verbräuche und Kosten reduzierten, dennoch wurde der Griff ins Ersparte nötig.

Konkretes könne man erst nach längerer Zeit sagen. Viele Sparmaßnahmen würden sicher beibehalten, ausgenommen etwa bei der Beleuchtung von Denkmälern oder beim Betrieb von Brunnen. Die Stadt Wolfhagen sparte in der zweiten Jahreshälfte rund 12 Prozent Energie gegenüber dem Vorjahr ein (Absenkung der Raumtemperatur auf 19 Grad in genutzten und 13 Grad in ungenutzten städtischen Gebäuden sowie Senkung der Straßenlampenhelligkeit um 50 Prozent). Dennoch entstanden Mehrkosten von 155 000 Euro für Strom, Erdgas, Flüssiggas, Pellets und Heizöl, wobei Strom am meisten ausmachte. Im Etat 2023 hat die Stadt laut Hauptamtsleiter Kai Liebig deshalb die Ansätze für Energie um 17 Prozent, im Vergleich zu 2021 sogar um etwa 68 Prozent erhöht.

Belastungen für die Zukunft

Der durch Energiekosten belastete Haushalt 2023 der Stadt Hofgeismar hat ein Defizit von 1,2 Millionen Euro, die nur aus Rücklagen ausgeglichen werden können, was auf Dauer nicht möglich sei. Auch in Wolfhagen geht man davon aus, dass der Stadthaushalt stärker als früher durch hohe Energiekosten belastet wird. Die Stadt Baunatal will den steigenden Energiekosten vor allem durch energetische Sanierung und durch die Nutzung erneuerbarer Energien entgegentreten.

In Baunatal lagen die Kosten (außer für Heizöl) dank frühzeitiger Sparmaßnahmen unter dem Haushaltsansatz. Im Vergleich zu 2008 konnte Baunatal den Stromverbrauch der Straßenlampen durch neue LED-Leuchten um 70 Prozent senken. Am meisten sparte laut Sprecherin Suanne Bräutigam die Schließung des Sportbades ab Oktober ein, im Vergleich zu 2019 etwa 16 Prozent Wärmeenergie (750 000 KWh). Im Haushalt 2023 wurden die Energiekosten insgesamt um 25 Prozent angehoben.

Ob deshalb in den drei Städten Steuern und Gebühren steigen, ist unklar, weil die Kalkulationen noch nicht beendet sind. Baunatal und Hofgeismar greifen für 2023 erneut ins Ersparte.

Energiekosten: Jeder kann selbst die Ausgaben senken

Als die junge Mutter in ihrer Kasseler Mietwohnung am Ende des Jahres ihre Energiekosten zusammenrechnete, war sie erstaunt: Vater, Mutter und Kleinkind hatten auf etwa 60 Quadratmetern in einem Mehrfamilienhaus der 60er Jahre trotz kalten Kellers direkt darunter deutlich weniger Energie verbraucht, als ein durschnittlicher Singlehaushalt – nämlich 1300 statt 1900 Kilowattstunden (kWh).

Zum Vergleich: Ein Zwei-Personen-Haushalt verbraucht rund 3000 kWh, eine Wohnung mit drei Personen rund 5000 kWh. Wie das zustande kam, das berichtete die Nachhaltigkeitsreferentin Maria Kunde, eben jene Mutter aus Kassel, in einer Informationsveranstaltung in der Hofgeismarer Stadthalle.

Energie sparen: Schon kleine Veränderungen können etwas bewirken

Die rund 50 Teilnehmer, die sich auch an Ständen der Verbraucherberatung Hessen, von EAM und Energie 2000 weitere Tipps holen konnten, waren erstaunt. Maria Kunde erklärte, dass es der Mix aus verschiedenen Maßnahmen war, der eine am Ende erstaunliche Reduzierung der Kosten erbrachte. Das war zum Teil der Verzicht auf besonders energiehungrige Geräte wie Fernsehgerät, Wäschetrockner und Geschirrspüler, aber auch die Kombination vieler kleiner unscheinbarer Schritte wie etwa das Abdichten von Fensterritzen, das nächtliche Abschalten von Internetroutern, das Löschen alter E-Mails oder das Reduzieren der Auflösung beim Ansehen von Youtube-Videos auf kleinen Geräten.

Regelmäßiges Abtauen des Gefrierschranks spart Energie.
Regelmäßiges Abtauen des Gefrierschranks spart Energie. © Rainer Droese/imago

Mit dem Vorwissen über Stromfresser überraschte auch nicht der Tipp, Kühlschränke während eines längeren Urlaubs abzuschalten und übrige Lebensmittel daraus zu spenden oder zu verschenken. Beim Kauf von Kühlschränken und Gefriergeräten riet sie, nicht nur auf den Kaufpreis zu achten, sondern auf sparsame Geräte wegen der über Jahre anfallenden Stromkosten (Tipps auf spargerate.de). Bei Geschirrspülern, sofern man nicht darauf verzichtet, spare der Eco-Modus neben Strom auch Wasser. Statt eines Wäschetrockners nutzt die Familie Kunde Wäscheständer und -leine. Beim Waschen reichten 30 bis 40 Grad Celsius für eine normale Wäsche.

Gerade beim Fernseherkauf warnte Maria Kunde vor dem sogenannten Rebound-Effekt: „Die Einsparung durch neue Techniken bringt nichts, wenn sparsamere Geräte dann viel intensiver eingesetzt werden.“ Fragwürdig sei es beispielsweise, wenn das neue TV-Gerät viel größer ist als das alte. Denn bei doppelter Größe wird schon das Vierfache an Strom verbraucht. Streamen als Alternative ist aber auch fragwürdig – das Internet ist ein riesiger Stromfresser. (Thomas Thiele)

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