Mehrheit will neues Wohngebiet in Baunatal

Die Stadt Baunatal will nordwestlich von Großenritte ein 23 Hektar großes Neubaugebiet mit rund 800 Wohneinheiten schaffen. Am Montag beschloss das Stadtparlament als ersten Schritt mehrheitlich eine Absichtserklärung für die Siedlungsentwicklung im Bereich des Karlshofes. Vor der Versammlung protestierten Landwirte auf dem Platz vor der Stadthalle mit Plakaten und Traktoren gegen den Verbrauch von Flächen.
Baunatal – „Ernährung sichern. Keine Siedlungsprojekte auf wertvollem Ackerland“ war da etwa auf einem Transparent der Bauern zu lesen. „Der Boden ist unsere Grundlage“, sagte Landwirt Wilfried Koch vom Karlshof. „Es geht um 23 Hektar allerbesten Bodens.“ Und Kollege Alexander Liehr ergänzte: Die Bodenqualität sei der Maßstab, der die Betriebe überhaupt zukunftsfähig mache.
Die Bauern hatten kürzlich in einem Brief an die Politik davon gesprochen, dass sie durch das Projekt in ihrer Existenz bedroht seien. Das Rathaus hatte sich selbst noch nicht zu Einzelheiten geäußert mit dem Hinweis, dass die Grundstücksverhandlungen noch liefen.
Die Stadt will das Areal nicht alleine als Wohngebiet entwickeln. Sie holt sich die Deutsche Habitat GmbH (deuhab) aus Berlin mit ins Boot. Das ist zumindest Teil des jetzt gefassten Beschlusses. Das Unternehmen wirbt im Internet unter anderem damit: „Wir schaffen die Lebensräume der Zukunft“.
Das sah auch Robert Szeltner für die SPD-Fraktion so. „Es kann ein zukunftsweisendes Leuchtturmprojekt werden, das weit über Baunatal hinaus strahlt“, sagte er. Ein dazu passendes Verkehrskonzept habe für die Großenritter allerhöchste Priorität. Möglich sei ein Anschluss an die Landesstraße nördlich von Großenritte sowie eine neue ÖPNV-Anbindung an die vorhandene Bahnstrecke der Naumburger Kleinbahn.
In ähnlicher Richtung argumentierte CDU-Fraktionschef Sebastian Stüssel. „Wir wollen etwas entwickeln, was beispielhaft ist, was Modellcharakter hat“, sagte er. „Und das geht nur mit Flächen.“ Die Stadt Baunatal könne ihr Leistungsspektrum nur beibehalten, wenn sie nicht auf Steuereinnahmen durch neue Bewohner verzichte.
Die Grünen stellten sich gegen das Vorhaben. Schon vor vier Jahren hätte die Partei beschlossen, dass weitere Außenbebauung in Baunatal ausgeschlossen werde, sagte Lothar Rost. „Die Bebauung der landwirtschaftlichen Flächen in Großenritte gehört zur Außenbebauung und wird deshalb von uns abgelehnt.“ Rost rechnete ein Projektvolumen für die Siedlungserweiterung mit rund 800 Wohneinheiten von rund 400 Millionen Euro aus. „Diese Art der Bebauung wäre für uns Neuland, und deren Vor- und Nachteile sind noch zu bewerten.“
„Wir machen uns die Entscheidung ungewohnt schwer“, räumte FDP-Fraktionsvorsitzender Rainer Oswald ein. Dennoch habe sich seine Fraktion entschieden, das Siedlungsgebiet gemeinsam zu entwickeln. „Da gibt es bis heute keinen Einwand.“
SPD-Fraktionschef Udo Rodenberg sprach zumindest von einem Spannungsfeld von „Landschaftsschutz und Baulandbedarf“. „Wir können aber unsere Leistungen nur aufrecht erhalten, wenn unsere Einnahmen steigen.“
Andreas Mock (CDU) hob die Bedeutung für die Stadt auf eine höhere Ebene: Das Projekt sei l zu vergleichen mit der Ansiedlung des VW-Werkes 1958 und mit dem Zusammenschluss der Dörfer im Zuge der Gebietsreform in den 70er-Jahren. Für die Vorlage stimmten am Ende mehrheitlich SPD, CDU und FDP. Die Grünen, zwei Sozialdemokraten und ein Fraktionsloser waren dagegen. (Sven Kühling)