VW-Werk in Baunatal: 570 Leiharbeiter müssen gehen

Das VW-Werk Kassel in Baunatal findet sich angesichts des Chip-Mangels in einer schwierigen Lage. Nun müssen knapp 600 Leiharbeiter das Werk verlassen.
Kassel/Baunatal – Für knapp 600 Leiharbeiter im VW-Werk Kassel in Baunatal ist Schluss. Der Autokonzern verlängert die Verträge der bei der VW-Tochter Autovision angestellten Frauen und Männer nicht mehr. Das bestätigten Betriebsratsvorsitzender Carsten Bätzold und Werksprecher Heiko Hillwig auf Anfrage. Seit Donnerstag und noch bis einschließlich Mittwoch werden die Betroffenen bei Veranstaltungen im Werk über das Auslaufen ihrer Verträge informiert.
Schon Ende des Jahres zeichnete sich die schwierige Situation in der Fabrik ab. Vor allem der Halbleitermangel in der Autoindustrie sorgte in Baunatal immer wieder für Stillstand. Ende November waren die Verträge von 442 Leiharbeitern lediglich um drei Monate bis Ende Februar verlängert worden. Mit 150 Beschäftigten, deren Jobs sowieso Ende Februar beendet gewesen wären, steigt die Zahl der Abmeldungen jetzt auf knapp 600.
570 Leiharbeiter verlieren ihren Job: „multiple Krise“ bei VW in Baunatal
Betriebsratsvorsitzender Bätzold bezeichnet die Situation im Konzern als „multiple Krise. Wir stehen an einem Scheidepunkt“, sagt er. Immer noch sei keine Entspannung bei der Beschaffung neuer Elektrochips in Sicht. „Und dann kommt noch Corona hinzu.“
Werksprecher Heiko Hillwig formuliert es so: „Der anhaltende Chipmangel sorgt regelmäßig dafür, dass in den zuliefernden Fabriken die Produktionslinien immer wieder angehalten werden müssen“, so der Sprecher. „Die Produktion läuft daher in den unterschiedlichen Bereichen im Wechsel mit Kurzarbeit, Schließtagen und abgesenkten Fahrweisen.“ Im Zuge dieser Gesamtentwicklung könnten die Verträge von insgesamt 570 qualifizierten Zeitarbeitnehmern über den 28. Februar 2022 hinaus leider nicht verlängert werden, so Hillwig.
VW-Baunatal: „Finanzieller Supergau“ für betroffene Leiharbeiter
Stefan Gifhorn ist einer der Betroffenen. Der 34-Jährige aus Lohfelden macht seiner Frustration Luft. „Finanziell ist das der Supergau“, sagt er im Gespräch mit unserer Zeitung. Bei den Plänen mit seiner Lebensgefährtin eine Familie zu gründen, werfe ihn das Ende der Arbeit bei VW deutlich zurück. Gifhorn und auch Betriebsratschef Bätzold verweisen auf die Möglichkeit, über eine andere Zeitarbeitsfirma, die jobilities GmbH, eine Anschlusstätigkeit zu bekommen. Laut Bätzold gebe es Möglichkeiten bei Conti in Korbach oder Northeim und bei Porsche in Stuttgart (für zunächst sechs Monate) oder in Leipzig (für 48 Monate). „Wenn sich das finanziell lohnt, würde ich das annehmen“, sagt Bätzold.
Der Betriebsrat will grundsätzlich neuer Leiharbeit im Werk Kassel nicht mehr zustimmen, „auch wenn wieder Personalbedarf bestehen sollte“. Dann, so Bätzold, müssten die Arbeitnehmer mit befristeten Arbeitsverträgen direkt bei Volkswagen eingestellt werden. Abschließend dankt er noch den ausscheidenden Mitarbeitern für deren Einsatz. (Sven Kühling)