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Immenhäuser Firmen ignorierten Verbote des Bundesnaturschutzgesetzes

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Von: Gerd Henke

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Verbotene Baumfällung am Sonntag auf dem Grundstück von La Vida.
Verbotene Baumfällung am Sonntag auf dem Grundstück von La Vida. © privat/Repro Tanja Temme

Auf dem Gelände des Immenhäuser Geschenkeartikel-Unternehmens La Vida sind in der Schonzeit mehr als 20 Bäume gefällt worden. Deshalb ermittelt jetzt der Landkreis Kassel.

Mariendorf – Sonntagmorgen. Die Arbeit ruht und Menschen erholen sich vom Stress der Woche. Doch im Immenhäuser Stadtteil Mariendorf ist es anders. Da dringt plötzlich das laute Kreischen von Motorsägen durch den Ort. Wie jeden Morgen ist zu dieser Zeit ein Naturfreund mit seinem Hund in der Feldmark unterwegs, als er den durchdringenden Lärm vernimmt.

Dieser kommt vom Gelände von La Vida, dem Unternehmen für Geschenkeartikel an der Veckerhäger Straße. Genau genommen vom dortigen Grüngürtel, der sich in U-Form um das Firmengebäude zieht und wo über 40 Jahre alter Baumbestand steht. Der Naturschützer – Mitglied der Immenhäuser Kommission für Energie, Mobilität und Umwelt (KEMU) – sieht, dass dort auf großer Fläche Bäume gefällt werden.

In kurzer Zeit fallen 20 Pappeln, Baumriesen, die ein wichtiger Lebensraum für viele Tierarten bis dahin waren. Und das am 5. März, fünf Tage nach Beginn der Schonzeit für Pflanzen und Tiere. Als ehemaliger Schulleiter und ausgebildeter Jäger weiß der Mariendorfer, dass Bäumefällen und Heckenstutzen vom 1. März bis 30. September laut Bundesnaturschutzgesetz streng verboten sind.

Immenhäuser Firmen ignorierten Verbote des Bundesnaturschutzgesetzes: Bürgermeister Obermann legte Baustelle still

Deshalb ruft er kurzerhand den Vorsitzenden der KEMU André Rittner an, der wiederum Kontakt zu Bürgermeister Lars Obermann aufnimmt. Dieser, ebenso gesetzeskundig wie der Naturfreund, zögert nicht und fährt raus nach Mariendorf. „Als örtliche Ordnungsbehörde habe ich die Baustelle sofort stillgelegt“, sagt Obermann auf HNA-Anfrage. Er weiß natürlich, dass solche Arbeiten nur bei Gefahr in Verzug erlaubt sind. Zudem sieht der Bürgermeister auch einen Verstoß gegen das Feiertagsgesetz. Denn das verbietet laute, die Sonntagsruhe störende Arbeiten.

In der Schonzeit für Pflanzen und Tiere wurden auf dem Grundstück der Firma La Vida in Mariendorf mehr als 20 Pappeln gefällt. Naturschützer gehen davon aus, dass der Landkreis nun Ersatzmaßnahmen anordnet.
In der Schonzeit für Pflanzen und Tiere wurden auf dem Grundstück der Firma La Vida in Mariendorf mehr als 20 Pappeln gefällt. Naturschützer gehen davon aus, dass der Landkreis nun Ersatzmaßnahmen anordnet. © Tanja Temme

Kurz nachdem Obermann die Baustelle verlassen hat, erscheint auch die Polizei. „Wir mussten nicht mehr eingreifen“, sagt Ingo Pies von der Hofgeismarer Dienststelle und fügt hinzu: „Die Arbeiten waren beendet.“

Nachdem nun eine riesige Schneise in den wertvollen Grüngürtel geschlagen wurde, fordert der „Entdecker“, „dass wenigstens Neuanpflanzungen stattfinden“. Zudem fragt er sich, warum man gleich so radikal vorgehen musste, hätte man doch die äußere Pappelreihe stehen lassen und bei den dortigen Bäumen lediglich den Kronenbereich absägen können. „So wurde wichtiger Baumbestand zerstört – von den Wiesen aus blicken nun alle auf das Gebäude, was vorher nicht zu sehen war.“

Gesetzlich verboten

Das Bundesnaturschutzgesetz bestimmt in Paragraph 39 Absatz 5 Ziffer 2: „Es ist verboten Bäume, die außerhalb des Waldes, von Kurzumtriebsplantagen oder gärtnerisch genutzten Grundflächen stehen, Hecken, lebende Zäune, Gebüsche und andere Gehölze in der Zeit vom 1. März bis zum 30. September abzuschneiden, auf den Stock zu setzen oder zu beseitigen; zulässig sind schonende Form- und Pflegeschnitte zur Beseitigung des Zuwachses der Pflanzen oder zur Gesunderhaltung von Bäumen ...“ Im Gesetz über die Sonn- und Feiertage ist in Paragraph 4 Satz 1 geregelt: „Die Sonntage und die gesetzlich anerkannten Feiertage sind Tage der allgemeinen Arbeitsruhe. Paragraph 3 Satz 2: „Öffentlich wahrnehmbare Arbeiten oder Handlungen, die geeignet sind, die äußere Ruhe des Tages zu stören oder dem Wesen der Sonntage und gesetzlich anerkannten Feiertage widersprechen, sind verboten.“

Verstoß gegen Bundesnaturschutzgesetz in Immenhausen: Verursacher will keine Stellungnahme abgeben

La Vida ist ein Familienunternehmen. Bei unserem Anruf in der Firma teilte uns einer der Mehlhorn-Brüder (seinen Vornamen wollte er nicht nennen) mit, dass es bei den Fällarbeiten um Sicherungsmaßnahmen für die Anlieferer und die Mitarbeiter gegangen sei. Nach Mehlhorns Ansicht „trägt der beauftragte Unternehmer die Verantwortung für die Arbeiten“. Der Auftrag dafür sei schon vor längerer Zeit erteilt worden.

Von dem Auftragnehmer, einem Immenhäuser Bagger- und Fuhrbetrieb, war keine Stellungnahme zu erhalten. Unterdessen hat die Untere Naturschutzbehörde (UNB) des Landkreises Kassel die Ermittlungen in dem Fall aufgenommen. Es liege der Verdacht des Verstoßes gegen natur- und artenschutzrechtliche Bestimmungen im Bundesnaturschutzgesetz vor, sagte Kreissprecherin Alia Shuhaiber. Geprüft werde auch die Wiederherstellung des Geländes, also eine Neuanpflanzung von Gehölzen. Der Verursacher und der Auftraggeber würden angehört. (Gerd Henke)

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