Streit ums Schneeschieben im Kreis Kassel: 85-Jähriger muss zwei Straßen räumen
Erich Pönitz aus Baunatal muss auf den Bürgersteigen von gleich zwei Straßen den Schnee räumen und streuen, wenn es glatt wird. Das fällt ihm zunehmend schwer.
Baunatal – Diesen Winter hat Erich Pönitz Glück. Es hat bisher kaum geschneit, das Wetter war mild. Der 85-Jährige hofft, dass das so bleibt und kein Schneechaos wie im Februar vor zwei Jahren kommt. Denn er muss die kalte Jahreszeit über gleich auf den Bürgersteigen von zwei Straßen den Schnee räumen und streuen, wenn es glatt wird. Da kommen – so schätzt Pönitz – etwa 150 Meter zusammen.
Das Räumen fällt dem Rentner zunehmend schwer, ohne die Hilfe seines Schwiegersohns ginge es wohl nicht mehr.
Sein Pech ist, dass sein Grundstück im spitzen Winkel gleich an zwei Straßen grenzt, „An der Trift“ und „Unter den Eichen“ nahe dem Baunsberg. „Das ist eine Ungerechtigkeit“, sagt Pönitz. Die Stadt Baunatal ist da anderer Meinung, das Tauziehen währt nun schon länger als zehn Jahre. Vor Gericht ist der Rentner schon mal gescheitert. Doch er lässt nicht locker. Die Stadt müsse ihre Straßenreinigungssatzung ändern, meint er. Kein Bedarf, alles sei rechtskonform, sagt die Stadt Baunatal.

Baunatal: „40 Jahre haben die Anwohner den Schnee selbst weggemacht“
In beiden Straßen, die an Pönitz´ Grundstück grenzen, gibt es jeweils nur einen Bürgersteig. In geraden Jahren muss der Rentner an der „Trift“ den Gehweg entlang seines Grundstücks frei machen. In ungeraden Jahren, den Bürgersteig, der seinem Grundstück an der Straße „Unter den Eichen“ gegenüberliegt – jeweils im jährlichen Wechsel mit den gegenüberliegenden Grundstücksbesitzern. So will es die Satzung der Stadt. „Ich muss also den ganzen Winter über in einer Tour Schneedienst machen, die anderen nicht“, klagt Pönitz. „40 Jahre haben die Anwohner der Straße Unter den Eichen den Schnee selbst weggemacht“, berichtet der Rentner.
Dann sei einer von ihnen auf die Idee gekommen, sich unter Berufung auf die Satzung an die Stadt zu wenden. Diese schritt ein und drohte ein Bußgeld an, falls Pönitz nicht zum Schneeschieber greifen wolle.
Das Drama endete zunächst vor zehn Jahren vor dem Verwaltungsgericht Kassel. Pönitz verlor diesen Prozess. Das habe ihn eine Menge Geld gekostet, sagt der Grundstücksbesitzer bitter. Das Gericht befand damals, die Baunataler Satzung weise zwar eine Regelungslücke auf. Im Ergebnis gehe die Regelung der Stadt aber in Ordnung, befand der Richter. Inzwischen hat die Stadt ihre Satzung neu gefasst. Erich Pönitz aber musste weiter auf beiden Gehwegen den Schnee schieben.
Nun hat der Rentner einen neuen Anlauf unternommen, das Schneeschieben auf dem Gehweg „Unter den Eichen“ abzuwenden. „Es hat mehrere persönliche Gespräche zwischen der Verwaltung und Herrn Pönitz gegeben“, bestätigt Pressesprecherin Susanne Bräutigam auf Anfrage.
Rentner in Baunatal: „Ich werde abgeschoben“
Diese hätten ihm nichts gebracht, sagt der Rentner. „Ich werde abgeschoben“, sagt er. „Eine Regelung auf freiwilliger Basis könnte eine Lösung sein“, sagt Bräutigam. Aus Sicht von Pönitz ist das keine Alternative. Nur ein einziger Anlieger der Straße „Unter den Eichen“ räume freiwillig selbst den Schnee weg. Dieser habe Verständnis für seine Lage, die anderen offenbar nicht.
Sein an die Straße angrenzender Grundstücksteil sei als landwirtschaftliche Fläche ausgewiesen – und bei Landwirten räume die Stadt selbst den Schnee weg, führt Pönitz aus. Auch in der Albert-Einstein-Straße werde das Schneeräumen anders geregelt. Es gebe keine „Sonderfälle“, heißt es im Rathaus. Es gebe viele gleichartige Situationen wie die von Pönitz.
In den vergangenen Jahren habe es nur fünf Beschwerdefälle gegeben, die geklärt worden seien. Bußgelder seien nicht verhängt worden. (Peter Dilling)