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Auswilderung von Luchsen im Thüringer Wald geplant

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Von: Boris Naumann

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Aktuell leben in Deutschland etwa 130 Luchse – zu wenig für einen stabilen Bestand. Der BUND will eine gezielte Auswilderung an geeigneten Standorten. Unser Bild zeigt den letzten sesshaften Luchs in Nordhessen. Der Kuder Ludo tappte bei Sontra am 17. Januar 2020 in die Fotofalle.
Aktuell leben in Deutschland etwa 130 Luchse – zu wenig für einen stabilen Bestand. Der BUND will eine gezielte Auswilderung an geeigneten Standorten. Unser Bild zeigt den letzten sesshaften Luchs in Nordhessen. Der Kuder Ludo tappte bei Sontra am 17. Januar 2020 in die Fotofalle. © Uni Göttingen

Es gibt wieder Hoffnung für die Luchse in Nordhessen. Im Thüringer Wald sollen die scheuen Tiere in Zukunft ausgewildert werden und so den Weg in die Region finden.

Kreis Kassel - Knapp zweieinhalb Jahre nach Verschwinden des letzten sesshaften Luchses in der Region bei Sontra, plant der thüringische Landesverband des Bunds für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) die Auswilderung von Luchsen – zunächst im Thüringer Wald.

„Mit dieser Bestandsstützung wird es sehr wahrscheinlich sein, dass Luchse mittelfristig durch Zuwanderung von dort auch wieder in Nordhessen sesshaft werden“, sagt BUND-Projektkoordinator und Luchsforscher Markus Port vom Johann Friedrich Blumenbach Institut für Zoologie und Anthropologie in Göttingen. Die ersten Weichen dafür würden aktuell gestellt, „wenn alles gut läuft, könnten die ersten Tiere in etwa zwei Jahren freigelassen werden“.

Untersuchungen hätten ergeben, dass sich vor allem der Thüringer Wald als Sprungbrett für die weitere Verbreitung von Luchsen in Mitteldeutschland sehr gut eigne. Aktuell gebe es nur Vorkommen im Bayerischen Wald, im Pfälzer Wald und im Harz.

„Diese Populationen sind alle Ergebnis von Wiederansiedlungen. Sie sind aber isoliert, es fehlt an Austausch“, sagt Port. Inzucht und genetische Verarmung würden die Vorkommen langfristig zu stark schwächen. Schon jetzt stagniere der Luchsbestand – allerdings auch aus anderen Gründen: Zu viele Tiere werden entweder auf den Straßen überfahren, illegal getötet oder sie sterben an diversen Krankheiten.

Letzteres hatte auch das Schicksal der Luchse in Nordhessen besiegelt. 2015 war nahezu der gesamte Bestand im Kaufunger Wald und in der Söhre an der Fuchsräude zugrundegegangen. In der Zeit danach zogen nur noch einige Männchen (Kuder) durch die heimischen Wälder, meist kamen sie aus dem Harz. Doch blieben sie nie lange, es fehlte an Weibchen.

„Das Problem ist, dass weibliche Luchse weitaus weniger zugfreudig sind als männliche Luchse“, sagt Port. So habe in den vergangenen Jahren kein Weibchen die lange Strecke vom Harz bis nach Nordhessen geschafft. „Der Thüringer Wald ist da möglicherweise ein besseres Sprungbrett für Luchse“, sagt Port. Das belegten zumindest Modellrechnungen. „Beide Zugkorridore zusammen erhöhen die Wahrscheinlichkeit eines dauerhaften Zuzugs in Hessen dann noch einmal.“

Port, der sich schon immer für eine gezielte Bestandsstützung ausgesprochen hat, ist nun froh um das sich in Thüringen abzeichnende Projekt. „Das Land Thüringen zeigt da ein sehr großes Interesse und stellt sich seiner Verantwortung für den Luchs“, sagt Port.

Aber auch der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland spielt jetzt mit: Tatsächlich hatte er noch vor einigen Jahren die Auswilderungen von Luchsen abgelehnt. Jetzt aber heißt es in einer offiziellen Pressemitteilung zum Tag des Luchses am 11. Juni: Die voneinander isolierten Luchspopulationen müssen in Austausch gebracht und miteinander vernetzt werden, weitere Auswilderungsprojekte sind daher „dringend nötig“.

Dieser Sinneswandel speist sich aus der Erkenntnis, dass es ohne sesshafte Weibchen an geeigneten Brückenpunkten nicht geht, sagt Port. So könne der Thüringer Wald künftig als wichtige Verbindung zwischen dem Harz und dem Bayerischen Wald fungieren. Diese Achse könnte dann Grundlage für eine weitere Ausbreitung des Luchses in Deutschland sein – natürlich auch in Richtung Nordhessen.

Von Boris Naumann

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