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Frauen verdienen immer noch weniger als Männer: Arbeitgeber im Landkreis sprechen von Lohngleichheit

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Von: Josefin Schröder, Raphael Digiacomo, Clara Veiga Pinto

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Der Equal Pay Day erinnert an die Lohnlücke zwischen Frauen und Männern.
Der Equal Pay Day erinnert an die Lohnlücke zwischen Frauen und Männern. © Julian Stratenschulte/DPA

Frauen verdienen immer noch 18 Prozent weniger als Männer. Woran liegt das? Wir haben Arbeitgeber im Landkreis Kassel gefragt.

Kreis Kassel – Heute ist Equal Pay Day. Dieser Aktionstag markiert symbolisch die Lohnlücke zwischen Frauen und Männern, die laut Statistischem Bundesamt 18 Prozent in Deutschland beträgt.

Frauen verdienten im Jahr 2022 mit durchschnittlich 20,05 Euro einen um 4,31 Euro geringeren Bruttostundenverdienst als Männer (24,36 Euro). Rechnet man den Wert von 18 Prozent in Tage um, arbeiten Frauen vom 1. Januar an 66 Tage umsonst. Der heutige Equal Pay Day soll daran erinnern.

Wir haben bei Arbeitgebern im Landkreis Kassel gefragt, ob sie Unterschiede in der Bezahlung zwischen Männern und Frauen machen.

Autohaus Ostmann: Kein Unterschied zwischen Frauen und Männern

Beim Autohaus Ostmann in Niestetal sind insgesamt 67 Personen beschäftigt. Mit 20 Mitarbeiterinnen sind Frauen dort in der Minderheit. Unterschiede in der Bezahlung zwischen den Geschlechtern gebe es nicht, sagt Verkaufsleiter Konstantin Schumann. „Allerdings werden die meisten Teilzeitstellen im Betrieb von Frauen besetzt.“

Auch in der Ostmann Niederlassung Wolfhagen gibt es einen geringeren Anteil von weiblichen Beschäftigten. Insgesamt arbeiten dort 99 Frauen und 256 Männer. „Sehr wenige Frauen sind in der Instandsetzung, also in der Werkstatt tätig“, erklärt Finanzleiter Vitali Klein. Teilzeitformen nehmen auch hier überwiegend Frauen in Anspruch. Bei der Vergütung gebe es keine Unterschiede, sondern sie erfolge nach der einheitlichen Eingruppierung in die Entgeldgruppe, so Klein.

Volkswagen und Landkreis Kassel: Beschäftigte werden nicht nach Geschlecht bezahlt

Mit circa 16 000 Beschäftigten ist der Volkswagen Standort in Baunatal der größte Arbeitgeber in Nordhessen. „Die Bezahlung bei Volkswagen basiert auf dem Tarifvertrag und wird den Equal-Pay-Ansprüchen gerecht“, teilt VW auf Anfrage mit. Nähere Angaben zum Anteil von Frauen an der Belegschaft, Teilzeitregelungen oder Unterschieden in der Bezahlung zwischen Mann und Frau – dazu schweigt der Autohersteller allerdings.

Beim Landkreis Kassel, der aktuell rund 1600 Mitarbeiter in vielen Berufsgruppen beschäftigt, sieht es ähnlich aus. „Im öffentlichen Dienst gibt es keine direkten Unterschiede in der Bezahlung der Geschlechter“, bestätigt Pressesprecherin des Landkreises Fleur Chantal Tauber. „Im Rahmen des Stufenmodells können sich die Beschäftigten auch noch finanziell entwickeln. Dabei spielt die Berufserfahrung eine Rolle und nicht das Geschlecht“, betont sie.

Muffin-Aktion für gleiche Bezahlung

Am Equal Pay Day und am morgigen Frauentag werden Bäckereien im Landkreis Muffins zu unterschiedlichen Preisen für Männer und Frauen anbieten. Für Frauen sind die Gebäckstücke 20 Prozent günstiger. Die Aktion des Landkreises soll auf die Lohnlücke zwischen den Geschlechtern im Alltag hinweisen. Diese Bäckereien machen mit: die Bäckereien Wiedemann in Fuldatal und Altenbauna, die Bäckereien Döhne in Elgershausen, Großenritte und Calden und das Café Backstübchen in Altenbauna. 

Drei Fragen an die Frauenbeauftragte: „Veraltete Rollenbilder und fehlende Kinderbetreuung“

Drei Fragen zum Equal Pay Day an Anette Milas, die Frauenbeauftragte des Landkreises Kassel.

Woran liegt es, dass Frauen teilweise weniger verdienen als Männer?

Ein Teil der Lohnlücke lässt sich auf sogenannte strukturelle Unterschiede zurückführen. Viele Frauen erlernen Berufe, die schlechter bezahlt sind, arbeiten seltener in Führungspositionen und häufiger in Teilzeit oder in Minijobs. Zu diesen Berufen zählen Krankenpflegerin, Friseurin oder Erzieherin. Außerdem übernehmen Frauen meistens den Haushalt und kümmern sich um die Kinder oder um zu pflegende Angehörige. In dieser Zeit arbeiten sie oft gar nicht oder nur in Teilzeit.

Hat sich die Lage in den vergangenen Jahren schon verbessert?

In den vergangenen Jahren hat sich der Gender Pay Gap (übersetzt Geschlechter-Lohnlücke) nur sehr langsam verringert. Damit bleiben wir Schlusslicht im europäischen Vergleich.

2013 lag der Gender Pay Gap in Hessen bei 23 Prozent, 2022 bei 18 Prozent. Es geht also sehr langsam voran. Deshalb ist es wichtig, dass wir weiterhin Aktionen zum Equal Pay Day initiieren und so auf das Thema aufmerksam machen.

Was beeinflusst den Gender Pay Gap noch?

Frauen verdienen rund 18 Prozent weniger als Männer, weil...

- sie öfter in Teilzeit arbeiten.

- sie häufiger in schlecht bezahlten Pflege- und Sorgeberufen arbeiten.

- sie wegen der Kinder zuhause bleiben.

- sie Angehörige pflegen.

- sie geringere Gehaltsforderungen bei gleicher Qualifikation stellen.

Fehlende beziehungsweise zu kurz gegriffene Kinderbetreuung vor allem im ländlichen Raum erschweren die Erwerbstätigkeit für Frauen ebenfalls. Auch veraltete Rollenbilder (der Mann ist der Ernährer der Familie) finden sich immer noch in den Köpfen von Männern und Frauen. (Josefin Schröder, Raphael Digiacomo und Clara Pinto)

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