Trotz Bezahlsystem keine freie Fahrt
Maut für Lkw kommt im Juli – Fahrverbote auf Bundesstraßen bleiben trotzdem
Kreis Kassel. Mit der Mautpflicht für Bundesstraßen könnte es ab 1. Juli in einigen Orten in Nordhessen zu mehr Lärm und einer höheren Feinstaubbelastung kommen.
Zwar gilt in einigen Bereichen das Durchfahrverbot für Lkw über zwölf Tonnen, doch mit der Mautpflicht entbehren die Sperrungen jeglicher Rechtsgrundlage, meint Dieter Posch, Anwalt für Verkehrsrecht.
Das Durchfahrverbot war im Jahr 2005 mit Einführung der Mautpflicht auf Autobahnen gegen Lastwagen gerichtet worden, die die Lkw-Maut umgehen wollten. „Rechtlich sauber wäre es, die Sperrungen aufzuheben und zu beobachten, wie sich die Mauterhebung tatsächlich auf die Verkehrsentwicklung auswirkt und dann gegebenenfalls erneut zu sperren“, sagt Posch. Denn die generelle Mautpflicht könne zu völlig neuen Verkehrsströmen führen.
Ein Beispiel sei die B83. Die Mautpflicht könne dazu führen, dass die Lkw auf der A5 oder A7 bleiben, da die Ersparnis nach der Mauteinführung auf der Bundesstraße zu gering sei. Es könne zudem Fälle geben, in denen die die Lkw-Fahrer Autobahnteilabschnitte gar nicht erreichen können, weil es auf den Verbindungsstrecken Durchfahrtsverbote gebe, sagt der Jurist.
Ein Beispiel sei die A44 zwischen Kassel und Eisenach. „Die Tatsache, dass die Landesregierung nicht in der Lage ist, den Anschluss der A44 an die A7 bei Kaufungen zu planen beziehungsweise zu bauen, kann doch nicht dazu führen, dass die fertiggestellten Teilabschnitte nicht unter Betrieb gehen können.“
Im Verkehrsministerium hält man sich bislang bedeckt bezüglich der Durchfahrverbote und verweist auf das Regierungspräsidium (RP) als zuständige Behörde. „Wir haben die Regierungspräsidien gebeten, die Durchfahrverbote aufrechtzuerhalten“, sagt Wolfgang Harms, Sprecher des Verkehrsministeriums auf HNA-Anfrage. Und auch beim RP Kassel gibt es keine weiteren Auskünfte: „Wir kommen dem Wunsch des Ministeriums nach und halten die Fahrverbote aufrecht. Für alle Details ist das Ministerium zuständig“, sagt RP-Sprecher Michael Conrad auf Anfrage. Der frühere hessische Verkehrsminister Posch kann angesichts dieser Aussagen nur mit dem Kopf schütteln: „Offensichtlich lässt man sich lieber verurteilen. Ein Rechtsstaat sieht anders aus.“
Die Fahrverbote für Lkw gelten auf Streckenabschnitten von fünf Bundesstraßen. Sie betreffen die B7 zwischen den Anschlussstellen Kassel-Ost (A7) und Wehretal-Oetmannshausen, die B27 zwischen Hünfeld und der Kreuzung mit der B 80 bei Witzenhausen, die B254 zwischen Felsberg und Fulda sowie die B 400 zwischen den Anschlussstellen Wommen (A4) und Wichmannshausen (Anschlussstelle B27).
Für den Streckenabschnitt auf der B7 ab Kassel-Ost hatte der hessische Verkehrsminister Tarek Al-Wazir (Grüne) bereits im Oktober 2016 vermeldet, dass das Durchfahrverbot neu bewertet werden müsste. Hintergrund dieser Überlegungen war das Stocken des A44-Weiterbaus bei Helsa. Bis zum dritten Quartal 2020, so das Ministerium, soll der Tunnel Hirschhagen fertiggebaut sein. Wenn an dieser Stelle bis dahin die A44 nicht weitergebaut worden ist, wird der aus Richtung Osten kommende Verkehr, inklusive der Lastwagen, auf die B7 ausweichen müssen.
Das sagt Helsas Bürgermeister
Zum Durchfahrverbot auf der B7 hat Helsas Bürgermeister Tilo Küthe eine klare Meinung: „Wir werden enorm leiden, sobald der Ausbau der A44 bei Helsa-Ost abgeschlossen ist.“ Wenn der Hirschhagen-Tunnel im Jahr 2020 fertig ist, werde es immer noch mindestens zehn Jahre dauern, bis der Lückenschluss zwischen Helsa-Eschenstruht und der A7-Anschlusstelle Kassel-Ost fertig ist. „Dann haben wir den Autobahnverkehr auf der B7, deshalb habe ich schon mehrfach gefordert, dass die A44 zügig weitergebaut wird.“
Denn der Verkehr, der durch den Hirschhagen-Tunnel von Osten kommt, muss dann weitergeleitet werden – inklusive der Lastwagen, für die aus Lärmschutzgründen ein Durchfahrtsverbot gilt. Da die Kreisstraße 7 für Lkw-Durchfahrten ungeeignet ist, fließe der Verkehr dann auf die Bundesstraße 7. „Wir müssen logischerweise davon ausgehen, dass mit fortschreitender Fertigstellung der Streckenabschnitte auch immer mehr Nutzer diese Autobahn befahren.“ Desahlb sei es sowieso spätenstens dann nötig, dass das Fahrverbot auf der B7 aufgehoben wird.