Mit mindestens 355 Menschen deutschlandweit sind es 56 Todesfälle mehr als im Jahr 2021. „Gerade die Kinder und Jugendlichen bereiten uns Sorgen, wenn wir an den kommenden Sommer denken“, sagt DLRG-Präsidentin Ute Vogt. Sie gehören zur Risikogruppe Nichtschwimmer. Das zeigt eine von der DLRG in Auftrag gegebene Forsa-Befragung. Bei den Grundschulkindern habe sich die Zahl der Nichtschwimmer seit 2017 von zehn auf 20 Prozent verdoppelt.
Das Frühschwimmabzeichen Seepferdchen vermittle nur die Grundlagen, mahnen die Schwimmmeister der Bäder im Landkreis Kassel. „Es gewöhnt die Kinder an das Wasser, ist aber noch kein Nachweis für sicheres Schwimmen“, sagt zum Beispiel Stefan Ebeling aus dem Hallenbad Vellmar. Thomas Chwalek, Schwimmmeister in Immenhausen, erklärt: „Erst mit dem Deutschen Schwimmabzeichen in Bronze kann man Kinder als sichere Schwimmer bezeichnen.“
Die hohe Nachfrage aufgrund der Pandemie bestätigt Thomas Chwalek, Schwimmmeister im Hallen- und Freibad Immenhausen. Weil die Bäder lang geschlossen waren, konnten zwei Jahrgänge das Schwimmen nicht lernen. Nun kämen immer wieder neue Kinder dazu. „Das ist für alle Beteiligten eine große Herausforderung, die wir nur gemeinsam mit unseren Vereinen meistern können“, sagt er. Durch zusätzliche Angebote versuche man den Bedarf abzufangen.
Im Hallenbad der Gemeinde Reinhardshagen wurden im vergangenen halben Jahr sechs Schwimmkurse angeboten. „Sie waren komplett ausgebucht“, sagt Bürgermeister Fred Dettmar. Bei zehn Plätzen pro dreiwöchigem Kurs lernten über die Wintermonate 60 Kinder das Schwimmen. Die Märchenlandtherme Breuna hat aufgrund weniger Hallenbäder in der Region ein großes Einzugsgebiet und deshalb auch eine volle Warteliste, sagt Bürgermeister Jens Wiegand.
„Etwa 200 Kinder stehen auf der Liste.“ Dies abzufangen sei nicht einfach. „Wir können pro Woche nur zwei Gruppen mit je 12 Kinder schulen und das über sechs Wochen.“ „Die Nachfrage an Kinderschwimmkursen ist schon immer sehr gut gewesen, durch die Coronazeit hat sie sich nochmals erhöht“, sagt Stefan Ebeling, stellvertretender Betriebsleiter des Hallenbads in Vellmar. Die Kurse für je fünf Kinder mit 15 Terminen und einer Dauer von 45 Minuten seien meist ausgebucht.
Viele Kinder im Kreis Kassel konnten wegen Corona nicht schwimmen lernen – Eltern sollten früh mit Kindern schwimmen gehen
„Haben Kinder Angst vor Wasser, dann ist es eine besondere Herausforderung, ihnen das Schwimmen beizubringen“, sagt Thomas Chwalek, Schwimmmeister im Hallen- und Freibad Immenhausen. Was dagegen hilft? „Wenn Eltern möglichst früh mit ihren Kindern ins Bad gehen. Wichtig ist die Gewöhnung an das Wasser.“
Chwalek, der seit gut 30 Jahren in Immenhausen Schwimmmeister ist, spricht aus Erfahrung. „Insgesamt lernen bei uns im Bad jährlich etwa 450 Kinder schwimmen.“ Er selbst brachte gut 1000 Kindern das Schwimmen bei und bei weiteren etwa 1500 Kindern und auch Erwachsenen nahm er Schwimmabzeichen ab.
Kurse werden im Hallen- und Freibad ansonsten hauptsächliche von der TSV Immenhausen, der Ortsgruppe der DLRG in Immenhausen aber auch der SSG Fuldatal sowie der Schwimmschule Sina Morgenthal angeboten, zählt der Schwimmmeister auf. „Hinzu kommen ungefähr 300 Kinder im Jahr, die bei meinen Kollegen und mir ein Schwimmabzeichen ablegen.“
Die Pandemie sorgte jedoch dafür, dass viele Kinder gar keinen Kurs besuchen konnten. „Durch zusätzliche Angebote versuchen wir, die große Nachfrage ein Stückweit zu kompensieren“, sagt Chwalek. „Es wird allerdings noch einige Zeit dauern.“ So geht es auch vielen anderen Bädern im Landkreis Kassel. Dort, wo sonst hauptsächlich Vereine und Schwimmschulen, die Schwimmkurse übernehmen, unterstützen deshalb nun auch die Mitarbeiter des jeweiligen Bades. Etwa im Aquapark Baunatal, wie Susanne Bräutigam, Pressesprecherin der Stadt erklärt. Nach den Osterferien werden sie Kurse anbieten. Und auch im Hallenbad in Vellmar helfen die städtischen Mitarbeiter aus, bestätigt Stefan Ebeling, stellvertretender Betriebsleiter: „Damit wollen wir den Kindern die Möglichkeit bieten, die Grundlagen des Schwimmens zu erlernen.“
Denn beim ersten Schwimmabzeichen, das Kinder machen können, werden die Grundlagen vermittelt. Es ist das Frühschwimmerabzeichen, auch unter dem Namen Seepferdchen bekannt. Es bedeute aber noch nicht, so Thomas Chwalek, dass die Kinder dann sichere Schwimmer seien. „Beim Seepferdchen geht es um die Gewöhnung an das Wasser.“ Dazu gehöre das Schwimmen in Bauch- und Rückenlage sowie der Umgang mit dem Element Wasser. „Springen, tauchen und im Wasser spielen sind dazu wichtige Voraussetzungen“, führt er aus.
In den Schwimmkursen werden dafür unterschiedliche Hilfsmittel genutzt, wie seine Kollegin Maren Jürgens erläutert, die seit September 2022 im Immenhäuser Bad arbeitet. Schwimmflügel, -gürtel und -brett aber auch die Poolnudeln kommen zum Einsatz. Geht es spielerischer zu, dann landet in den Kursen auch der Wasserball im Becken. „Wassersicherheit bekommen die Kinder erst durch regelmäßige Schwimmbadbesuche, sprich durch praktische Übung und dem Verbessern der Grundlagen“, sagt Stefan Ebeling. Ab wann kann ein Kind aber als sicherer Schwimmer bezeichnet werden? „Mit dem Ablegen der Prüfung zum Schwimmabzeichen in Bronze oder höher ist der Nachweis für die Sicherheit im Wasser erbracht, sowohl beim Kind, als auch beim Erwachsenen“, sagt Ebeling. (Hanna Maiterth)